Vor genau 15 Jahre war eine Fusion ins Auge gefasst, durch die der neue Verein über ein Landesliga-Team und eine Bezirksliga-Mannschaft verfügt hätte.

© Leonie Sauerland

Vor 15 Jahren träumten Castrop-Rauxeler Fußballer von Groß-Fusion und Oberliga-Team

rnSport-Geschichte

In den vergangenen 25 Jahren gab es im Castrop-Rauxeler Fußball nur zwei Fusionen. Ein Thema war es in all den Jahren aber oft - 2006 sogar mit der Hoffnung auf ein Mega-Team.

Castrop-Rauxel

, 14.10.2022, 18:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

In einer der ersten Wochen des Jahres 2021 haben die Verantwortlichen von Victoria Habinghorst und der SF Habinghorst ihre Pläne einer Spielgemeinschaft und zeitnahen Fusion ihrer Clubs offenbart. Die beiden letzten Fusionen gab es 1997 (BW Obercastrop und BV Wacker Castrop zum SV Wacker Obercastrop) und 2017 (SF Habinghorst und SV Dingen). Das Thema „Zusammenschluss“ gab es in den vergangenen 25 Jahren in Castrop-Rauxel nicht selten.

2006 war das Motto „Think Big!“

Wie vor etwa 15 Jahren. Damals bahnte sich Großes an. „Think Big!“ Dieses Motto schrieben sich die Kicker des frisch gebackenen Castrop-Rauxeler Bezirksliga-Aufsteigers SV Yeni Genclik und von TSK Herne (damals Landesliga) auf die Fahnen. Der Club aus der Nachbarstadt war erst wenige Monate zuvor durch den Zusammenschluss von RSV Karadeniz und SV Türkspor entstanden.

Jetzt lesen

Turhan Ersin, damals 2. Yeni-Vorsitzender, berichtete über die ersten „Koalitionsgespräche“: „Wir sind uns alle einig, dass ein Fusionsverein ein großes Potenzial an jungen Leuten bündeln könne. 12.000 Türken wohnen ihn Herne, 8.000 in Castrop-Rauxel - da kann man eine Menge bewegen.“

Der neue Club hätte 2006 aus der „Erbmasse“ der beiden Stammvereine aus dem Stand heraus über vier Senioren-Mannschaften in der Landesliga (TSK), Bezirksliga (Yeni), Kreisliga B (TSK) und Kreisliga C (Yeni) sowie über fünf Junioren-Teams (alle TSK) verfügen können.

Turhan Ersin war 2006 der 2. Vorsitzende des SV Yeni Genclik. Der Verein wurde 2016 aufgelöst.

Turhan Ersin war 2006 der 2. Vorsitzende des SV Yeni Genclik. Der Verein wurde 2016 aufgelöst. © Foto Jens Lukas

Castrop-Rauxel wartete zu diesem Zeitpunkt seit zwölf Jahren auf heimischen Landesliga-Fußball. 1994 hatte sich die Spvg Schwerin als letzter heimischer Club aus dieser Spielklasse verabschieden müssen. Der TSK Herne war 2006 die vierte Kraft in Herne hinter den Traditionsvereinen Westfalia Herne (Oberliga), DSC Wanne und SV Sodingen (beide Westfalenliga).

Jetzt lesen

Der damalige Genclik-Trainer Volker Krumtünger habe den Anstoß zu einer möglichen Fusion zwischen Yeni und TSK gegeben, berichtete Turhan Ersin: „Er ist die ordnende‚ deutsche Hand‘ in unserem Verein. Sein Rat ist bei uns sehr gefragt.“ Durch den Zusammenschluss wollten die beiden Clubs den türkischen Fußball im Ruhrgebiet „besser vertreten“, so Ersins Hoffnung. Seit der Jahrtausendwende hätten sowohl Yeni als auch die Herner Clubs sich nach außen solide präsentiert.

