Von einem Bauboom ist die Rede. Und das schon seit Jahren. Auch 2019 wurde in Dortmund wieder eifrig gebaut. Wir ziehen Bilanz zum Stand der Arbeiten auf den größten Baustellen der Stadt.
Autofahrer konnten in diesem Jahr mehrfach ihr Leid klagen. Denn Straßenbaustellen, die für Staus und Umleitungen sorgten, gab es gleich mehrfach. Auch sonst wird viel gebaut.
Straßenbaustellen
Das größte und für Autofahrer wohl auch nervigste Projekt liegt in der Verantwortung von DEW21. Der Energieversorger lässt eine neue Heißwasser-Leitung für eine klimafreundliche Wärmeversorgung quer durch die Innenstadt verlegen. Das sorgte und sorgt gleich an mehreren Stellen für Behinderungen. Besonders eng wurde es, als die Bahnunterführung an der Brinkhoffstraße gesperrt wurde, der Wall am Westentor zum Nadelöhr wurde und zeitgleich die Stadt die Fahrbahn des Ostwalls sanierte.

An vielen Stellen in der Stadt lässt DEW21 neue Fernwärme-Leitungen verlegen. © Oliver Volmerich
Am Hohen Wall sind die Arbeiten, die ursprünglich bis Mitte des Jahres terminiert waren, noch immer nicht beendet. Erst sorgten archäologische Funde im Umfeld der alten Stadtmauer für Verzögerungen, dann wurden die Arbeiten für den Evangelischen Kirchentag unterbrochen. Zuletzt bereitete die Suche nach Bombenblindgängern am Hohen Wall Probleme.
Und die Bauarbeiten gehen noch bis 2023 weiter. Aktuell wird in der Löwenstraße am Ostrand der City und an der Burgholzstraße in der Nordstadt gebuddelt.
In der Hitliste der nervigsten Straßenbaustellen folgt der umstrittene, inzwischen 7,2 Millionen Euro teure Umbau der Faßstraße in Hörde, der im Oktober gestartet ist und bis April 2021 dauert.
Wilo-Campus
Umleitungen gibt es auch im Umfeld von Phoenix-West. Pumpenhersteller Wilo verlegt die Nortkirchenstraße um das gewachsene Firmengelände herum. Der Wilo-Campus ist zugleich eine der größten Baustellen der Stadt, auf der reihenweise neue Gebäude in die Höhe wachsen. Im Mittelpunkt steht die Smart Factory, die 2019 entstanden ist. Seit Herbst läuft schon teilweise der Betrieb in der digitalisierten Fabrik der Zukunft, in der Roboterfahrzeuge die Pumpen automatisch zu den verschiedenen Montagestationen fahren.

Fast vollendet ist die „Smart Factory“ und die neue Unternehmenszentrale auf dem Wilo-Campus. Am Rande entsteht eine neue Straße. © Hans Blossey
Im März soll die Smart Factory offiziell eröffnet werden, wenig später das neue Verwaltungsgebäude. Komplett ist der Wilo-Campus, für den rund 200 Millionen Euro investiert werden, bis 2022.
Bundesbank-Filiale
Eigentlich sollte der große Geldspeicher der Bundesbank in diesem Sommer in Betrieb gehen. Es wird aber noch eifrig gewerkelt auf der Baustelle an der B1. Und Handwerker reagieren zunehmend genervt auf Nachfragen zur Baustelle für die 300 Millionen Euro teure neue Bundesbank-Filiale an der Stadtkrone-Ost. Von Umplanungen, Brandschutz- und Technik-Problemen ist die Rede.

Verzögerungen gibt es auf der Baustelle für die neue Bundesbank-Filiale an der B1. © Hans Blossey
Bei der Bundesbank spricht man offiziell von „Verzögerungen bei einigen Gewerken“ und Kapazitätsengpässen in der Bauwirtschaft. Dass sich der Sprecher der Bundesbank allerdings noch nicht einmal auf ein Eröffnungsdatum festlegen will, deutet darauf hin, dass die Probleme durchaus ernster sind. Angekündigt wird nun eine Eröffnung „im Laufe des Jahres 2020.“
Phoenix-See
Am Phoenix-See sind nur noch wenige Baugrundstücke frei - oder werden gerade bebaut. An der Phoenixseestraße entstehen ein Ärztehaus und ein Bürohaus. Am südlichen Anleger zieht das Bauunternehmen Derwald einen Komplex hoch, der neben Büros und Wohnungen auch Gastronomie und einen See-Stützpunkt für Schulsport und Segelvereine beherbergt.

Am Phoenix-See füllen sich die letzten Baulücken. © Hans Blossey
Gegenüber, an der Nordseite des Sees entsteht nach jahrelanger Verzögerung ein zwölfgeschossiges Hochhaus für ein Seniorenheim. Nachdem im Oktober das „Kontor am Kai“ mit der Niederlassung der Unternehmensberatung KPS eröffnet wurde, wäre dann das Hafen-Viertel komplett - abgesehen von der Bauruine Tull-Villa. Außerdem hat inzwischen der Abriss des alten Stifts-Forums an der Faßstraße begonnen. Hier soll bis 2023 ein Neubaukomplex mit Büros und einer Markthalle entstehen.
Phoenix-West
Irgendwo wird immer gebaut auf Phoenix-West. Das ehemalige Hochofenwerk ist zum neuen Technologiepark geworden. Die aktuell größten Baustellen sind der Bürokomplex „Phoenix Werk“ und die Phoenix-Arcaden ganz im Westen des Geländes. In der Hülle des alten Industriebaus sollen nach dem Haus-im-Haus-Prinzip Büros und Gastronomie entstehen.

