
Schuhe und Kleidung im Schuhhaus Grosse-Kreul sind bald Vergangenheit, Optik Mues und Sternemann steht seit März leer, ebenso das Möbeloutlet24 und die Kneipe „Zum Bus“. Die Postbank verlässt den Münsterplatz, die Radstation das ehemalige Zeeman-Ladenlokal. Auch die Hussel-Filiale und die einstige Bäckerei Schickentanz stehen leer.
Das Lamento in der Stadt ist bei jeder namhaften Schließung groß. Das war schon bei Hertie so und bei Schlatholt, bei Mollen und beim Blumenhaus Goebel, beim Outdoorladen am Biesenkamp und beim Spielwaren-Urgestein Schnettelker, bei Sport Albers und bei der langjährigen Altstadt-Institution Doherr von Dirk Plücker.
Die Altstadt-Händler waren alarmiert, die Politik war alarmiert, die Stadtverwaltung war alarmiert und die Kundinnen und Kunden waren alarmiert. Und in Sorge. Und um Erklärungen und Konzepte und Zukunftspläne bemüht. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Wieder sind die Castrop-Rauxeler geschockt, wieder trauert man Einkaufsmöglichkeiten in der Altstadt nach.
Allein: Keines der Geschäfte hätte vermutlich geschlossen, wenn die Kunden genug Geld dagelassen hätten. Und die Kunden hätten vielleicht Geld dagelassen, wenn das Angebot gepasst hätte. Weder das eine noch das andere waren und ist der Fall. Gerade jüngere Käuferschichten werden in der Altstadt nicht gesichtet, weil die Altstadt für sie zumeist aber auch kein Angebot hat. Bestes jüngstes Beispiel dafür ist Grosse-Kreul: Hip und jugendlich tendiert da im Angebot gen Null.

Und so muss man ganz einfach wieder einmal konstatieren, was eigentlich seit Jahren schon klar ist: Die Zeit ist offenbar über das Gros des stationären Einzelhandels hinweg gegangen. Die Angebotsvielfalt kann mit dem Internet nicht standhalten, die Preise meistens auch nicht. Und wenn dann nicht mit totalem Service gepunktet wird, dann ist Schicht am Schacht.
Dem Einzelhandel geht es da nicht anders als dem linearen Fernsehen, der gedruckten Tageszeitung, dem Farbfilm, der Audiokassette und bald vermutlich auch dem Dieselmotor und der Gasheizung: Zeiten ändern sich, Gesellschaften ändern sich, Einkaufsverhalten ändert sich, technische Möglichkeiten ändern sich und revolutionieren die Welt.
Wer da nicht mit der Zeit geht oder gehen kann, der muss gehen. So war das immer in der Wirtschaft und so wird es auch bleiben. Und das passiert im Castrop-Rauxeler Einzelhandel genauso wie im Lüner oder im Dortmunder oder im Münchner Einzelhandel. Innenstädte als Einzelhandelsstandorte werden bald Vergangenheit sein. Wohnen und Leben werden in leere Ladenlokale einziehen (müssen), angereichert mit lohnenswerter (Außen-)Gastronomie.
Das kann man beklagen. Dafür kann man wie immer nach Schuldigen suchen. Ändern wird es nichts. Stadtentwickler und Immobilienbesitzer sind nun gefordert, anderes Leben in die Stadt zu bringen, Häuser anders zu nutzen. Eigentümer müssen sich dem Motto „Eigentum verpflichtet“ stellen. Wie es Matthias Zimmer und die Interessen- und Standortgemeinschaft (ISG) Castroper Altstadt ehedem schon eingefordert hatten.
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