Sebastian Kehl auf dem Weg in die BVB-Geschäftsstelle.

Steht vor arbeitsreichen Wochen: BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl. © imago / RHR-Foto

Das Spiel hat erst begonnen: Der BVB benötigt auf dem Transfermarkt einen langen Atem

rnBorussia Dortmund

Sechs Neuzugänge hat Borussia Dortmund für die kommende Saison bereits an Land gezogen. Doch das Millionen-Spiel hat gerade erst begonnen. Der BVB benötigt auf dem Transfermarkt einen langen Atem.

Dortmund

, 30.05.2022, 06:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Auf 35 bis 40 Millionen Euro hat die Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA vor gut zwei Wochen den positiven Effekt auf die Ergebniskennzahlen für das kommende Geschäftsjahr beziffert, den der Wechsel von Erling Haaland zu Manchester City auslösen wird. Damit verbleiben von der Brutto-Ablösesumme von 75 Millionen Euro maximal nur knapp über 50 Prozent als Spielraum für Investitionen.

Für die BVB-Verantwortlichen gibt es noch reichlich Arbeit

Dieses Geld hat der BVB zügig wieder angelegt. Die Transfers von Karim Adeyemi (RB Salzburg / 30 Millionen Euro plus erfolgsabhängige Bonuszahlungen), Nico Schlotterbeck (SC Freiburg / 20 Millionen Euro) und Salih Özcan (1. FC Köln / 5 Millionen Euro) fressen nicht nur den Löwenanteil der Haaland-Millionen auf. Für die Realisierung benötigt die Borussia auch schon den Zugriff auf andere Töpfe, zum Beispiel die sicheren Einnahmen aus der Qualifikation für die Champions League.

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Über den Feiertag kehrte in der vergangenen Woche nur kurzzeitig etwas Ruhe ein auf der neuen Geschäftsstelle Sport am Trainingszentrum in Dortmund-Brackel. Durchatmen nach anstrengenden Wochen. Am Freitag folgte die offizielle Bestätigung der erwarteten Verpflichtung von Alexander Meyer (Jahn Regensburg) als neue Nummer zwei hinter Gregor Kobel. Doch es gibt noch reichlich Arbeit. Nachdem Borussia Dortmund noch vor dem offiziellen Start der Sommer-Transferphase mit den schon bekannten Personalien erkannte Schwächen und Lücken im Kader konsequent ausgemerzt hat, hängen die weiteren geplanten (und kostspieligen) Veränderungen nun auch davon ab, in welchem Umfang der BVB Transfererlöse erzielen kann.

Auf der linken BVB-Abwehrseite besteht akuter Bedarf

Die Marschrichtung ist klar. Ein Haaland-Ersatz wird noch gesucht, Amsterdams Sebastian Haller ist nur eine von mehreren Optionen, eine teure zudem. Auch auf der linken Abwehrseite besteht akuter Bedarf, unabhängig davon, ob sich der ausgemusterte Nico Schulz dort nach einem neuen Betätigungsfeld umschaut. Die Wahrscheinlichkeit, dass er seinen gut dotierten und noch zwei Jahre laufenden Vertrag für einen neuen sportlichen Reiz aufgibt, ist aktuell weiterhin nicht allzu hoch. Frischen Wind auf der linken Seite könnte David Raum (24/TSG Hoffenheim) oder aber Gladbachs Ramy Bensebaini (27) bringen, beide allerdings wären nicht günstig zu bekommen, bei Raum spricht vor allem dessen kürzliche Vertragsverlängerung bis 2026 gegen einen Transfer, auch wenn sich der deutsche Neu-Nationalspieler nach dem Verpassen der internationalen Ränge offen für eine Veränderung gezeigt hat.

Sicher ist: Borussia Dortmund wird noch Spieler abgeben. Die Tendenz aber ist erkennbar, dass der Klub auch bei Verkaufskandidaten, für die ein Markt existiert, Geduld aufbringen muss. Manuel Akanji zum Beispiel hat nach konstanten Leistungen in den vergangenen beiden Jahren Begehrlichkeiten geweckt. Manchester United gilt als ein mögliches Ziel, auch Juventus Turin soll Interesse haben.

