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Dürfen die das? Werbefahrzeuge blockieren Parkplätze in Lünen
Parkplatzmangel
Es ist ein Ärgernis für viele Pendler: Anhänger und Werbefahrzeuge blockieren regelmäßig Parkplätze an der Konrad-Adenauer-Straße in Lünen. Wir haben nachgefragt: Ist das überhaupt rechtens?
Die Konrad-Adenauer-Straße in Lünen ist nicht nur viel befahren, sondern auch äußerst beliebt bei Pendlern. Denn zwischen dem Lippebad und der Lippebrücke gibt es auf beiden Seiten der Hauptstraße Standstreifen, auf denen kostenfreie Parkplätze zur Verfügung stehen - ohne Zeitbegrenzung.
Eine Rarität in der Lippestadt, darf man auf den meisten öffentlichen Stellflächen mit Parkscheibe doch nur zwei Stunden lang kostenfrei parken. Wenn überhaupt.
Besonders ärgerlich ist es da für Parkplatzsuchende, wenn manche der wertvollen Stellplätze scheinbar für Werbezwecke zweckentfremdet werden. Eine Stichprobe am 9. Dezember ergab: Gleich sieben Werbevehikel standen gleichzeitig am Straßenrand.

Dieser Anhänger, der an der Konrad-Adenauer-Straße stand, ist im Gegensatz zu manch anderem Exemplar für Transportzwecke geeignet. © Goldstein
Bei dreien handelte es sich um Pkw mit großflächiger Werbe-Beklebung auf der Karosserie samt zusätzlichen Werbeflächen auf Dachgepäckträgern. Hinzu kamen vier alleinstehende Anhänger, ebenfalls gespickt mit Werbung.
Verkehrsexperte erklärt die Situation
Die große Frage, die sich Beobachter und verzweifelte Parkplatzsuchende stellen: Ist es überhaupt rechtmäßig, dass die Fahrzeuge dort am Straßenrand stehen und Parkplätze blockieren? „Ja, in den meisten Fällen schon - zumindest für einen gewissen Zeitraum“, sagt Georg Grotefels. Der Anwalt aus Cappenberg ist Experte für Verkehrsrecht und hat uns die Situation erklärt.
Das Wichtigste zuerst: Private Fahrzeuge, zum Beispiel Autos ohne Werbeaufdruck, dürfen auf den öffentlichen Stellflächen theoretisch so lange geparkt werden, wie man möchte. Voraussetzung ist, dass das Gefährt zugelassen und verkehrssicher ist. „Einen Monat, nachdem der TÜV abgelaufen ist, müsste das Fahrzeug weg“, so Grotefels.

Die Firma, der dieser Anhänger gehört, hat überhaupt keinen Sitz in Lünen - sondern in Dortmund. © Goldstein
Diese Regel gelte im Prinzip auch für Pkw, die eine Werbe-Aufschrift tragen. Ebenso für Anhänger, die an ein parkendes Auto gekoppelt sind. „Hängt ein Anhänger am Auto, darf er dort ewig stehen“, so Grotefels.
Wird ein Anhänger hingegen alleine geparkt - so wie in den vier beobachteten Fällen an der Konrad-Adenauer-Straße - dürfen diese Anhänger laut Straßenverkehrsordnung (StVO §12 3b) maximal 14 Tage an Ort und Stelle stehen bleiben. Dies gelte prinzipiell auch für Anhänger, die eine Werbeaufschrift tragen, so Grotefels.
Mehrere Faktoren entscheiden über Sondernutzung
Dennoch, so macht es ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster vom September 2020 klar, kommt es jeweils auf den Einzelfall an. Denn das Abstellen eines Werbefahrzeugs kann in gewissen Fällen den Gemeingebrauch einer Straße überschreiten und stellt dann eine Sondernutzung dar. „Dafür kann die jeweilige Stadt eine Gebühr erheben. Oder aber sie kann die Sondernutzung untersagen“, so Grotefels.

