Zuwanderung aus Osteuropa: Falsche Versprechen locken nach Dortmund - Stadt fordert Hilfe

Kritik an der EU

Sozialbetrug, Problemviertel, ein hoher Auswanderdruck aus Osteuropa: Die Stadt Dortmund übt deutliche Kritik an der EU. Wir waren zum fünften Mal vor Ort in Plovdiv, Bulgarien, um vor Ort zu recherchieren.

Dortmund

, 19.03.2019, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min
Blick von einem der Hügel der Stadt Plovdiv hinab auf die Stadt. Die Wirtschaft in der ältesten Stadt Bulgariens wächst, aber nicht alle Bürger profitieren davon.

Blick von einem der Hügel der Stadt Plovdiv hinab auf die Stadt. Die Wirtschaft in der ältesten Stadt Bulgariens wächst, aber nicht alle Bürger profitieren davon. © Peter Bandermann

Seit 12 Jahren sind Bulgarien und Rumänien Mitglieder der Europäischen Union. 2025 sollen weitere Länder aus Südosteuropa dazu kommen. Dortmund warnt davor, Fehler zu wiederholen.

Mit dem Beitritt von Bulgarien und Rumänien erweiterte die Europäische Union 2007 ihr Territorium. Zwischen 2008 und 2016 nutzten insgesamt fast 800.000 Bulgaren und Rumänen die gewonnene Freizügigkeit, um ihre Heimatländer zu verlassen. Städte wie Dortmund, Gelsenkirchen und Duisburg mussten Notsysteme hochfahren, um in bereits bestehenden Problemvierteln auf zusätzliche Armut und Elend reagieren zu können.

Kritik an der europäischen Union

Zwölf Jahre nach dem Beitritt beider Länder in die EU übt Dortmunds Sozialdezernentin Birgit Zoerner deutliche Kritik an der NRW-Landesregierung, an der Bundesregierung und an der Europäischen Union: Die Städte in Westdeutschland seien in Vorleistung gegangen. Übergeordnete Behörden würden sich bis heute zurückhalten.

Lesen Sie hier, wie die Stadt Dortmund ihre Kritik begründet und welche Befürchtungen sie hat.

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Die fünfte Recherche-Reise nach Bulgarien

Anlass für das Gespräch mit der Dortmunder Sozialdezernentin war die fünfte Recherche-Reise unserer Redaktion in die bulgarische Stadt Plovdiv. Im Februar 2011 hatte ein Reporter-Team die Ursachen erkundet, warum damals so viele Zuwanderer aus Plovdiv nach Dortmund und in andere Ruhrgebietsstädte auswanderten. Die Probleme waren auf den Straßen eines großen Stadtbezirks sichtbar.

Zuwanderung aus Osteuropa: Falsche Versprechen locken nach Dortmund - Stadt fordert Hilfe

© Peter Bandermann

Stolipinovo heißt der Bezirk mit seinen rund 55.000 Einwohnern. Die Arbeitslosigkeit liegt bei über 90 Prozent. Viel Geld hat die Europäische Union dort investiert, doch Armut und Elend bestimmen das Bild. Wie sieht die Lage in Stolipinovo im März 2019 aus? Stimmt es, dass es in Bulgarien nicht genug Arbeitsplätze gibt? Wir haben uns vor Ort ein Bild gemacht.

Hier geht es zu dem ausführlichen Bericht, der während der Recherchen in Plovdiv entstanden ist mit einer Videoanalyse unseres Redakteurs Peter Bandermann. Auch Arbeitgeber kommen zu Wort.

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Der Plovdiver Unternehmer Dimitar Tanev ist Chef von 80 Facharbeitern. Sein Betrieb könnte weiter wachsen, wenn er denn Bewerber finden würde.

Der Plovdiver Unternehmer Dimitar Tanev ist Chef von 80 Facharbeitern. Sein Betrieb könnte weiter wachsen, wenn er denn Bewerber finden würde. © Peter Bandermann

Falsche Versprechen locken nach Dortmund

Hartnäckig hält sich in Plovdiv das Gerücht, dass Auswanderer bei Briefkastenfirmen für sechs Monate einen Arbeitsvertrag unterschreiben und dann die Kündigung erhalten, um schließlich Sozialleistungen beantragen zu können. Wer diese Information für bare Münze hält, folgt falschen Versprechen. Das Dortmunder Jobcenter hat festgestellt, dass die Antragsteller häufig nur vorgeschoben und ausgenutzt würden – und dubiose Hintermänner abkassieren wollen.

Warum es schwarze Listen gibt und wie die Behörden im Ruhrgebiet gegen Sozialbetrug vorgehen, ist hier zu lesen.

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Schneiderwerkstatt angeschoben mit Spenden aus Dortmund

In Bulgarien gibt es keinen sozialen Arbeitsmarkt, wie er in Deutschland Standard ist. Als „Nichtregierungs-Organisation“ betreibt die Nationale Allianz für die Arbeit mit Freiwilligen (NAVA) in Plovdiv seit 2015 eine Schneiderwerkstatt. Ihre Arbeit finanziert sie mit Spenden. Frauen aus Stolipinovo lernen dort die Arbeit an Nähmaschinen. Nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung ist ihnen ein Arbeitsplatz in einem der 45 Textilunternehmen in Plovdiv sicher. Angeschoben wurde das Projekt auch mit Spenden aus Dortmund.

Wie arbeitet die Schneiderwerkstatt? Wie stehen die Frauen zur Europäischen Union? Hier geht es zu einer bulgarischen Erfolgsgeschichte.

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