Gespräche mit jungen Beamten über Respekt und Gewalt
Bundespräsident besucht die Dortmunder Polizei
Als Staatsoberhaupt muss Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geschliffene Reden halten können. Bei der Polizei in Dortmund ist er am Dienstag aufmerksamer Zuhörer – und erfährt beim Thema Respekt ein Detail über das Eskalations-Potenzial von Schokolade.

In der Mitte (von links): Polizeipräsident Gregor Lange, Elke Büdenbender und ihr Ehemann, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, sowie NRW-Innenminister Herbert Reul im Gespräch mit jungen Polizisten. © Peter Bandermann
Es ist 12.49 Uhr, als am Dienstag an der Markgrafenstraße 102 in der Südstadt ein Blaulicht-Konvoi auf das Polizeipräsidium zufährt. An der Spitze ein Streifenwagen, gefolgt von gepanzerten Limousinen mit Düsseldorfer Pkw-Kennzeichen und sieben Motorrad-Polizisten. Auf Position elf: ein schwerer schwarzer BMW mit dem Kennzeichen O – 1. Und einem Bundeswappen am rechten Kotflügel. Der Bundespräsident fährt vor.
Die Polizei und der Respekt
Im Gefolge: seine Ehefrau, Richterin Elke Büdenbender, NRW-Innenminister Herbert Reul, ein Großaufgebot an Protokollanten und Sicherheitsbeamten. Dass es drinnen, in der ersten Etage in der Ausstellung „110“ des Polizeipräsidiums, deutlich lockerer zugeht, dafür sorgen in den folgenden 90 Minuten nach einem Fototermin zwölf junge Polizistinnen und Polizisten, die mit Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender über das Thema Respekt reden.
Der „Buprä“ – so nennt ihn das Protokoll – ist im Thema, kann kurz über die aktuelle Kriminalitätsstatistik mit sinkenden Fallzahlen bei der Dortmunder Polizei referieren und weiß: „Dieser Beruf ist nicht einfacher geworden. In einzelnen Quartieren großer Städte ist es besonders schwierig.“ – „Nehmen Sie Respekt und Dankbarkeit wahr? Gibt es noch ein Grundvertrauen in die Polizei?“
Blumensträuße und die Schattenseiten des Polizeiberufs
Eine Steilvorlage für die junge Polizeikommissarin Stefanie Gonzalves Peixoto, die in der Nordstadt aufgewachsen und mit 14 mit ihren Eltern weggezogen ist. „Wir bekommen Dankeskarten und Blumensträuße. Und ja, wir bekommen hier auch die nicht so schönen Seiten dieses Berufs mit. Aber Angst habe ich hier nicht.“
Kommissarsanwärter Ajwad Rostom erklärt Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender, dass es nicht immer die großen Menschenmengen sei, die bedrohlich wirkten. „Häufig kommt es bei Kleinigkeiten zu Ausrastern, nur, weil jemand eine Tafel Schokolade wieder abgeben sollte.“ Sein Antrieb, bei noch so widrigen Umständen: „Wenn ich nach dem Dienst nach Hause fahre, dann weiß ich, dass ich etwas erreicht und in meiner kleinen Welt einem Menschen geholfen habe.“
Gespräche über Internetkriminalität
Frank-Walter Steinmeier hakt nach, will wissen, wie die Freunde reagiert haben, als sich die Kommissars-Anwärter für den Polizeiberuf entschieden haben. Von Reaktionen wie „Stolz“ und „Ehre“ innerhalb der Familie berichtet Sarah Levèvre, der Freundeskreis habe anders ausgeschlagen: „Die meisten haben das zunächst nicht respektiert.“
Die junge Runde spricht weiter. Über die großen Internet-Versandunternehmen, die Daten zurückhalten und Betrüger schützen würden, statt der Polizei bei den Ermittlungen zu helfen. Von scharfen Datenschutz-Vorschriften, die von Tätern gerade im Internet gezielt ausgenutzt würden. „Die Täter sind uns oft einen Schritt voraus“, berichtet ein junger Kommissar, der Datenschutz stehe oft über dem Opferschutz. Das zu akzeptieren sei nicht leicht.
Das Sicherheitsgefühl der Bürger
Und sie sprechen von Erfolgen, gerade in der Nordstadt. Elke Büdenbender, von Beruf Richterin, hört aufmerksam zu, als es um die Zusammenarbeit von Polizei und Justiz und um schnellere Verurteilungen geht.
Kurz vor Schluss und gut 30 Minuten über dem Zeitplan fragt der Bundespräsident, warum die sinkenden Kriminalitätszahlen sich nicht im Sicherheitsgefühl der Bürger wiederfinden. Kommissars-Anwärter Ajwad Rostom: „Ich glaube, es liegt an den sozialen Medien. Früher musste man nach einer Schulhofkloppe sofort zum Schulleiter. Heute wird sofort gefilmt und ins Internet geladen. Solche Berichte sind dann ständig präsent und man denkt: „Alles wird schlimmer.“