Dieser Werbeanhänger ohne Transportfunktion stand im Januar an der Konrad-Adenauer-Straße - mal auf der einen, dann auf der anderen Straßenseite.

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Werbefahrzeuge blockieren Parkplätze: Das sagt die Stadt Lünen

rnParkplatzmangel

Es ist ein Ärgernis für Autofahrer: Werbeanhänger und Firmenfahrzeuge blockieren Parkplätze an der Konrad-Adenauer-Straße. Das Ordnungsamt kennt das Problem, die Firmen rechtfertigen sich.

Lünen

, 24.01.2022, 16:05 Uhr / Lesedauer: 4 min

Sie sind ein rares Gut in der Lippestadt: Rund 70 kostenfreie Parkplätze stehen Autofahrern auf den beiden Seitenstreifen der Lüner Konrad-Adenauer-Straße zwischen dem Lippebad und der Lippebrücke zur Verfügung. Doch Werbeanhänger und Firmenfahrzeuge blockieren regelmäßig rund zehn Prozent der Stellflächen. Die Stadt Lünen weiß um das Problem - steht aber selbst noch vor offenen Fragen. Die betroffenen Firmen hüllen sich derweil entweder in Schweigen - oder reagieren auf Nachfrage gereizt und rechtfertigen sich für ihr Verhalten. Ein Überblick:

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Die Parksituation:

Mehrere Stichproben in den vergangenen sechs Wochen haben gezeigt: Sieben bis acht Reklame-Fahrzeuge sind in der Regel an der Konrad-Adenauer-Straße anzutreffen. Dabei handelt es sich um drei Arten von Fahrzeugen. Erstens: Werbeanhänger, die aus zwei Werbewänden bestehen. Zweitens: Werbeanhänger, die als Transportfahrzeug dienen können und eine bedruckte Plane besitzen. Und drittens: Pkw, die eine Werbe-Lackierung oder -Folierung tragen.

Ironie: Dieser Werbe-Pkw mit der Aufschrift "Wir lösen ihr Platzproblem!" tut das genaue Gegenteil - und blockiert seit Wochen einen Parkplatz an der Konrad-Adenauer-Straße in Lünen.

Ironie: Dieser Werbe-Pkw mit der Aufschrift "Wir lösen ihr Platzproblem!" tut das genaue Gegenteil - und blockiert seit Wochen einen Parkplatz an der Konrad-Adenauer-Straße in Lünen. © Landsiedel

Manche Fahrzeuge wurden seit unserer ersten Stichprobe am 9. Dezember 2021 entfernt, andere wurden umgeparkt oder durch andere Fahrzeuge der gleichen Firma ersetzt - und ein Anhänger sowie ein Pkw stehen auch Ende Januar noch immer an Ort und Stelle.

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Die rechtliche Situation:

Privatfahrzeuge dürfen auf kostenfreien Parkplätzen so lange geparkt werden, wie man möchte. Das Fahrzeug muss lediglich zugelassen und verkehrssicher sein, sprich: eine gültige TÜV-Plakette besitzen. Das gilt prinzipiell auch für Pkw mit einer Werbe-Lackierung oder Werbeanhänger, die an einen Pkw angekoppelt sind.

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Wird ein Anhänger hingegen alleine geparkt, so wie es an der Konrad-Adenauer-Straße regelmäßig zu beobachten ist, dürfen diese Anhänger laut Straßenverkehrsordnung (StVO §12 3b) maximal 14 Tage an Ort und Stelle stehen bleiben. Das trifft in der Regel auch auf Anhänger zu, die eine Werbeaufschrift tragen.

Dieser Anhänger ohne Transportfunktion hat bereits vor Wochen ein "Knöllchen" erhalten. Dennoch steht das Gefährt noch immer an der gleichen Stelle - und das schon mindestens seit dem 9. Dezember 2021.

Dieser Anhänger ohne Transportfunktion hat bereits vor Wochen ein "Knöllchen" erhalten. Dennoch steht das Gefährt noch immer an der gleichen Stelle - und das schon mindestens seit dem 9. Dezember 2021. © Landsiedel

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster machte in einem Urteil im September 2020 jedoch klar, dass es jeweils auf den Einzelfall ankomme. Denn das Abstellen eines Werbefahrzeugs kann in gewissen Fällen den Gemeingebrauch einer Straße überschreiten und stellt dann eine Sondernutzung dar. Solch eine Sondernutzung müsste allerdings bei der jeweiligen Kommune angemeldet werden. Die Stadt könnte dafür eine Sondernutzungsgebühr erheben - oder den Antrag auf ein Sondernutzungsrecht ablehnen.

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Wann liegt eine Sondernutzung vor?

Das hängt laut OVG-Urteil von mehreren Faktoren ab:

  • der Bauart des Fahrzeugs (ist z.B. ein Anhänger für Transportzwecke geeignet?)
  • der Wahl des Abstellungsortes (z.B. an einer viel befahrenen Straße, auf einer Brücke über einer Autobahn)
  • der Ausrichtung zur Straße (längs oder quer zur Fahrbahn)
  • der Entfernung zu Wohnung oder Betriebssitz des Halters
  • der konkreten Dauer der Aufstellung
  • der Gestaltung der Werbebeschriftung (z.B. auffällige Dachaufbauten auf Pkw)

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Das sagen die betroffenen Firmen:

Am 20. Dezember haben wir sechs Unternehmen um eine schriftliche Stellungnahme zu ihrem Parkverhalten an der Konrad-Adenauer-Straße gebeten. Diese Firmen hatten bei unserer ersten Stichprobe am 9. Dezember insgesamt sieben Fahrzeuge dort abgestellt: Drei Pkw mit großflächiger Werbe-Beklebung auf der Karosserie samt zusätzlichen Werbeflächen auf dem Dach sowie vier abgekoppelte Werbe-Anhänger.

