Am 11. Juni 2011 standen sich die SG Castrop und der VfB Börnig auf dem Ascheplatz des ESV Herne gegenüber. In einem Entscheidungsspiel kämpften die beiden Teams darum, den Abstieg in die Kreisliga B abzuwenden. © Jens Lukas
Sportgeschichte
SG Castrop stand 2011 am Abgrund - und hatte zwei Glücksbringer
Im Jahr 2021 ist die SG Castrop Fußball-Bezirksligist. Vor zehn Jahren stand die SG allerdings vor dem Fall in die Kreisliga B. Wer weiß, wie es heute um die Castroper stehen würde, wenn ein seidener Faden gerissen wäre.
Neben Wacker Obercastrop (Westfalenliga), dem FC Frohlinde (Landesliga) sowie den Bezirksliga-Klassenkameraden Spvg Schwerin und FC Castrop-Rauxel gehört die SG Castrop auch nach der Annullierung der Saison 2020/21 zu den fünf Aushängeschildern des Castrop-Rauxeler Fußballs.
Der Fall in die Kreisliga B drohte der SG Castrop
Gefühlt war das schon immer so. Ist es aber nicht. Denn vor zehn Jahren hätte eine Partie beinahe dafür gesorgt, dass die SG von der Kreisliga A in die Kreisliga B abgestiegen wäre. Ob sich die Mannschaft des ältesten Castrop-Rauxeler Fußball-Klubs hier schnell wieder berappelt hätte, um die danach gestartete Erfolgsgeschichte zu schreiben, darf man bezweifeln.
Im Februar 2011 hatte Armin Theis, der zuvor Trainer des Bezirksligisten SuS Merklinde war, das Zepter bei der SG Castrop übernommen. Mit nur einem Sieg und drei Unentschieden aus 16 Spielen war die SG zu diesem Zeitpunkt Schlusslicht des Kreisliga-Oberhauses. Der Rückstand auf den ersten Nicht-Abstiegsplatz betrug fünf Punkte.
Armin Theis übernahm im Frühjahr 2011 das Trainer-Zepter bei der SG Castrop und schaffte mit dem abgeschlagenen Schlusslicht den Klassenverbleib. © Jens Lukas
Was folgte, war eine enorme Aufholjagd der SG, die aus den verbleibenden zwölf Partien sechs Siege und zwei Unentschieden verbuchte. Die Rote Laterne trug am Ende Victoria Habinghorst.
Vor dem abschließenden Spieltag waren die Castroper als Drittletzte punktgleich mit dem Vorletzten VfB Börnig. Während die Börniger zum Saisonkehraus spielfrei hatten, trat die SG beim SV Holsterhausen an. Durch eine 0:2-Niederlage verpasste das Theis-Team den direkten Klassenverbleib und musste zu einem Entscheidungsspiel gegen Börnig antreten.
585 Zuschauer zahlten Eintritt
Rappelvoll waren am 11. Juni 2011 die Parkplätze ringsherum um den Herner Stadtgarten vor dem Entscheidungsspiel zwischen der SG Castrop und den VfB Börnig. Laut der SG-Kassiererin Sigrid Wilken verfolgten 585 zahlende Zuschauer die Partie. Hinzu kamen Frauen und Kinder, die freien Eintritt hatten. Wodurch rund 700 Fußball-Fans den Platz des ESV Herne bevölkerten. Die Zuschauer-Einnahmen der Partie gingen zu je einem Drittel an Gastgeber ESV sowie Börnig und die SG Castrop.
150 Minuten nach dem Anpfiff: Als Janis Schmitz den Ball vom Kreidepunkt in die Maschen drosch, brach der Jubel los: Die SG Castrop hatte das Entscheidungsspiel gegen VfB Börnig mit 5:3 (1:1/1:0) nach Elfmeterschießen gewonnen. Schmitz schwang sich neben Keeper Christopher Glaßmeyer zum zweiten Glücksbringer auf.
