In über acht Jahren feierte Timo Ostdorf (36) sowohl als Spieler wie auch als Coach Erfolge mit dem TuS Haltern am See. Im Oktober wurde er als Trainer des Westfalenligisten entlassen. Nun äußert er sich erstmals zu seinem Aus.
Herr Ostdorf, dass Sie den TuS verlassen mussten, ist nun schon einige Wochen her. Konnten Sie Ihr Aus schnell verarbeiten oder brauchten Sie etwas Zeit?
Mit der Entscheidung muss man erst mal leben können, dafür habe ich Zeit gebraucht. Dann fing die Selbstreflexion an. Ich bin ein junger Trainer, muss noch viel lernen. Ich glaube, es gehört zu so einer Entwicklung, auch mit so einer Entscheidung umgehen zu müssen. Das war meine erste Entlassung, deshalb brauchte ich etwas Zeit. Ich war immerhin fast achteinhalb Jahre im Verein. Auf wie neben dem Platz habe ich, glaube ich, alles erlebt, was man erleben kann.
Würden Sie im Nachhinein etwas anders machen?
Vielleicht war ich an der ein oder anderen Stelle zu lieb als Trainer. Alles in allem würde ich aber nicht viel anders machen. Das heißt nicht, dass ich nichts falsch gemacht habe. Wenn die Ergebnisse nicht stimmen, gibt es immer Fehler auf allen Ebenen, die gemacht wurden. Es fällt aber in erster Linie immer auf den Trainer zurück, was legitim ist.

Sie arbeiteten unter erschwerten Bedingungen. Dass der TuS kein allzu hohes Budget mehr zur Verfügung hat, ist kein Geheimnis.
Aufgrund des Budgets waren wir in der Kaderplanung relativ eingeschränkt. Das war von vornherein aber auch klar und das war für mich nie eine Ausrede und ist es auch heute nicht. Ich war für die Zusammenstellung der Mannschaft verantwortlich und habe den Jungs auch zum Schluss gesagt, dass sie bis zum Sommer meine Mannschaft bleiben werden. Ich habe dem Team mit auf den Weg gegeben, dass sie sich bitte weiter den Hintern aufreißen und beweisen sollen, dass sie die Qualität haben.
Der Zeitpunkt Ihrer Entlassung kam ein wenig überraschend, Ihr Team hatte gerade ein 0:3 in ein 4:3 gegen Deuten umgewandelt, aber dann noch den Ausgleich kassiert. Hatten Sie zu diesem Zeitpunkt mit einer Entlassung gerechnet?
Zu dem Zeitpunkt, ehrlich gesagt, nicht. Wir haben ganz unglücklich nicht gewonnen, aber gezeigt, dass die Mannschaft intakt ist und die Qualität besitzt. Was ihr gefehlt hat, war ein Erfolgserlebnis. An dem Sonntag fühlte es sich nicht wie eines an, aber danach kam schon der Gedanke: Wir haben ein 0:3 umgebogen und dann nur durch einen individuellen Fehler noch das 4:4 kassiert.
Unter Neu-Trainer Lukas Große-Puppendahl hat sich der TuS wieder stabilisiert und ein kleines Polster auf die Abstiegsränge erarbeitet. Was überwiegt: Die Freude, dass „Ihre“ Jungs den Turnaround geschafft haben oder der Frust, dass er nicht mehr mit Ihnen passiert ist?
Die Freude, dass die Jungs mit „Puppi“ und dem Rest des Trainerteams gezeigt haben, dass sie absolut konkurrenzfähig sind. Das erste Ergebnis nach meiner Entlassung (3:2-Sieg TuS Hiltrup, Anm. d. Red.) hat mich besonders gefreut. Das Spiel habe ich am Flughafen in Palma verfolgt und erst mal ein Bier auf die Jungs aufgemacht. Mir geht’s darum, dass ich einen Kader zusammenstellen konnte, der trotz wenig Budget westfalenliga-tauglich ist. Die Jungs haben es verdient, sie haben immer hart gearbeitet – da überwiegt die Freude und nicht der Frust. Es geht primär um den Verein und die Jungs, nicht um mich.