Wir wollten unter anderem wissen, wie lange die Fahrzeuge dort bereits stehen, ob sie aus privaten oder werblichen Zwecken an der viel befahrenen Konrad-Adenauer-Straße abgestellt wurden und ob die Firmen evtl. ein offizielles Sondernutzungsrecht bei der Stadt Lünen beantragt haben. Drei der sechs Firmen meldeten sich auf unsere Anfrage zurück.

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Ein Unternehmer aus Dortmund teilte mit, dass sein Werbe-Anhänger, der auch zu Transportzwecken geeignet war, zu dem Zeitpunkt an einen Kunden vermietet gewesen sei, der den Anhänger an der Konrad-Adenauer-Straße abgestellt habe. Der Anhänger war einige Tage später wieder weg.

Ein zweiter Unternehmer aus Lünen meldete sich telefonisch zurück und zeigte sich wenig begeistert von der Recherche dieser Redaktion. Sein Argument: Die heimischen Betriebe würden in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten Tausende Euro an Gewerbesteuer zahlen - da sei die Forderung nach Zahlung einer Sondernutzungsgebühr und die Berichterstattung hierüber „ein Schlag in die Fresse.“ Weiter beteuerte der Unternehmer, dass er seinen Anhänger „nicht länger als zehn Tage an derselben Stelle stehen“ lasse.

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Am 18. Dezember, also einen Tag nach der ersten Berichterstattung dieser Redaktion, habe er seinen Anhänger wegbewegen wollen, so der Unternehmer weiter. Doch das ging nicht. Der Kabelbaum des Anhängers sei durchtrennt und die Plane mit Graffiti beschmiert gewesen. „Jetzt habe ich dreistellige Reparaturkosten“, so der Unternehmer, der den Schaden nach eigenen Angaben aber aufgrund mangelnder Aussicht auf Fahndungserfolg nicht zur Anzeige brachte.

Auch dieser Werbeanhänger wurde offensichtlich von Vandalen mit Graffiti besprüht. Es ist einer von mindestens zwei Fällen an der Konrad-Adenauer-Straße.

Auch dieser Werbeanhänger wurde offensichtlich von Vandalen mit Graffiti besprüht. Es ist einer von mindestens zwei Fällen an der Konrad-Adenauer-Straße. © Landsiedel

Wann genau der Schaden entstanden sei, konnte der Unternehmer nicht sagen - wollte einen Zusammenhang mit der Berichterstattung dieser Zeitung aber nicht ausschließen. Hierzu sei gesagt: Ein Foto, das am 9. Dezember aufgenommen und auch im Zuge der ersten Berichterstattung veröffentlicht wurde, zeigt, dass der entsprechende Anhänger zu diesem Zeitpunkt bereits mit einem schwarzen Graffiti beschmiert war.

Ein dritter Unternehmer aus Lünen, dessen Anhänger aus zwei Werbewänden besteht und keinen Transportzwecken dient, erklärte per Mail: „Unsere Fahrzeuge (...) stehen in der Regel nicht im öffentlichen Raum. Kurzfristig hatten wir für einen Anhänger auf unseren eigenen Grundstücken keine Verwendung und mussten diesen in der Nähe zwischenparken und haben diesen deshalb kurzzeitig an der Konrad-Adenauer-Straße postiert.“ Die Krux: Der Anhänger steht auch heute, Ende Januar, noch an derselben Stelle. Und das mindestens seit dem 9. Dezember. Von „kurzzeitigem“ Parken kann also kaum die Rede sein.

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Auch dieser Unternehmer führte an, dass man im Corona-Jahr 2020 eine Steuerlast von 500.000 Euro gezahlt habe und die acht Firmen-Stellplätze in der Lüner Innenstadt täglich von privaten Fremdparkern zugestellt würden. „Mein persönliches Unrechtsbewusstsein (...) hält sich daher in Grenzen“, so der Mann.

So sehen die Knöllchen des Lüner Ordnungsamtes aus. 20 Euro kostet es, wenn ein Anhänger länger als 14 Tage abgekoppelt auf einem öffentlichen Parkplatz steht.

So sehen die Knöllchen des Lüner Ordnungsamtes aus. 20 Euro kostet es, wenn ein Anhänger länger als 14 Tage abgekoppelt auf einem öffentlichen Parkplatz steht. © Landsiedel

Das sagt die Stadt Lünen:

„Die Kolleginnen und Kollegen des Ordnungsamtes haben die Situation täglich im Blick und notieren sich zum Beispiel die Ventilstände. Sollte ein Anhänger länger als 14 Tage unverändert dort stehen, wird sofort ein Ordnungsgeld verhängt“, erklärte Stadt-Pressesprecher Daniel Claeßen auf Anfrage. Dies ist in Einzelfällen auch bereits geschehen. Bilder vom 5. Januar zeigen, dass mindestens einer der Anhänger an der Konrad-Adenauer-Straße mit einem „Knöllchen“ versehen wurde.

Komplizierter ist hingegen der Sachverhalt bei den Pkw mit Werbeaufdruck. So ist etwa zu beobachten, dass eine Lüner Firma seit mindestens dem 9. Dezember für alle Vorbeifahrenden gut sichtbar den ersten und den letzten Parkplatz auf dem Standstreifen in Fahrtrichtung Lippebrücke blockiert - mit wechselnden Pkw. Hier und in anderen Fällen dauere die Prüfung des Sachverhaltes durch das Ordnungsamt an, so Stadtsprecher Daniel Claeßen.