Mobile Luftfilter, wie auf diesem Symbolbild aus dein IGS in Lehrte, werden auch von Bund und Ländern gefördert. In Lünen sind bislang keine Gelder beantragt worden.

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Kritik und Vorschläge: So stehen Lüner Parteien zu Luftfiltern in Schulen

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Die Diskussion um Luftfilter in Schulen geht auch in der Politik weiter. Manche Parteien werfen Stadt und ZGL fehlende Transparenz vor. Es gibt auch, teils neue, Lösungsvorschläge.

Lünen

, 16.10.2021, 07:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Wie die Temperaturen in Lüner Klassenzimmern auch im Winter auf erträglichem Niveau gehalten werden können, bleibt heiß diskutiert. Die Stadtschulpflegschaft fordert von der Lüner Verwaltung als Schulträger, Schulen sofort mit mobilen Luftfilteranlagen oder sogenannten Low-Cost-Abluftanlagen auszustatten. Dafür gibt es Zustimmung aus Teilen der Politik, aber auch andere Vorschläge, um Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte möglichst warme und infektionsarme Voraussetzungen im Klassenzimmer zu ermöglichen. Dazu gehört auch Kritik an der Entscheidung der Stadt, bislang keine Fördermittel aus Landes- und Bundestöpfen abzurufen. Dabei stützt sich die Verwaltung auf die Ergebnisse eines Gutachtens durch die ZGL, dass der Politik allerdings bislang nicht vorliegt, Stand 14. Oktober.

FDP verlangt Einsicht in Gutachten

Auf diese Sachlage beruft sich auch und vor allem die FDP. „Während die Presse vor Ort schon aus dem Gutachten zitiert, wartet die Politik noch immer auf die Übersendung. Der Bürgermeister und die ZGL untergraben damit den Rat der Stadt Lünen und seine gewählten Mitglieder. Die FDP-Fraktion versucht seit Wochen, ähnlich wie die Stadtschulpflegschaft, das von der Verwaltung zitierte Gutachten zugesandt zu bekommen“, so Pascal Rohrbach, Ratsmitglied und bildungspolitischer Sprecher der Liberalen in Lünen. Angefragt habe die FDP das Gutachten - dessen Aussagekraft nach Einschätzung unserer Redaktion fraglich ist - in der Ratssitzung am 16. September. Auch mehrere Nachfragen führten bislang nicht dazu, dass die Partei Einsicht erhalten hat. „Es empört uns daher, dass das Gutachten nun zuerst an die Ruhr Nachrichten verschickt wurde.“

Für weitere Schritte sei es aus Sicht der Liberalen wichtig, das Gutachten übermittelt zu bekommen, um sich ein eigenes Bild über die Bewertung der Klassenräume machen zu können, erklärt Rohrbach auf Nachfrage. „Auf die Aussagen der Verwaltung können und wollen wir uns nach all dem nicht mehr verlassen.“

Außerdem ergäben sich durch die Ausweitung des Landesprogramms einige Räume, die förderfähig sein könnten. „Fakt ist, dass wir nicht einfach ohne Lösung in die kalte Jahreszeit gehen können.“

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GFL fordert günstige Abluftanlagen

Laut GFL-Fraktion gehen „die Aussagen der Verwaltungsspitze im Rat und des städtischen Pressesprechers aktuell am Thema vorbei.“ Es gehe im Kern um die Frage, wie angemessene Lernbedingungen für Schülerinnen und Schüler geschaffen werden könnten, die bisher über keine eingebaute Abluftanlage verfügen. Das Gutachten der Stadt liefere dazu keine brauchbaren Antworten, dass sei auch in Ratssitzung im September schon klar geworden, weshalb die Fraktion es auch nicht angefordert habe.

Laut Expertise der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) sollte die Raumtemperatur in Klassenräumen 20 Grad nicht unterschreiten, erläutert GFL-Fraktionschef Prof. Johannes Hofnagel. „Bei den von der Stadt präferierten 20-minütigen Intervalllüftungen ist die Vorgabe des DGUV nicht hinreichend haltbar.“ Es liege auf der Hand, das technisch aufgerüstet werden müsse. Die beste Lösung dafür seien „Low-Cost-Abluftanlagen“, weil schnell zu installieren und kostengünstig. Eine Variante des Max-Planck-Instituts (Mainz) habe sich bereits in rund 500 Räumen in Rheinland-Pfälzer Schulen bewährt. Nach Angaben der Forscher entfernen sie 90 Prozent der infektiösen Aerosole aus der Raumluft.

Es werde deutlich, so Hofnagel, „dass sich die Stadtspitze leider keine ausreichenden Gedanken gemacht hat, wie Schüler:innen im zweiten Corona-Winter akzeptable Lernbedingungen in allen Schulklassen vorfinden.“

Die GFL unterstützt den Antrag der Stadtschulpflegschaft, über den am 28. Oktober im Schulausschuss entschieden werden soll.