Sie haben intensive Jahre beim TuS Haltern erlebt. Was bleibt am meisten hängen?
Natürlich immer zuerst die Erfolge: Angefangen beim direkten Wiederaufstieg mit der B-Jugend. Dann kommen die emotionalen Partien als Spieler wie die Aufstiege mit Sven Hozjak und später mit Magnus Niemöller – das ist das, was überwiegt. Genauso wie der U19-Aufstieg und der Kreispokalsieg, aber auch das Westfalenligajahr mit der U19, obwohl wir wieder abgestiegen sind. Das war ein sehr lehrreiches Jahr. In erster Linie bleiben die Erfolge, die ich mit den Jungs am Brunnen in der Halterner Innenstadt gefeiert habe. Am meisten gelernt habe ich aber natürlich, wenn es nicht so gut lief.
Innerhalb des Vereins lief nicht alles immer ganz ruhig ab. Hatten Sie zwischenzeitlich mal darüber nachgedacht, von sich aus aufzuhören?
Ich habe gemerkt, dass ich müde werde. Gerade in den letzten zwei, drei Jahren musste ich mich um viele Sachen kümmern, ohne es jemandem vorwerfen zu wollen. Der Verein wurde mit gewissen Dingen einfach überrumpelt. Da haben Leute ihr Herzblut investiert, konnten aber nicht alles alleine stemmen. Dann ist viel an mir hängengeblieben, was ich aber gerne gemacht habe. Das hat allerdings viel Kraft gekostet, deswegen hatte ich auch schon gesagt, dass ich im Sommer aufhöre. In meinen Jahren als Trainer habe ich über 250 Spielergespräche geführt. Für mich war klar, dass ich im Sommer eine Veränderung brauche. Hinzuwerfen war aber nie eine Option.
Was glauben Sie: Warum hat es am Ende nicht mehr gereicht?
Das ist schwer zu sagen. Die Vorbereitung war nicht optimal, wir hatten viele Urlauber und nicht den größten Kader. Beim Turnier der Spvgg. Erkenschwick hatten wir beispielsweise 13 Mann. Wenn bei der Spvgg. fünf im Urlaub sind, kannst du das Training vernünftig durchziehen. Beim TuS wurde es dann schwierig. Nach der Vorbereitung kamen dann viele Punkte zusammen, sodass es im Kopf zu negativ war. Was aber menschlich ist: Wir hatten eine Durststrecke, zudem viele junge Spieler und viele waren auch schon beim Abstieg dabei. Die sind natürlich auch nicht total euphorisch und selbstbewusst gestartet.

Sie spielen nun bei Titania Erkenschwick in der Kreisliga. Sehen wir Sie zukünftig auch wieder als Trainer an der Seitenlinie?
Da gehe ich von aus. Ich hatte schon verschiedene Anfragen, von der Kreisliga bis hin zu losen Anfragen aus der Oberliga. Es gab auch Gespräche mit einem Frauen-Regionalligisten. Ich konnte aber nicht einfach direkt wieder irgendwo anfangen, ich musste erst mal Kraft tanken. Deswegen habe ich für mich beschlossen, bis zum Winter definitiv nichts zu machen. Was nächstes Jahr passiert, wird sich zeigen. Ich mache mir da keinen Stress und habe erst mal Spaß, zum Training und Spiel zu fahren, ohne mir Gedanken darüber zu machen, wie viele kommen, und den Gegner vorher analysieren zu müssen.
Was reizt Sie sportlich in nächster Zeit? Würden Sie auch als Trainer in die unteren Ligen gehen, nachdem Sie zuletzt in der Bezirks- und dann in der Ober- und Westfalenliga aktiv waren?
Mich reizen Vereine, die eine feste Struktur haben, wo ich mich aufs Trainerdasein konzentrieren kann. Wo ich einfach mal nur Trainer sein kann. Feste Strukturen sind mir wichtiger als die Ligazugehörigkeit. Dass aus dem Frauenfußball mal jemand auf mich zukommen würde, hätte ich nicht gedacht. Ich hatte mich damit auch beschäftigt, aber es hatte sich nicht ergeben, weil sie direkt jemanden brauchten. Ich kenne mich im Frauenfußball noch nicht so gut aus, deswegen wäre eine Vorbereitung mit dem Verein und der Mannschaft schon wichtig.
Am Wochenende treffen Ihre Ex-Vereine TuS Haltern und Spvgg. Erkenschwick aufeinander. Zeitgleich tritt Titania Erkenschwick beim SV Bossendorf an. Werden Sie selbst spielen oder doch einen Kilometer weiter als Zuschauer vor Ort sein?
Ich bin in Bossendorf und werde spielen.
Wer gewinnt das Westfalenliga-Derby?
Ich tippe auf ein 2:1 für Haltern.
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