Dieser Anhänger an der Konrad-Adenauer-Straße ist so gebaut, dass er nicht für Transportzwecke zu gebrauchen ist. © Goldstein
Doch wann liegt eine Sondernutzung vor? Das hängt laut OVG-Urteil von mehreren Faktoren ab. Hierzu zählen etwa:
- die Bauart des Fahrzeugs (ist z.B. ein Anhänger für Transportzwecke geeignet?)
- die Wahl des Abstellungsortes (z.B. an einer viel befahrenen Straße, auf einer Brücke über einer Autobahn)
- die Ausrichtung zur Straße (längs oder quer zur Fahrbahn)
- die Entfernung zu Wohnung oder Betriebssitz des Halters
- die konkrete Dauer der Aufstellung
- die Gestaltung der Werbebeschriftung (z.B. auffällige Dachaufbauten auf Pkw)
Zumindest bei einem Anhänger, der am 9. Dezember an der Konrad-Adenauer-Straße stand, kann man demnach von einer Sondernutzung ausgehen. Denn der Anhänger besteht lediglich aus zwei Werbeflächen, ist für Transportzwecke somit ungeeignet. „Ein Anhänger mit Werbetafeln erfüllt definitiv keinen anderen Zweck“, sagt auch Georg Grotefels.
Und auch bei den anderen Fahrzeugen liegt ein begründeter Verdacht einer Sondernutzung vor, zieht man die genannten Faktoren des OVG Münster hinzu. So verfügen etwa alle drei Pkw über Dachaufbauten, die ebenfalls als Werbefläche dienen. Zudem befinden sich die Firmensitze der betroffenen Pkw in rund drei Kilometer Entfernung.

Während das Fahrzeug im Vordergrund spezielle Werbetafeln auf dem Dachgepäckträger montiert hat, hat das Werbefahrzeug im Hintergrund eine Dachbox installiert, die ebenfalls mit Werbung bedruckt ist. Das ergibt sogar Sinn: Denn die Firma vermietet eben diese Dachboxen. © Goldstein
Letzteres könnte in Teilen auch für die drei abgestellten Anhänger gelten, obwohl die Bauweise das Kriterium als mögliches Transport-Fahrzeug erfüllt. Während die Anhänger eines Versicherers (ca. 850 Meter Entfernung) und einer Immobilienfirma (ca. 700 Meter) noch relativ nahe an den Büroräumen stehen, verfügt ein Händler für Haustüren und Fenster, der ebenfalls einen Anhänger an der Konrad-Adenauer-Straße geparkt hat, über gar keine Anschrift in Lünen. Die nächste Verkaufsstelle der Firma sitzt in Dortmund.
Nicht auszuschließen also, dass in mehreren der beschriebenen Fälle an der Konrad-Adenauer-Straße eine Art der Sondernutzung vorliegt. Ob auch die Stadt Lünen das so sieht, ist noch offen.
Auf eine erste Anfrage teilte die Verwaltung bislang mit: „Wenn wir vermuten, dass ein Anhänger lediglich für Werbezwecke genutzt wird (...) dann leiten wir ein Verfahren ein. Denn dafür wäre eine Sondernutzung erforderlich. Beschwerden zu dem Thema liegen uns bislang aber nicht vor.“ Steht ein Anhänger abgekoppelt und länger als 14 Tage am Straßenrand, droht in Lünen übrigens ein Verwarngeld von 20 Euro.
2014 als Praktikant in der Sportredaktion erstmals für Lensing Media aufgelaufen – und als Redaktionsassistent Spielpraxis gesammelt. Im Oktober 2017 ablösefrei ins Volontariat gewechselt und im Anschluss als Stammspieler in die Mantel-Redaktion transferiert. 2021 dann das Comeback im Sport, bespielt hauptsächlich den Kreis Unna.