Die Phoenix-Arcaden sind aktuell in Bau. © Hans Blossey
Für die 2018 bezogene Zentrale des Stromnetz-Betreibers Amprion ist inzwischen ein Erweiterungsbau im Gespräch. Und auch das Zentrum für Produktionstechnik wächst weiter.

Noch ist reichlich Platz auf Phoenix-West. Ganz links ist die neue Amprion-Zentrale zu erkennen. © Hans Blossey
Westfalenhütte/Sinteranlage
Anfang 2016 hat die Dortmund Logistik GmbH mit der Entwicklung der früheren Sinteranlage auf der Westfalenhütte begonnen. Inzwischen sind die Ergebnisse deutlich zu erkennen. Der erste Bauabschnitt des Areals ist bebaut, das neue Rewe-Zentrallager inzwischen in Betrieb. Am 7. Januar wird die Sinterstraße als neue Erschließungsstraße für den Verkehr freigegeben, die die alte Rüschebrinkstraße vom Durchgangsverkehr befreit.

Auf dem Gelände der früheren Sinteranlage auf der Westfalenhütte ist das neue Rewe-Zentrallager entstanden. © Hans Blossey
Nebenan auf der Westfalenhütte wächst derweil eine neue Feuerverzinkungsanlage von Thyssen-Krupp in die Höhe.

Eine neue Feuerbeschichtungsanlage baut Thyssen-Krupp auf dem Gelände der Westfalenhütte. © Hans Blossey
Dortberg-Haus
Reichlich Hotelprojekte gibt es für Dortmund. Fast fertiggestellt ist das Hotel Leonardo am Burgwall, das im April 2020 seine Türen öffnet.

Oberhalb der Bibliothek liegt die Baustelle Dortberg-Haus. © Hans Blossey
Noch am Anfang steht nach langen Geburtswehen der Umbau des Dortberg-Hauses an der Katharinenstraße, von dem aber nur noch die Grundmauern stehen. Die Fassade des denkmalgeschützten Gebäudes musste aus statischen Gründen komplett entfernt werden und soll nun im alten Stil neu erstehen. 2020 bleibt das Haus in zentraler Lage damit eine Baustelle. Die Eröffnung des hier geplanten Intercity-Hotels mit 228 Zimmern ist für das Frühjahr 2021 angekündigt.
Hauptbahnhof
Der Zugang zum Aufzug, der endlich für Barrierefreiheit sorgen soll, ist noch gesperrt. Doch der erste neugestaltete Bahnsteig des Hauptbahnhofs mit den Gleisen 26 und 31 kann seit Anfang September genutzt werden. Zuletzt hatte ein tragischer Unfall, bei dem ein Arbeiter durch einen Stromschlag tödlich verletzt wurde, für eine Verzögerung von gut einem Monat gesorgt. Eine kurze Zeit, wenn man die Gesamtdauer des Umbaus betrachtet, der im Herbst 2017 begonnen hat und bis 2024 dauern soll.

Über und unter der Erde wird am Hauptbahnhof kräftig gebaut. © Hans Blossey
Pro Jahr soll von Nord nach Süd jeweils ein Bahnsteig umgebaut werden. Wichtigstes Kriterium ist dabei die Barrierefreiheit. Alle Bahnsteige bekommen Aufzüge und Rolltreppen. Dafür wird auch der Fußgängertunnel, über den die Bahnsteige erreichbar sind, nach und nach erweitert. Aktuell laufen die Arbeiten am Bahnsteig 21/23, der voraussichtlich bis Mitte 2020 gesperrt ist.
Stadtbahnstation Hauptbahnhof
Eigentlich sollte der im Herbst 2014 begonnene Umbau der Stadtbahnstation Hauptbahnhof in diesem Jahr beendet sein. Doch Bahnfahrer müssen noch für längere Zeit mit den engen Bahnsteigen an einer der meist genutzten U-Bahn-Stationen der Stadt leben. Frühestens 2022, so die aktuelle Prognose des städtischen Tiefbauamtes, wird der Umbau beendet sein. Die Kosten steigen von 37 auf 41 Millionen Euro.

Um Jahre verzögert hat sich die Erweiterung der Stadtbahn-Station am Hauptbahnhof. © Oliver Schaper
Einen kleinen Vorgeschmack auf die Neugestaltung bekommen Bahnfahrer im Frühjahr, wenn die neuen mittleren Treppenabgänge geöffnet werden - damit im Süden und Norden weitergebaut werden kann.
Wohnen
Dortmund braucht dringend neue Wohnungen. Und erstmals zeichnet sich ab, dass die erhofften 2000 Neubauten in diesem Jahr erreicht werden. Die größten Wohnungsbau-Projekte laufen aktuell in Schüren, in der Brechtener Heide und am Rande des Kreuzviertels. Mit dem Berswordt-Quartier entstehen an der Wittekindstraße 222 Wohnungen und 365 sogenannte Mikro-Appartements. Ab Mitte 2020 sollen die ersten Wohnungen bezogen werden.

Das Berswordt-Quartier entsteht zwischen B1 (unten) und Wittekindstraße (l.). © Hans Blossey
Nach einiger Verzögerung drehen sich seit dem Sommer auch die Baukräne über der Baustelle für das Basecamp an der Kampstraße. In bester City-Lage entstehen 430 Appartements für Studierende. Für das Frühjahr 2021 ist die Eröffnung geplant.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