Fusionsverein wollte ins Stadion einziehen

Der neue Club sollte in Castrop-Rauxel angesiedelt sein und zunächst in Merklinde spielen, auf dem Kunstrasenplatz im Yeni-Domizil am Fuchsweg, erklärte seinerzeit Ersin. Für die Zukunft träumten Ersin und Co. davon, ihre Spielstätte in die Stadtmitte, in das dann mit Kunstrasen umgebaute Stadion an der Bahnhofstraße, verlegen zu können.

Wenige Wochen später war in der Zeitung zu lesen: „Fusion ist vorerst auf Eis“. Erol Bal, der damalige Yeni-Vorsitzende, erklärte: „Zur Saison 2006/07 schaffen wir das wohl nicht.“ Ähnliches war aus Herne zu hören. Dort hatte TSK-Chef Bahadir Kalfa den Vorsitzenden des Fußballkreises Herne/Castrop-Rauxel, Reinhold Spohn (BW Börnig), darüber informiert, dass die Fusion auf Eis gelegt sei.

Im Jahr 2006 spielte der SV Yeni Genclik (rote Trikots) in der Bezirksliga, wie hier mit Keeper Mehmet Akcay im Derby gegen den VfB Habinghorst (mit Daniel Kristler).

Im Jahr 2006 spielte der SV Yeni Genclik (rote Trikots) in der Bezirksliga, wie hier mit Keeper Mehmet Akcay im Derby gegen den VfB Habinghorst (mit Daniel Kristler). © Jens Lukas

Als zu schwierig hatte sich die Frage herausgestellt, wo der Fusionsclub hätte spielen sollen: in Herne oder in Castrop-Rauxel. „Wir sehen da gewisse Verpflichtungen gegenüber den Spielern und Zuschauern in beiden Gründervereinen“, umschrieb Bal vorsichtig das Problem.

Jetzt lesen

Uwe Horstmann, damals Vorsitzender der Jugend-Spruchkammer im Fußballkreis und in der Jugendabteilung des TSK Herne aktiv, verwies darauf, dass jener Verein, der bei der Fusion aufgelöst werde, in seiner Heimatstadt wohl keinen Sportplatz mehr zur Verfügung gestellt bekommen könne. Und eine ganz praxisnahe Hürde nannte Horstmann auch noch: „Wäre der neue Verein in Castrop-Rauxel angesiedelt, müssten alle fünf Jugendmannschaften regelmäßig zum Training dahin fahren.“

Vision vom Team in der Oberliga

Dabei machte Horstmann Mut, dass das Projekt noch zustande käme. Denn sein SV Türkspor habe sich vor Jahresfrist nicht in Windeseile mit dem RSV Karadeniz zum TSK Herne vereinigt: „Wir haben davor bestimmt fünf Mal über eine Fusion abgestimmt, bis es dann klappte.“ Uwe Horstmann formulierte die gemeinsame Vision: „Aus der Fusion kann eine gemeinsame Mannschaft in der Westfalenliga oder gar Oberliga in einem dann neuen Stadion in Castrop-Rauxel hervorgehen.“

Jetzt lesen

Aus all dem wurde letztlich nichts. Die Fusionsgespräche schliefen ein. Yeni und TSK Herne bündelten aber später doch noch ihre Kräfte. In der Saison 2012/13 gingen die beiden Vereine eine Jugendspielgemeinschaft von der A- bis C-Jugend ein. Nach einem Jahr wurde diese allerdings wieder aufgelöst. Den Verein SV Yeni Genclik gibt es seit 2016 nicht mehr.

Lesen Sie jetzt
" Senior-Reporter durfte in seiner Laufbahn nur einen Elfmeter schießen

Rückblickend erzählt jeder gerne Anekdoten über seine sportlichen Höhepunkte. Unsere Autoren offenbaren ihre Geschichtchen zum Thema Elfmeter. Von Jens Lukas, Hermann Klingsieck