Dem gebürtigen und in Heek wohnhaften Niederländer Patrick van den Dungen (r.) wurde in der Praxis im Ahauser Kreishaus die Booster-Impfung von Arzt Christian Kowatsch verweigert. Dafür gab es Gründe.

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Verweigerte Booster-Impfung löst hitzigen Disput in Arztpraxis aus

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Der gebürtige Niederländer Patrick van den Dungen wohnt seit acht Jahren in Heek. Der gewünschte Booster-Piks wurde ihm in einer Ahauser Arztpraxis verweigert. Das löste einen Disput aus.

Heek, Ahaus

, 14.02.2022, 14:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Es ist ein früher Nachmittag Anfang Februar. Arzt Christian Kowatsch hat in der Praxis im Ahauser Kreishaus (s)eine ganz normale Sprechstunde. Unvermittelt klopft es an der Tür. Eine medizinische Fachangestellte (MFA) bittet den Arzt um Hilfe am Empfang. Eindringlich.

So schildert Christian Kowatsch im Gespräch mit der Redaktion die Szenerie in der Praxis, ehe es „richtig ungemütlich“ geworden sei. Am Empfangstresen steht Patrick van den Dungen, gebürtiger Niederländer und nach eigenen Angaben seit acht Jahren wohnhaft in Heek.

Heeker fühlt sich diskriminiert

„Ich wollte nur meine Booster-Impfung haben. Schließlich will ich mich und andere schützen“, erzählt der Heeker unserer Redaktion. Doch den Piks habe man ihm verweigert. Nach seinen Aussagen sei die MFA unhöflich geworden und habe ihn resolut abgewiesen. „Da habe ich mich diskriminiert gefühlt.“

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Doch kann das wirklich sein? Und wenn ja, warum gab es keine Booster-Impfung? Dass der Wahl-Heeker abgewiesen wurde in der Praxis, daraus macht Christian Kowatsch keinen Hehl. Ihm zur Seite springt Dr. Akin Yilmaz-Neuhaus. Er leitet die Praxis im Kreishaus.

Viele Niederländer haben zuletzt versucht, ihren dritten Corona-Piks in Deutschland zu bekommen. Das ist jedoch nur unter bestimmten Bedingungen möglich.

Viele Niederländer haben zuletzt versucht, ihren dritten Corona-Piks in Deutschland zu bekommen. Das ist jedoch nur unter bestimmten Bedingungen möglich. © picture alliance/dpa

„Wir durften ihn nicht impfen. Wir haben da auch überhaupt keinen Spielraum. Es gibt eine Corona-Impfverordnung und es geht um die Haftbarkeit“, macht Akin Yilmaz-Neuhaus unmissverständlich klar. Das Praxis-Team habe genau so gehandelt, wie es notwendig gewesen sei.

Zur Erklärung: Niederländische Staatsbürger können in Deutschland eine Booster-Impfung bekommen, wenn sie hier wohnen, arbeiten oder krankenversichert sind. In jedem der drei Fälle ist ein entsprechender Nachweis nötig. So soll Impftourismus aus dem Nachbarland vermeiden werden.

Ansturm auf Booster-Impfungen

Zuletzt kam es in den grenznahen Regionen zu einem regelrechten Ansturm der Niederländer auf Booster-Impfungen in Deutschland. Grund dafür ist die Alters­priorisierung im Nachbarland. Junge Menschen müssen dort deutlich länger auf ihren dritten Piks warten.

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So weit so gut. Und warum kam es in der Praxis im Kreishaus dann zum Disput? „Weil der Herr keinen deutschen Pass, dafür aber eine niederländische Krankenversicherungskarte hatte und uns nicht sagen wollte, wo er wohnt“, so Christian Kowatsch.

Dr. Akin Yilmaz-Neuhaus macht deutlich, dass das Praxis-Team mit der verweigerten Corona-Impfung im besagten Fall alles richtig gemacht habe.

