Warum es so schwer ist, den Protest gegen Nazis zu bündeln

Antifaschismus in Dortmund

Wieder einmal Demonstrations-Wochenende, wieder Neonazis. Wie immer formiert sich Protest dagegen. Der ist mal mehr, mal weniger stark - aber seit vielen Jahren schon gespalten. Denn es gelingt den Gegendemonstranten nicht, ihren Protest zu bündeln und gemeinsam auf die Straße zu bringen.

DORTMUND

, 04.06.2016, 02:49 Uhr / Lesedauer: 2 min
Das Bündnis Dortmund gegen Rechts protestiert Ende august 2013 gegen Nazis - als Mitglied bei "BlockaDO" kann das Bündnis noch stärker agieren.

Das Bündnis Dortmund gegen Rechts protestiert Ende august 2013 gegen Nazis - als Mitglied bei "BlockaDO" kann das Bündnis noch stärker agieren.

Wenn am 4. Juni die erwarteten 1000 Rechtsextremen aufmarschieren, erlebt die Stadt einmal mehr, wie es ist, von einer Bewegung missbraucht zu werden. Seit der Jahrtausendwende, nach den Taten Michael Bergers, der erst drei Polizisten und dann sich selbst erschoss' tag=', gibt es rechte Aufläufe. Der erste wandte sich gegen angebliche „Hysterie und Hetze der Medien“, als ruchbar wurde, dass Berger einen engen Bezug ins rechtsradikale Milieu der Stadt hatte. Wie eng die Verbindungen waren, wurde erst im Laufe der Jahre öffentlich.

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Seitdem die Rechtsradikalen marschieren, formiert sich Protest dagegen. Mal mehr, mal weniger stark – aber seit vielen Jahren schon gespalten. Da gibt es das „Bündnis Dortmund gegen Rechts“, das sich nach dem Karfreitag 2000 gründete, als Rechtsradikale Kinder durch die Nordstadt jagten. Es gibt den nur etwas jüngeren „Arbeitskreis Rechtsextremismus“, seit einigen Jahren „Blockado“, es gibt Initiativen und Vereinigungen – aber es gelingt den Gegendemonstranten nicht, ihren Protest zu bündeln und gemeinsam auf die Straße zu bringen.

Gleiches Ziel, andere Methoden

Man fühlt sich erinnert an die Szene aus dem Film „Das Leben des Brian“, in der die „Volksfront von Judäa“ nicht mit der „Judäischen Volksfront“ reden will, obwohl deren gemeinsame Feinde doch die Römer sind. Ganz so lustig ist die Situation in Dortmund nicht. „Wir kommen“, sagt Pfarrer Friedrich Stiller, einer der Hauptakteure des „Arbeitskreises gegen Rechtsextremismus“, „nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Wir haben zwar das gleiche Ziel, aber nicht die gleichen Methoden.“ Für ihn steht der gewaltfreie Protest an erster Stelle, auch wird das Recht der Polizei nicht bestritten.

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Nun ist es nicht so, dass das „Bündnis Dortmund gegen Rechts“ um Ula Richter ein Hort des schwarzen Blocks ist, der marodierend und vermummt durch die Straßen zieht. Und dennoch stehen sich Bündnis und Arbeitskreis eher skeptisch gegenüber. Gut zu sehen am Mittwoch, als 1000 bunte Schals am Rathaus angeliefert wurden, um an verschiedene Gruppierungen ausgegeben wurden. Stiller war da, Richter auch, ersichtlichen Kontakt hatten beide nicht.

Bruch entstand 2003

Der Bruch zwischen den Gruppen entstand 2003, als die „Wehrmachts-Ausstellung“ nach Dortmund kam und die Rechtsradikalen dagegen protestierten. „Uns wurde damals vorgeworfen, wir würden die Rechtsradikalen verharmlosen“, sagt Stiller heute. Und Richter sagt, man habe dem Arbeitskreis damals schon Verharmlosung vorwerfen können: allerdings verharmlosenden Protest. Richter hält, im Gegensatz zu Stiller, Blockaden für ein legitimes Mittel und sagt, dass schon sehr früh in Dortmund zwischen bösen und guten Antifaschisten unterschieden worden sei. „Die bösen Antifaschisten waren die, die links von den Grünen standen.“

Gebessert hat sich das Verhältnis erst mit der Einrichtung der städtischen Koordinierungsstelle für Vielfalt, Toleranz und Demokratie unter Hartmut Anders-Hoepgen. Man rede wieder miteinander, heißt es. Am Samstag protestieren beide: Das Bündnis am Borsigplatz, der Arbeitskreis im Demozug vom U nach Dorstfeld. Man kann das ein breites Aufstellen und Vielfalt nennen, Anders-Hoepgen etwa tut das. Man kann es als Außenstehender aber auch als Ausfransung mit erheblichem Reibungsverlust bezeichnen.

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