
Die A-Junioren der Spvg Schwerin feierten im Mai 2006 - ein Jahr nach dem Sprung in die Bezirksliga - den Aufstieg in die Landesliga. Als Interims-Trainer fungierte damals Gerold Dettweiler (l.). Als Torschütze glänzte damals der heutige Zweite-Mannschafts-Trainer Marcel Struckmeyer (unten, 3.v.l.). © Martin Goldhahn (Archiv)
2006: Spvg Schwerin startet bis Westfalenliga durch - Klub feuert Erfolgstrainer, Polizei kam
Sportgeschichte
Wenn eine Fußball-Mannschaft ohne Zwischenstopp von der Kreisliga bis in die Westfalenliga aufsteigt, muss doch eigentlich Jubel, Trubel, Heiterkeit herrschen. 2006 war es auf Schwerin nicht so. Dort musste der Erfolgstrainer gehen. Sogar die Polzei kam zum Grafweg.
Die Spvg Schwerin war im ersten Jahrzehnt nach der Jahrtausendwende eine große Nummer im westfälischen Jugendfußball. Aufstiege bis in die Westfalenliga wurden gefeiert auf dem Berg. Einer der Macher dieses kleinen Castrop-Rauxeler Fußball-Wunders war Martin Backwinkler, der in 14 Jahren als Trainer bei der Spvg die Jugendabteilung zu ungeahnter Größe aufblühen ließ.
Niederlage im Kreispokal-Endspiel gab nicht den Ausschlag
Im Januar 2006 gab es auf dem Schweriner Berg den großen Knall: Erfolgstrainer Martin Backwinkler wurde gefeuert. Obwohl er mit den A-Junioren von der Bezirksliga-Tabellenspitze grüßte und mit der C-Jugend als Bezirksliga-Sechster ebenfalls gut dastand. Doch Backwinklers Standing im Verein war offenbar aufgebraucht nach 14 Jahren.
Der Sportliche Leiter Sascha Beleijew sprach von „Abnutzungserscheinungen und Meinungsverschiedenheiten mit dem Vorstand und anderen Trainerkollegen“. Keinesfalls habe die 1:3-Niederlage im Kreispokal-Endspiel gegen Westfalia Herne den Ausschlag gegeben, versicherte Beleijew damals.

Nach 14 Jahren war die Zeit von Martin Backwinkler im Februar 2006 beendet. © Jens Lukas (Archiv)
Ungereimtheiten deuteten sich bereits nach Ende der Saison 2004/2005 an, als Trainer Backwinkler das Schweriner Seniorenteam in der Bezirksliga-Spitzengruppe platziert hatte, sein Vertrag aber nicht verlängert wurde. Anstatt zu gehen, machte der Trainer den Fehler, in der neuen Spielzeit wieder die A-Junioren und zusätzlich die C-Jugend zu übernehmen - bis zum lauten Knall im Januar 2006.
In dieser erfolgsverwöhnten A-Junioren-Truppe spielte Marcel Struckmeyer im linken Mittelfeld - und ist heute Trainer der Spvg Schwerin II. Er erinnert sich: „Wir waren ein gutes Team mit überragenden Einzelspielern, einer stabilen Abwehr und eiskalten Stürmern. Wir Jungs haben uns alle super verstanden und sind auch mit Martin Backwinkler gut ausgekommen. Probleme mit dem Trainer bestanden nur auf Vereinsebene.“
Wie groß die Qualität der Schweriner A-Jugend im Bezirksliga-Jahr war, zeigte sich am 14. Mai 2006 im entscheidenden Spiel um den Meistertitel beim Tabellendritten Spvg Marl (heute nach Fusionen FC Marl). Schwerin lag bei Halbzeit 0:2 zurück, drehte dann auf und siegte mit 6:2. Tomas Fojcik traf per Hattrick zur 3:2-Führung. Leonard Krasniqi, Sven Menrath und Marcel Struckmeyer legten nach zum 6:2. Die Spvg Schwerin bejubelte mit Interims-Trainer Gerold Dettweiler den Meistertitel und den Landesliga-Aufstieg.
Mit 54 Punkten nach 18 Siegen, drei Niederlagen und mit 114:27 Toren stand die Schweriner A-Jugend uneinholbar an der Tabellenspitze. Die Mannschaft habe sich auch von Backwinklers Entlassung nicht beeindrucken lassen und sei mit Nachfolger Dettweiler auf Erfolgskurs geblieben, sagt Struckmeyer, der als Jungjahrgang anschließend noch ein Jahr A-Jugend spielen durfte - und in die Westfalenliga aufstieg. „Zu einigen Spielern von damals gibt es noch Kontakte.“

Im Jahr 2006 gehörte Marcel Struckmeyer jenem A-Junioren-Team der Spvg Schwerin an, das den Aufstieg in die Landesliga schaffte. © Jens Lukas (Archiv)
Polizei rückte wegen Besuch des Ex-Trainers an
Im A-Junioren-Landesliga-Jahr wurde Struckmeyer in der Winterpause hochgezogen in die erste Schweriner Senioren-Mannschaft. „Zum Saisonende hin, als es um den Aufstieg ging, habe ich sporadisch auch wieder bei den A-Junioren gespielt“, so Struckmeyer, dessen Fußballer-Laufbahn - bis auf zwei Jahre bei SuS Merklinde - getrost als „Einmal Schwerin, immer Schwerin“ bezeichnet werden darf.
Obwohl die Erfolgskette nach dem Rauswurf von Martin Backwinkler nicht gerissen ist, nahm die Nummer um diesen Trainer im Mai 2006 fast skurrile Züge an. Backwinkler wollte sich ein Spiel der C-Junioren auf Schwerins Sportplatz live anschauen.
Da er als neuer B-Jugend-Trainer bei Westfalia Herne angeheuert hatte, verwies ihn Jugendleiter Karl-Heinz Jakob aus dem Stadion am Grafweg, da er vermutete, dass Backwinkler Spieler abwerben wolle. Martin Backwinkler ging nicht - die Polizei wurde gerufen. Es habe „Streitigkeiten zwischen Offiziellen des Vereins und dem ehemaligen Trainer gegeben, die aber geschlichtet werden konnten“, stand im Protokoll.
Backwinkler durfte bleiben und beteuerte damals gegenüber unserer Redaktion, niemals nur einen Abwerbe-Gedanken gehabt zu haben, im Gegenteil seine Ex-Spieler sogar darin bestärkt zu haben, bei der Spvg Schwerin zu bleiben. Mit diesem „Kasperle-Theater“ war die Geschichte rund um Trainer Martin Backwinkler auf dem Schweriner Berg endgültig beendet.
Ein Journalist macht sich aus Prinzip keine Sache zu eigen, nicht einmal eine gute (dieses Prinzip ist auch das Motto des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises).

Über 30 Jahre als Sportredakteur aktiv, bin ich nun im "Unruhestand" seit der Saison 2018/2019 als Freier Mitarbeiter für den Castroper Sport am Ball - eine neue, spannende Erfahrung. Meine journalistischen Fachgebiete sind alle Ballsportarten, die Leichtathletik und Golf. Mit den deutschen Spitzen-Fechtern war ich in den frühen 2000er-Jahren bei Welt- und Europameisterschaften in der "halben Welt" unterwegs.