Dr. Akin Yilmaz-Neuhaus macht deutlich, dass das Praxis-Team mit der verweigerten Corona-Impfung im besagten Fall alles richtig gemacht hat. © Anne Winter-Weckenbrock

Patrick van den Dungen stellt die Gemengelage anders dar. Er habe mehrfach gesagt, dass er in Heek wohne. „Einen Beleg hatte ich nicht mit. Aber mein Nachbar war auch da und hat es bezeugt. Das muss doch wohl reichen.“

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Randnotiz: Einfach sagen, man wohne in Deutschland in Ort XY reicht natürlich nicht aus. Als Beleg braucht es etwa einen Einwohnermeldebescheinigung der jeweiligen Kommune. In Heek ist diese zum Beispiel für neun Euro zu bekommen.

Kein konstruktives Gespräch

Kurios: Angesprochen auf diese Schilderung, sagt Arzt Christian Kowatsch: „Als ich nach vorne kam, stand er da ganz alleine. Es war keine andere Person zu sehen. Er hat den Betrieb minutenlang aufgehalten.“ Zudem sei die MFA durch das resolute Auftreten des Mannes verängstigt gewesen.

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Ein konstruktives Gespräch sei nicht zustande gekommen. „Ich habe mich vorgestellt und extra noch mal gefragt, wo er wohne“, blickt Kowatsch zurück. Darauf habe er vom Heeker keine Antwort bekommen.

Arzt Christian Kowatsch hat im Berufsleben schon viel erlebt, wie er sagt. Den Auftritt des Heekers in der Praxis bezeichnet er als „Hausnummer“.

Arzt Christian Kowatsch hat im Berufsleben schon viel erlebt, wie er sagt. Den Auftritt des Heekers in der Praxis bezeichnet er als „Hausnummer“. © Arztpraxis

Er habe auch bei allen Erklärungsversuchen nicht mehr zugehört und sich über weite Strecken abgewandt. „Ich habe bereits viel erlebt im Beruf, aber das war schon eine Hausnummer“, ist Kowatsch noch immer hörbar fassungslos.

Patrick van den Dungen hat die Situation anderes erlebt. „Ich war ganz friedlich, habe kein Theater gemacht. Mir hat da einfach niemand geglaubt, wo ich wohne.“ Dass er sauer darüber ist, keinen Booster-Piks bekommen zu haben, leugnet der Heeker übrigens nicht. Im Gegenteil.

Disput über mehrere Minuten

Einige Minuten, so sagen es beide Seiten, zog sich das Ganze am Empfangstresen. Dann verließ Patrick van den Dungen die Praxis. Offenkundig sichtlich genervt. „Da will man sich impfen lassen und dann so ein Mist. Das kann es doch nicht sein“, stellt er gegenüber der Redaktion klar.

Christian Kowatsch war jedenfalls froh, so sagt er, als der Heeker endlich das Feld geräumt hatte. Wegen Krankheit und Urlaub sei er an diesem Tag als einziger Arzt vor Ort im Einsatz gewesen. „Vor der Tür stauten sich die Patienten. Wir waren froh, als wir endlich normal weitermachen konnten.“

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Dr. Akin Yilmaz-Neuhaus dazu: „Wäre ich da gewesen, hätte ich den Mann schon früher aus der Praxis geschmissen. Wir machen unsere Arbeit und das nach bestem Wissen und Gewissen. Natürlich auch beim Impfen.“

Kein Stammpatient

Was beide Ärzte wundert, ist die Tatsache, dass ihre Praxis nicht die Stammpraxis des Heekers sei. „Ich kannte den Mann vorher gar nicht“, so Christian Kowatsch. Warum Patrick van den Dungen sich nicht in Heek nach einer Booster-Impfung umgesehen hat, ist den beiden Ärzten ein Rätsel.

Für sie hat sich das Thema jetzt aber erledigt. „Wir haben uns nichts vorzuwerfen. Wir haben so gehandelt, wie es notwendig war. Wir können und werden auch niemals eine Ausnahme machen“, so Akin Yilmaz-Neuhaus.

Und Patrick van den Dungen? „Ich werde jetzt versuchen, beim Heeker DRK meine Impfung zu bekommen. Wenn es da auch nicht klappt, dann lasse ich es. Ich habe die Nase echt voll.“

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