Mit der AfD diskutieren? Die Experten in unserem Live-Talk sagen ja

„Wir müssen reden“

Sollte man mit einer AfD in die politische Auseinandersetzung gehen, in der es immer wieder rechtsradikale Ausfälle gibt? Ja, sagten die Teilnehmenden des Live-Talks „Wir müssen reden“.

Dortmund

, 12.08.2021, 21:19 Uhr / Lesedauer: 2 min
Redakteur Ulrich Breulmann (oben r.) im Video-Gespräch mit Franziska Schreiber (oben l.), Wigbert Löer (unten l.) und Prof. Dr. Werner J. Patzelt.

Redakteur Ulrich Breulmann (oben r.) im Video-Gespräch mit Franziska Schreiber (oben l.), Wigbert Löer (unten l.) und Prof. Dr. Werner J. Patzelt. © Stephan Schütze

Der Fall um den Dortmunder AfD-Bundestagskandidaten Matthias Helferich und seine rechtsextremen Äußerungen hat bundesweit Wellen geschlagen. Er hat den Wahlkampf in Dortmund direkt beeinflusst.

Kurz nachdem die Aussagen bekannt wurden sagten die anderen Parteien in Dortmund die Teilnahme an Podiumsdiskussionen ab, bei denen auch ein Vertreter der AfD eingeladen war.

AfD-Aussteigerin, Investigativ-Journalist und Politikwissenschaftler diskutieren

Ist das der richtige Umgang mit der Partei, in der radikale rechte Positionen immer weiter an Einfluss gewinnen? Darüber haben die AfD-Aussteigerin Franziska Schreiber, der Journalist Wigbert Löer - der die Helferich-Affäre mit aufgedeckt hatte - sowie der Dresdener Politikwissenschaftler Prof. Dr. Werner J. Patzelt mit Redakteur Ulrich Breulmann diskutiert.

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„Es gibt keinen Krieg, der dadurch gewonnen wurde, dass man nur über den Gegner schimpft. Man muss kämpfen. Das Mittel dazu ist in einer Demokratie die politische Kommunikation in Diskussionsrunden“, sagte Werner J. Patzelt.

Hier finden Sie das gesamte Gespräch im Re-Live:

Es helfe nicht, darauf zu hoffen, dass der rechte Teil der Bevölkerung sich von allein auflöse.

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Auch Franziska Schreiber sieht im Boykott von Veranstaltungen mit AfD-Beteiligung eine ausgelassene Gelegenheit, „die AfD bloßzustellen“.

Aussteigerin: „Es werden keine inhaltlichen Argumente kommen.“

Denn zwar fordere die Partei stets eine Auseinandersetzung mit ihren Inhalten. „Aber das ist ein Bluff. Es gibt nichts, was die Partei weniger wollen würde. Es werden keine inhaltlichen Argumente kommen“, so Schreiber.

Wigbert Löer sagte: „Man darf keine Angst haben vor dem Rechtspopulismus.“ Er animierte die Dortmunder Parteien zu mehr Mut die getroffene Entscheidung zu überdenken.

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Ausdrücklich auszuschließen sei aber nach seinen Aussagen aus Sicht aller Teilnehmenden eine Diskussion mit Matthias Helferich selbst.

Eine These, die Schreiber und Patzelt teilten: Es wirke häufig so, als wenn es den anderen Parteien gelegen käme, die Diskussion nicht führen zu müssen.

Zum Teil aus Angst vor einer Emotionalisierung der Debatte, aber auch, weil man eigene Schwächen bei Sachthemen fürchte. „Keine Feigheit vor dem politischen Gegner“, empfahl Patzelt als Mittel dagegen.

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Die Vorfälle um Matthias Helferich, der sich unter anderem in Anlehnung an einen NS-Todesrichter als „demokratischer Freisler“ bezeichnet hatte, heizen den Machtkampf zwischen gemäßigten Mitglieder der Partei und dem völkisch-national geprägten „Flügel“ um Personen wie Björn Höcke und Tino Chrupalla an.

Investigativ-Journalist: „Helferich ist bei den ganz Rechten einzuordnen“

„Helferich ist bei den ganz Rechten einzuordnen“, verdeutlichte Wigbert Löer. Dass seine Positionen im Parteivorstand zumindest so viel Rückhalt erfahren, dass Helferich Parteimitglied bleiben darf, sei als Zeichen zu werten, dass der Einfluss des Flügels weiter zunehme.

„Die radikalen Aussagen, die geleakt wurden, helfen nur den Radikalen. Denn, wenn Gemäßigte austreten, wie es jetzt wieder passiert, wird prozentual der Flügel um Tino Chrupalla immer mächtiger“, sagte Franziska Schreiber.

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Nächstes Opfer im Machtkampf nach dem Fall Helferich könnte nach übereinstimmender Einschätzung der Diskussionsteilnehmer der AfD-Parteivorsitzende Jörg Meuthen werden.

Terror und Gewalt als Ergebnis einer „geistigen Impfung“

Von einer noch weiter radikalisierten AfD gehen aus Sicht der Live-Talk-Teilnehmenden eine zunehmende Gefahr aus. Franziska Schreiber berichtete aus ihrer Zeit der Zugehörigkeit in der AfD (bis 2017): „Nach außen entsteht ein hermetisch abgeriegeltes politisches Biotop, eine Art geistige Impfung, in der jede Kritik von außen als Beweis für die Verschwörung gilt.“

Dass diese Radikalität auch zu Terrorangriffen oder Gewaltakten führen könne, sei „für viele eine logische Handlungsweise“.

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" Ist der Fall Helferich in Dortmund ein Einzelfall? Wie rechts ist die AfD eigentlich? Wer hat dort das Sagen? Und wie sollten die anderen Parteien mit der AfD umgehen? Um diese Fragen ging es bei unserem Live-Talk.

Die „Nazi-Affäre“ des AfDlers Helferich ist eskaliert - Andere Parteien wollen sich nicht mit der AfD auf ein Podium setzen. Über diesen Umgang haben Experten bei uns im Livetalk diskutiert. Von Ulrich Breulmann

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