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SPD: Bund und Land müssen bei Förderung nachbessern

Die SPD erwarte von der Verwaltung, alles Mögliche zu tun, „um die Schülerinnen und Schüler wie auch das Lehrpersonal möglichst umfassend vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen“, antwortet Fraktions-Chef Rüdiger Billeb auf Anfrage. Dazu könnten laut öffentlichen Verlautbarungen Luftfilteranlagen einen Beitrag leisten. Die SPD stehe der Installation „positiv gegenüber“. Erwartungen habe man aber auch an Bund und Land. „Was nutzen den Kommunen volle Fördertöpfe, wenn die Förderrichtlinien derart gestaltet sind, dass eine Erfüllung der Förderkriterien schlichtweg kaum realistisch erscheint.“

Kreativ und flexibel sein müssten Schulen aber so oder so sein. Denn Luftfilter würden das notwendige Lüften von Klassenräumen nicht ersetzen. Pausen zum aufheizen auf ein „erträgliches Niveau“ müssten nach jedem Lüften vorgesehen werden. Ob das organisatorisch oder pädagogisch sinnvoll sei, wollte Billeb sich nicht anmaßen zu beurteilen.

Das Gutachten der ZGL liegt der SPD bislang nicht vor, die Anfrage erging in der Ratssitzung am 16. September.

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CDU: Zwiespalt zwischen Kosten und Notwendigkeit

„Persönlich halte ich es für durchaus sinnvoll, Luftfilter in Schulen zu installieren“, sagt Tobias Ortmann, Schulpolitischer Sprecher der CDU, der selbst Lehrer ist. Gleichzeitig sei es schwierig, Luftfilter für alle Schulen in Lünen anzuschaffen und einzubauen. Und selbst wenn die Finanzen und Lieferung keine Rolle spielen, „habe ich nur begrenzt Vertrauen, dass alle dann auch bis Dezember von der ZGL installiert werden können.“

Ein kurzfristiger Lösungsansatz, den auch die Stadtschulpflegschaft macht: „Man könnte sich die ungenutzten Luftfilter aus Bönen ausleihen und ausprobieren.“ 13 der Geräte stehen in der Nachbarstadt in einem Abstellraum, weil die Geräusche als störend empfunden worden seien.

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„Ich finde es persönlich sehr schade, dass die Stadt der Einschätzung der Schulen nicht gefolgt ist und Geräte für Lünen beantragt hat.“ Es sei nicht berücksichtigt worden, dass Fenster in Inklusionsklassen nicht geöffnet werden dürften, das betreffe nicht nur die Osterfeldschule. Gleiches gelte für Klassenräume vor deren Fenster Baustellen seien. In Teilen der Gebäude von Gymnasium und Realschule Altlünen sei das der Fall, wegen des Neubaus der Realschule direkt nebenan. Lüften sei dort wegen des Baulärms kaum möglich.

„Es ist natürlich immer auch eine Kostenfrage. Deshalb bin ich zwiegespalten“, so Ortmann. Und schließlich stünde auch noch die Maskenpflicht, bzw. dessen möglicher Wegfall nach den Herbstferien im Raum. Schlussendlich sei aber alles besser als Homeschooling.

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Grüne: „Wir brauchen eine praktikable Lösung“

Ute Brettner (Grüne), sieht Luftfilteranlagen mit Filtergewebe wegen des Geräuschpegels, der notwendigen Reinigung und den Anschaffungskosten eher kritisch. Den Sauerstoff bekomme man damit auch nicht in den Raum. Die zwei wichtigsten Punkte der Ratsfrau, die die Grünen auch im Schulausschuss vertritt, sind andere: Für Luftfilter in Schulen sei es in Lünen eigentlich im Schulausschuss schon zu spät gewesen und die Diskussion auch sehr emotional geführt worden. „Davon möchte ich eigentlich weg. Wir brauchen eine praktikable Lösung. Das müssen wir offen und sachlich diskutieren.“ Für Brettner wäre es schon gut, wenn „wir wenigstens CO2-Ampeln und ein Thermometer in jeder Klasse hätten. Davon sind wir weit entfernt.“

Um die Temperatur im Klassenzimmer nach dem Lüften schneller wieder nach oben zu bekommen, könnte die Vorlauftemperatur der Heizungen in Schulen erhöht werden. Ob das so überhaupt möglich ist, möchte Brettner mit der ZGL besprechen.

Das auch den Grünen das Gutachten nicht vorliegt, sei ärgerlich. „Das ist keine gute Kommunikation. Die ZGL macht vieles sehr gut, aber da passt etwas nicht“, sagt Brettner.

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