Akanji-Verhandlungen könnten sich in die Länge ziehen

Anfragen für den Schweizer Abwehrmann liegen allerdings derzeit noch nicht vor und dürften auch noch auf sich warten lassen – dahinter steckt vor allem die Hoffnung potenziell aufnehmender Vereine auf sinkende Preise. Es ist ein bekanntes Spiel, das Hartnäckigkeit auf der einen, aber auch starke Nerven und Geduld auf der anderen Seite verlangt. Warum sollte ein Interessent für Akanji jetzt schon beim BVB vorstellig werden, wenn man mit dem Spieler einig ist und weiß, dass Borussia Dortmund möglichst zügig Transfereinnahmen erzielen muss?

Der Poker um BVB-Spieler Manuel Akanji könnte sich noch wochenlang hinziehen.

Der Poker um BVB-Spieler Manuel Akanji könnte sich noch wochenlang hinziehen. © imago / Team 2

Ob sich die Situation in vier Wochen oder noch nach Vorbereitungsbeginn anders darstellt, steht auf einem anderen Blatt. Im Fall von Karim Adeyemi zogen sich die Gespräche über Monate hin, ehe ein Durchbruch erzielt wurde, der vor allen den Vorstellungen Borussia Dortmunds entsprach. Im vergangenen Jahr verhandelte der BVB sehr intensiv mit der PSV Eindhoven um den Transfer von Donyell Malen und ließ sich nicht treiben.

BVB muss in den kommenden Wochen Verhandlungsgeschick zeigen

Erst Mitte der Vorbereitung erzielten die Parteien eine Einigung, ein Nachteil allerdings, wie sich schnell zeigen sollte. Malen stieß erst während des Trainingslagers in Bad Ragaz zu seinem neuen Team. Keine guten Voraussetzungen für einen reibungslosen Start. Malen brauchte lange, um Urlaubsträgheit abzuschütteln und sich an Tempo und Wettkampfhärte zu gewöhnen. Dieser Prozess zog sich bis weit in die Hinrunde hinein. Es ist der Preis für einen besseren Preis.

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Verhandlungsgeschick ist auf beiden Seiten des Verhandlungstisches vonnöten. Dass der BVB einen Haaland-Nachfolger sucht, ist kein Geheimnis in der Branche und sorgt für zum Teil utopische Forderungen. Dass Akanji abgegeben werden soll, weil er eine Vertragsverlängerung über 2023 hinaus abgelehnt hat, weiß ebenfalls ganz Europa. Das könnte die Verhandlungsposition der Borussia schwächen.

Raphael Guerreiro könnte den BVB in diesem Sommer verlassen

Erlöspotenziale bieten neben Akanji auch noch weitere Stammspieler, mit denen bislang keine Einigung über Vertragsverlängerungen erzielt werden konnte. Das gilt in erster Linie für Raphael Guerreiro, für den sich der FC Barcelona interessieren soll. Offen für Angebote wäre Dortmund wohl auch bei Spielern mit Vertragsende über 2023 hinaus - so wie Emre Can und Thorgan Hazard (beide Vertrag bis 2024).

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Ob auch Julian Brandt (2024) zu diesem Kreis zählt, ist eine Frage, die dem neuen Trainer Edin Terzic gestellt werden dürfte. Durch den Trainerwechsel haben sich für einige Spieler die Konstellationen verändert, so gilt auch ein Wechsel von Youssoufa Moukoko, zu dem Terzic und sein künftiger Co-Trainer Sebastian Geppert als Förderer ein besonderes Verhältnis pflegen, nun alles andere als wahrscheinlich.

Der BVB hat bereits sieben Spieler offiziell verabschiedet

Sieben Spieler hat der BVB am letzten Spieltag offiziell verabschiedet, dabei wird es ganz sicher nicht bleiben. Auch auf der Zugangsseite wird sich definitiv noch einiges bewegen. Das Spiel hat gerade erst begonnen.