Theis hatte vor der Partie erklärt, man müsse am Ende nur „irgendwie Sieger sein“. Der Plan war voll aufgegangen. Denn wie es der SG gelungen war, Börnig zu schlagen, ist auch rückblickend nur mit „irgendwie“ zu erklären.
Dabei sah es zunächst so aus, als sei das Team um Castrops Kapitän André Trottenberg fest entschlossen, keinen Zweifel am Klassenverbleib aufkommen zu lassen. Gerade vier Minuten waren gespielt, als sich Stürmer Niklas Hartmann am Elfmeterpunkt um seinen Gegenspieler drehte, abschloss und mit der ersten Chance die 1:0-Führung für die SG herstellte. Chancenverwertung: 100 Prozent.
Bei diesen 100 Prozent blieb es lange. Nicht aber, weil die SG weiter traf, sondern schlicht, weil sie sich keine Gelegenheiten mehr erspielte.
Anders Börnig. Die Herner kamen immer besser in die Partie. Mit dem Höhepunkt in Minute 30, als der VfB innerhalb einer Szene gleich vier Großchancen vergab. Am Ende des heiteren Scheibenschießens hatte SG-Schlussmann Glaßmeyer den Ball in den Händen. Über ihn sagte Theis später: „Er hatte ganz großen Anteil an diesem Erfolg.“ Viele Torchancen vereitelte der lange Keeper. Wenn er aber geschlagen war, scheiterte Börnig an sich selbst – mitunter aus kürzester Distanz.
Erst in der 75. Minute hatte Castrop seine zweite echte Gelegenheit: Trottenberg schickte Hartmann. Der zirkelte den Ball überhastet neben das Tor. Nervosität, die das Spiel der SG dominierte. Auch der VfB war nervös, kam aber – anders als Castrop – immer wieder gefährlich vors Tor. Das konnte kaum gut gehen. Und so sahen sich die meisten der Zuschauer in ihren Vorahnungen bestätigt, als Hernes Stefan Selders zehn Minuten vor Ende der regulären Spielzeit zum 1:1 einköpfte.
Fast ohne nennenswerte Szenen verlief nicht nur die Restspielzeit, sondern auch die Verlängerung. Im Elfmeterschießen musste sich also herausstellen, welches der beiden Teams in der Saison 2011/12 in der Kreisliga B antreten musste.
Nachdem zunächst Börnig verwandelte und dann auch Castrops Markus Maurer getroffen hatte, stieg die SG-Hoffnung auf den Erfolg wieder an: Der zweite Herner Schuss von Rico Gonzalez landete neben dem Tor. Trottenberg netzte souverän ein, ebenso wie Dennis Kock. Dann der nächste VfB-Fehlschuss: Ein besonders frecher Lupfer gehorchte seinem Schützen Thomas Walter nicht und landete am Querbalken. Nur noch ein Schuss trennte die SG von der Rettung. Schmitz lief an – der Rest war „rot-weißer“ Jubel.
Noch schwerer als die Niederlage wog bei den Börnigern eine Trauer: Denn in der Nacht vor der Partie war der Torwart ihrer A-Jugend-Mannschaft bei einem Autounfall auf der Autobahn A43 ums Leben gekommen.
Die Mannschaft des VfB Börnig hielt vor dem Anpfiff des Entscheidungsspiels gegen die SG Castrop für eine Schweigeminute inne. Der Torwart ihrer A-Jugend war bei einem Unfall auf der Autobahn gestorben. © Jens Lukas
Armin Theis hatte bereits bei Antritt des Postens angekündigt, dass er nur bis zum Sommer SG-Trainer sein werde - nach vollendeter Mission. Auf ihn folgten die Coaches Holger Gehrmann und Dennis Hasecke. Mit Co-Trainer Marco Taschke gelang Hasecke 2017 der Bezirksliga-Aufstieg.
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