
Im Mai 2006 waren die Haare des damaligen Wacker-Aufstiegsspielers und aktuellen Vorsitzenden Martin Janicki (r.) blondiert. © Volker Engel (Archiv)
Klub-Chef Janicki jubelte als Blondine 2006 am Meilenstein-Tag des SV Wacker Obercastrop
Sportgeschichte
Nach vielen Jahren in der Fußball-Kreisliga A hat der SV Wacker Obercastrop vor 17 Jahren mit dem Aufstieg in die Bezirksliga quasi den Grundstein für die Westfalenliga-Zeit gelegt. Wir blicken zurück und haben viele Fotos.
Der 21. Mai 2006 war ein wichtiges Datum in der Vereinsgeschichte des heutigen Fußball-Westfalenligisten SV Wacker Obercastrop. Denn dieser Tag markiert den Aufbruch der Castrop-Rauxeler in den überkreislichen Fußball.
Wacker Obercastrop gewann beim FC Frohlinde mit 2:1 nach 0:1
Durch einen 2:1-Sieg beim FC Frohlinde an einem der letzten Spieltage der Kreisliga-A-Saison 2005/06 läuteten die Wackeraner eine neue Epoche in der Erin-Kampfbahn ein. Nach Jahren harter Abnutzungskämpfe auf Kreisliga-Ebene war die Bezirksliga erreicht. Ein junger Mann mit hellblonden Haaren, für die seine Schwester Alexandra gesorgt hatte, war dabei. Martin Janicki, der aktuelle Wirtschaftsrats-Vorsitzende des Vereins, erzählte vor Monaten rückblickend zu seiner damaligen, auffallenden Haarpracht: „Ich musste ja mit der Mode gehen.“

Feierten 2006 ausgiebig auf dem damaligen Ascheplatz an der Frohlinder Brandheide: die Kicker des Bezirksliga-Aufsteigers Wacker Obercastrop. © Volker Engel
Und nicht nur an seine Haare, sondern auch an dieses entscheidende Spiel an der Frohlinder Brandheide, denkt Janicki gerne zurück: „Das war ganz besonders und stand bis zur letzten Sekunde auf des Messers Schneide.“ Nach Toren von Michael Janus (für Frohlinde), Andrè Paulinsky und Dennis Hasecke (Wacker) hätte sich eine Szene in der Schlussminute in seinem Gehirn festgebrannt: „Ich stand bei einem Eckball am zweiten Pfosten, als unser Torwart Christian Bahlke über mich hinwegflog und den Ball aus dem Winkel fischte. Wie er das geschafft hat, weiß ich bis heute nicht.“
Dann der Abpfiff und Obercastroper Jubel pur. Sportlich fair gratulierte der damalige FCF-Trainer mit Obercastroper Vergangenheit, Udo Drees: „Wacker hat den Aufstieg verdient.“ Und Gegenpart Uwe Esser sagte überglücklich: „Heute Abend wird gefeiert. Ende offen, kann ich nur sagen.“

In Schwarz/weiß gedruckt wurde der Spielbericht zur entscheidenden Partie des SV Wacker beim FC Frohlinde am 21. Mai 2006. © Jens Lukas
Die Jubel-Arien nahmen kein Ende. Bilddokumentationen und die Titelgeschichten unserer Redaktion belegen dies. Zu einem Jubelfoto passte die Überschrift vortrefflich: Wenn Männer weinen. Der frühere Geschäftsführer und im Juni 2020 verstorbene Theo Schürhoff in der Tränen-Orgie mittendrin. Oder ein Schnappschuss, wie der Vorsitzende Frank Figur dem Coach Uwe Esser in den Arm sprang. Dokumente für die Ewigkeit. Es war ja auch spannend, weil Verfolger SC Constantin passgenau an diesem drittletzten Spieltag mit einem 0:0 gegen RSV Wanne den somit uneinholbaren Obercastropern in die Karten spielte.
Eine neue Epoche an der Karlstraße nahm ihren Anfang. Dabei hatten die Wackeraner sechs Jahre zuvor sogar vor dem Crash gestanden. Martin Janicki war damals - zur Jahrtausendwende - noch A-Junior und erinnert sich an den Beinahe-Abstieg in die Kreisliga B: „In der Winterpause hat uns Karsten Gowik mit einer Handvoll von Spielern Richtung Schwerin verlassen. Und wir hatten kaum noch Leute.“ Doch Trainer Uwe Esser wurde im eigenen Verein fündig. Und auch der ehrgeizige Janicki profitierte davon. Er wurde neben Lars Otto aus der A-Jugend zu den Senioren befördert.
Immerhin belegte Wacker nach der Saison 2000/2001 mit dem nötig gewordenen Jugendstil Platz elf. Die Winterabgänge um Gowik landeten mit Schwerin auf dem 14. Platz. Der SV Dingen stieg damals ab.

Ein Bericht nach dem feststehenden Bezirksliga-Aufstieg des SV Wacker Obercastrop im Jahr 2006 war überschrieben mit "Wenn Männer weinen". © Jens Lukas
Dramatisch wäre ein Abstieg in die Kreisliga B für die Obercastroper schon geworden, hatten sie doch im Jahr davor hinter dem RSV Wanne Rang zwei belegt. Früher gab es Platzierungen ohne Ambitionen nach oben oder unten. Nach einem vierten Rang 2001/2002, stieg ein Jahr später die Spvg Schwerin in die Bezirksliga auf, Wacker wurde Achter. Und musste Wacker weiter warten, war auch danach noch nicht mit dem Aufstieg dran.
Plötzlich war wieder ein Team aus der Europastadt besser. Der aufstrebende SV Yeni Genclikspor wurde bei Wackers erneutem vierten Rang 2003/2004, Erster. Das türkische Team aus Castrop-Rauxel verlor dann das nötige Entscheidungs-Spiel um den Aufstieg gegen Wanne 11. Und stieg dann doch ein Jahr später auf. Wacker wurde Vizemeister.
Eine Saison weiter gab es kein Halten mehr. Obercastrop dominierte mit drei Punkten Vorsprung auf den SC Constantin Herne, holte dabei 78 von 90 möglichen Punkten und kam auf ein Torverhältnis von 112:34 Tore. Ein überaus würdiger Meister, der in den Jahren danach noch viel mehr Freudentränen vor sich hatte.

Mit einer Planwagenfahrt von Frohlinde nach Obercastrop läutete der SV Wacker im Mai 2006 seine Aufstiegsfeiern ein. © Jens Lukas
Ein Journalist macht sich aus Prinzip keine Sache zu eigen, nicht einmal eine gute (dieses Prinzip ist auch das Motto des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises).

Geboren und wohnhaft in Castrop-Rauxel, bin ich über den Billardsport (Karambolage) als freier Mitarbeiter in der Castrop-Rauxeler Lokalredaktion angefangen. Da ich neben dem französischen Billard noch Fußball, Handball, Tischtennis und Tennis in Vereinen aktiv ausführte bot es sich förmlich an, darüber ebenfalls zu berichten.