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Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen AfD-Kandidat Helferich
AfD-Affäre
Nächstes Kapitel in der „Nazi-Chat-Affäre“: Gegen den Dortmunder AfD-Bundestagskandidaten Matthias Helferich liegt bei der Staatsanwaltschaft Dortmund eine Strafanzeige vor. Helferich nimmt Stellung.
Die „Nazi-Chat-Affäre“ des Dortmunder AfD-Bundestagskandidaten und Vize-Vorsitzenden des NRW-Landesverbandes, Matthias Helferich, hat zunächst politische Wellen geschlagen. Die Bundestagskandidaten anderer Parteien haben erklärt, sich im Wahlkampf nicht mit ihm und der AfD auf ein Podium setzen zu wollen.
Nun könnten die Äußerungen von Helferich in einem nicht öffentlichen Facebook-Chat womöglich auch juristische Folgen haben: Bei der Staatsanwaltschaft in Dortmund liegt eine Strafanzeige wegen Volksverhetzung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener vor. Gestellt hat sie Gilbert Kallenborn, ein jüdischer Aktivist aus Dillingen im Saarland.
Helferich hatte in einem Facebook-Chat unter seinem Foto gepostet; „das freundliche Gesicht des NS“ und in einem anderen Zusammenhang geschrieben, dass er „den demokratischen Freisler“ habe geben wollen. Roland Freisler verantwortete als Chef des Volksgerichtshofs im Nazi-Regime den Tod von mehr als 2000 Menschen.
Als Jude von Äußerungen besonders betroffen
Nach Bekanntwerden der Chats und einem drohenden Parteiausschlussverfahren hat Helferich in einem Facebook-Video erklärt, das seien „Persiflagen“ gewesen. Auch die ihm vorgeworfene Nähe zur Dortmunder Neonazi-Szene weist er zurück. Der AfD-Bundesvorstand hat inzwischen mit deutlicher Mehrheit entschieden, dass Helferich AfD-Mitglied bleibt.
Für Gilbert Kallenborn ist die Erklärung mit der Persiflage nicht überzeugend. „Ich als Jude und jüdischer Aktivist sehe mich besonders von diesen Äußerungen betroffen“, sagt der 68-Jährige im Gespräch mit dieser Redaktion. „Es gibt keinen demokratischen Freisler, genauso wenig wie es demokratische Hitler gibt. Helferich verspottet hier die Opfer des Naziregimes.“
Erstmal nur Prüfung auf Anfangsverdacht
Kallenborn ist kein Unerfahrener in solchen juristischen Auseinandersetzungen. Seit Jahren geht er als Vollzeitaktivist rechtlich gegen Antisemitismus, Behördenversagen und Geschichtsvergessenheit vor. Schlagzeilen machte er unter anderem im Dezember 2019, als auf seine Initiative das Landgericht in Saarbrücken dem Gangsterrapper Kollegah vor einem Auftritt die antisemitische Textzeile „Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen“ verbot. Kallenborn: „Das ist ein attestierter Grundsatzbeschluss.“
Die Staatsanwaltschaft prüfe aktuell die Strafanzeige von Kallenborn gegen Helferich auf einen Anfangsverdacht, bestätigt Staatsanwalt Börge Klepping auf Anfrage – doch das tut sie bei jeder Anzeige. Über den Ausgang, also, ob überhaupt ermittelt wird, ist damit noch nichts gesagt. „Wie lange so eine Prüfung dauert, ist einzelfallabhängig“, so Klepping. Möglicherweise könnte die Prüfung aber in dieser Woche (bis zum 13.8.) abgeschlossen sein.
Helferich selbst sagt zu der Anzeige auf Anfrage unserer Redaktion: „Zu keinem Zeitpunkt habe ich Opfer des Nationalsozialismus verunglimpft.“ Er verweist dabei auch auf seine bisherige politische Arbeit, etwa seine Zustimmung zur jüdischen Grundschule.
Dem Anzeigensteller gegenüber gibt er sich entgegenkommend: „Auch wenn der Straftatbestand der Volksverhetzung sicherlich nicht durch mich erfüllt wurde, tut es mir leid, wenn der Eindruck vermittelte wurde, ich würde das Leid der jüdischen Mitbürger unter den Nationalsozialisten verächtlich machen.“
Stellvertretende Leiterin der Dortmunder Stadtredaktion - Seit April 1983 Redakteurin in der Dortmunder Stadtredaktion der Ruhr Nachrichten. Dort zuständig unter anderem für Kommunalpolitik. 1981 Magisterabschluss an der Universität Bochum (Anglistik, Amerikanistik, Romanistik).
