Journalist klagt: Polizei soll Nazi-Aufmarschort nennen
Demonstrationen am 4. Juni
Ein Journalist aus Dortmund klagt vor dem Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen gegen die Dortmunder Polizei. Sie soll den Aufmarschort der Neonazis am 4. Juni in Dortmund herausrücken. Das Gericht muss jetzt schnell entscheiden.
Seit Tagen gibt es in öffentlichen Diskussionen, Pressemitteilungen und im Internet eine Debatte darüber, ob die Dortmunder Polizei den Aufmarsch-Ort der Neonazis früher als sonst üblich veröffentlichen soll. Die Polizei befürchtet am 4. Juni - bei einer Demonstration von Rechtsextremisten aus ganz Deutschland mit etwa 1000 Teilnehmern - gewalttätige Gegenproteste durch Linksautonome. Den Namen des Stadtteils, durch den die Neonazis ziehen, will die Polizei aus zwei Gründen so lange wie möglich zurückhalten:
- Sie muss das Demonstrationsrecht der Rechtsextremisten schützen.
- Sie muss die Sicherheit auch im Interesse von Anwohnern und Polizisten gewährleisten.
Antifaschistische Organisationen halten dagegen. Sie werfen der Polizei vor, mit Neonazis gemeinsame Sache zu machen.
- Sie wollen wirksamen Protest gut vorbereiten können.
- Sie wollen den Neonazi-Aufmarsch durch Blockaden stören oder verhindern.
Der seit Freitag klagende Journalist will seinen Informationsanspruch durchsetzen und auch den Namen des Anmelders der Rechtsextremisten-Demonstration erfahren. Äußern wollte er sich zu seiner Klage nicht. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen könnte am Dienstag eine Entscheidung treffen.
Verpflichten die Richter die Polizei zur Herausgabe der Informationen, könnte die Polizei den Stadtteil, durch den der Nazi-Aufmarsch führen soll, während einer Pressekonferenz am Dienstag mitteilen. Zu dieser Pressekonferenz hatte die Polizei bereits am Freitag eingeladen.
Polizei: "Wir haben Hinweise auf Gewalt"
Ein Urteil der Richter in Gelsenkirchen könnte grundsätzliche Bedeutung haben. Die Polizei müsste dann in Zukunft immer auf Anfrage die Demonstrationsorte und Namen von allen Demo-Anmeldern nennen - egal, aus welcher politischen Richtung sie stammen. Vor großen Neonazi-Demonstrationen hatte die Polizei meist erst 24 Stunden vorher die Anwohner in den betroffenen Wohngebieten informiert. Anwohner sind wegen weiträumiger Absperrungen besonders betroffen. Die Polizei hat laut Sprecher Kim Freigang ernst zu nehmende Hinweise auf geplante Gewalttaten. In einem Aufruf steht die Formulierung "Widerstand gegen die Neonazis ist insbesondere dann erfolgreich, wenn militantes Vorgehen und Blockaden ineinanderspielen. Die Räume für Blockaden werden oftmals erst frei, wenn durch militante Taktiken der Polizeieinsatz destabilisiert und ins Schwimmen gebracht werden konnte".
Mehr Zeit für Vorbereitungen
Veröffentlicht die Polizei den Aufmarsch-Ort der Neonazis vorzeitig, stünde gewaltbereiten Nazi-Gegnern mehr Zeit für Vorbereitungen zur Verfügung. Das würde die Arbeit der Polizei erschweren. Kim Freigang: "Wir müssen die Anwohner schützen und auch unsere Einsatzkräfte vor Gewalt schützen." Andererseits: Durch den restriktiven Umgang mit dem Demo-Ort werden auch friedliche Demonstranten daran gehindert, ihren Protest in Hör- und Sichtweite von Neonazis verwirklichen zu können.
Polizeipräsident Gregor Lange hatte in einer Diskussion am 24. Mai beim Arbeitskreis "Christen gegen Rechtsextremisten betont, dass die Polizei verpflichtet sei, das im Grundgesetz festgeschriebene Demonstrationsrecht auch von Neonazis schützen zu müssen. Die Polizei erteilte dem Anmelder stark einschränkende Auflagen. Zahlreiche fremdenfeindliche und bedrohlich wirkende Parolen sind verboten worden.
Dortmunder Rechtsextremisten rufen mit fremdenfeindlichen Parolen am 4. Juni zu einem „Tag der deutschen Zukunft“ auf. Dagegen regt sich Widerstand. Zahlreiche Initiativen bereiten für den 4. Juni Gegendemonstrationen vor:
- Der Runde Tisch Dorstfeld demonstriert ab 11 Uhr auf dem Wilhelmplatz in Unterdorstfeld unter dem Motto „Nie wieder blöd – Gemeinsam für ein nazifreies Dortmund".
- Der Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus lädt um 11 Uhr am Dortmunder U zu einer Auftakt-Kundgebung ein und zieht dann nach Dorstfeld.
- Das Bündnis Dortmund gegen Rechts erinnert ab 12 Uhr in der Nordstadt an die Opfer nationalsozialistischer Gewalt (Start Gronaustraße).
- Die Initiative "Demokraten gegen Extremismus" setzt ab 11 Uhr am Katharinentor ein Zeichen gegen "rechte, linke und religiöse Extremisten"
Linksautonome Gruppen aus ganz Deutschland planen seit Monaten Protest und Blockaden. Zeiten und Orte nennen sie zurzeit nicht. Bereits am Freitag startet um 18 Uhr an der Ecke Kampstraße / Katharinenstraße eine Demonstration der „Antifaschistischen Union Dortmund“. Unter dem Motto „Keine Zukunft diesen Zuständen – für ein besseres Morgen“ demonstrieren sie nicht nur gegen aufmarschierende Neonazis, sondern auch gegen Übergriffe auf Flüchtlinge sowie gegen die Wahlerfolge der Partei „Alternative für Deutschland“.