
© Stephan Schütze (Archivbild)
Dortmund will Corona-Maßnahmen schon ab Montag verschärfen
Corona-Pandemie
Die Stadt Dortmund will eigene, strengere Maßnahmen zur Eindämmung der steigenden Corona-Infektionszahlen ergreifen. Besonders betroffen sind Schulen und Einzelhandel.
Update: Land stimmt Schulschließungen zu
Am späten Freitagabend (16.4.), gegen 22 Uhr, gab die Stadt bekannt, dass das Land dem Gesamtpaket seine Zustimmung gegeben hat. Die Schulen dürfen damit ab Montag (19.4.) geschlossen bleiben. Alle Infos finden Sie hier.
So hatten wir ursprünglich berichtet:
Die bundesweite Notbremse lässt noch auf sich warten, das Land NRW hat nur die bisherige Corona-Schutzverordnung über den 18. April hinaus verlängert. Deshalb will die Stadt eigene strengere Maßnahmen ergreifen, um die steigenden Corona-Infektionszahlen in den Griff zu bekommen. Ein entsprechender Antrag wurde dem Land vorgelegt, das das letzte Wort hat.
Am Freitagmittag (16.4.) verkündete die Stadtspitze bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz, welche Maßnahmen sie ergreifen will. Dazu gehören ein Stopp der bisherigen Öffnung von Geschäften mit Terminen negativem Corona-Test unter dem Motto „Click und Meet“ ab Montag (19.4.). Auch Museen und andere Kultureinrichtungen sollen wieder schließen.
Wichtigstes Element der neuen „Allgemeinverfügung“: Der Schulunterricht soll in Dortmund auch nach dem 19. April weiterhin auf Distanz stattfinden. Nach dem Willen des Landes soll es bislang zurück in den Wechselunterricht gehen.
Man wisse um die besondere Belastung von Eltern, Kindern und Lehrern, aber auch um die steigende Infektionsgefahr, erklärte Schuldezernentin Daniela Schneckenburger. Deshalb sei es richtig, am Distanzunterricht festzuhalten. Ausnahmen gelten für Abschlussklassen und Förderschulen. Auch eine Notbetreuung soll an den Schulen weiterhin gewährleistet sein.
Eine Schließung der Kitas ist aktuell kein Thema. Es bleibe beim „eingeschränkten Regelbetrieb“ mit der dringenden Bitte an die Eltern, ihre Kinder nicht in die Kita zu schicken.
Grundsätzlich gilt: Das Land muss dem Maßnahmenpaket noch zustimmen. Man habe das zuständige Ministerium schon am Donnerstagabend informiert, berichtete Rechtsdezernent Norbert Dahmen.
Westphal: Stehen am Strand und sehen eine meterhohe Wand sich aufbauen
Im März war die Stadt schon zweimal mit Vorstößen zur Schließung von Schulen und Kitas am Veto des Landes gescheitert. Diesmal sei die Lage anders, zeigte sich Oberbürgermeister Thomas Westphal optimistisch, dass das Ministerium diesmal den Dortmunder Weg mitgeht. „Wir haben diesmal ein ganzes Paket mit einer Gesamtbewertung der Situation vorgelegt“, erklärte er.
Und die Gesamtbewertung der Corona-Lage fällt dramatisch aus. Westphal erinnerte an die bisher höchste Sieben-Tage-Inzidenz Anfang November als Höhepunkt der zweiten Infektionswelle.
„Bei allem, was wir jetzt in Dortmund sehen, gehen wir davon aus, dass die dritte Welle deutlich höher sein wird und möglicherweise auch länger“, sagte der OB. „Wir sind am Strand und sehen draußen auf dem Meer eine meterhohe Wand sich aufbauen.“
Stadt Dortmund kritisiert „Notbremse light“
Grundlage für die Entscheidung der Stadt sei, dass die Änderung des Bundesinfektionsschutz-Gesetzes durch den Bund noch auf sich warten lasse und die Überzeugung, dass man mit der „Notbremse light“ des Landes die Welle nicht brechen könne. Dortmund habe sich für die „Notbremse plus“ entschieden, sagte Westphal.
Wie dramatisch die Corona-Lage ist, machte Gesundheitsdezernentin Birgit Zoerner mit Blick auf die aktuellen Zahlen deutlich. Bis Freitagvormittag um halb 12 habe man bereits 140 neue Infektionsfälle gemeldet bekommen. „In den letzten drei Tagen hatten wir durchschnittlich 207 Infektionsfälle“, erklärte Birgit Zoerner. Um eine Inzidenz von 200 zu erreichen, reichten 177 Fälle pro Tag. „Wir werden wohl am Wochenende die 200er Marke reißen“, prophezeite auch Rechtsdezernent Norbert Dahmen.
Sorgen bereiten den Verantwortlichen der Stadt aber nicht nur die steigenden Infektionszahlen. „Wir gucken nicht nur auf die Inzidenzzahl, sondern zum Beispiel auch auf die Dynamik dahinter“, erklärte Birgit Zoerner. Dabei sehe man, dass die jüngeren Altersgruppen eine immer größere Rolle spielten. Das habe viel mit der Virusmutation zu tun.
Immer jüngere Patienten auf Intensivstationen
Zugleich gebe es immer häufiger schwere Verläufe, die Situation in den Krankenhäusern spitze sich zu - auch hier mit immer mehr jungen Patienten. „Die jüngste Intensivpatientin, die beatmet wird, ist 29 Jahre alt“, sagte die Dezernentin, die auch Leiterin des städtischen Krisenstabs ist.
„Wir sehen eine kritische Steigerung“, beschrieb sie die Lage in den Krankenhäusern. Eine Konsequenz: Man habe die Krankenhaus-Notversorgung in Dortmund auf Rot gestellt. Das heiße nicht, dass die Situation schon unbeherrschbar wäre, aber dass man reagieren müsse.
Mit Spannung wartet man deshalb auf die Entscheidung des Landes insbesondere zum Verzicht auf die Schulöffnungen. Man wisse, dass das Land selbst überlege, eine automatische Notbremse bei einer Inzidenz von 200 für den Präsenzunterricht vorzusehen. Mit dem Dortmunder Vorschlag sei man damit „knapp vor der Lage“ und könne die Dortmunder Eltern jetzt schon informieren, wie es am Montag weitergehen soll.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
