Ausstellung mit historischen Geigen im Konzerthaus eröffnet

„Violinen der Hoffnung“

Die Ausstellung „Violinen der Hoffnung“ ist im Konzerthaus eröffnet worden. Besucher können Instrumente von Menschen ansehen und im Konzert hören, die der Shoa zum Opfer fielen.

12.11.2018, 16:20 Uhr / Lesedauer: 3 min
Der Akademist Akihiro Takeda spielt auf einer der „Violins of hope“.

Der Akademist Akihiro Takeda spielt auf einer der „Violins of hope“. © Hannah Schmidt

In zwei mannshohen Vitrinen im Dortmunder Konzerthaus-Foyer hängen sie nun aus: 16 Geigen, für die bereits zwei Schulklassen, Presse- und Vereinsvertreter angereist und angeradelt kamen. Ihnen sind zwei Konzertabende und zwei Gottesdienste gewidmet, drei Tage Schulprogramm und eine Konzertlesung.

Dabei sind es keine überaus guten Instrumente, diese „Violinen der Hoffnung“. Keine Stradivaris, keine Guadagninis, sondern im Grunde „ganz einfache Geigen“. Das beteuert der Geigenbauer Avshalom Weinstein, der sie zusammen mit seinem Vater Amnon restauriert hat.

Davidstern ins Holz gezeichnet

Weinstein steht zwischen sich murmelnd unterhaltenden Neuntklässlern und untersucht mit seinem Blick besonders eine der Violinen in der Vitrine: „Fünf Davidsterne“ haben er und sein Vater das in den 1920ern fertig gestellte Instrument genannt. Auf der Vorderseite sind vier kleine, und auf der Rückseite ein großer Davidstern ins Holz gezeichnet. Das ist außergewöhnlich. Sein Schöpfer, Yaacov Zimermann, war wohl einer der ersten jüdischen Geigenbauer.

Das verbindet all diese 16 Geigen und macht sie zu etwas Besonderem: Sie repräsentieren einen Teil jüdischer Geschichte. Ihre Erbauer oder Besitzer verloren zum Teil während der Shoa ihr Leben. Andere, die überlebten, ertrugen es nicht mehr, die Instrumente zu spielen, mit denen sie im Konzentrationslager die SS-Männer unterhalten oder Hinrichtungen untermalen mussten.

Manche gaben auch schlicht alles zurück, was in irgendeiner Form aus deutscher Herstellung war. Amnon Weinstein begann, diese Geigen anzukaufen, zu sammeln und zu restaurieren – mittlerweile sind es rund 70 Stück. Er nannte sein Projekt „Violins of Hope“ und ging damit auf Tour, war schon auf der ganzen Welt unterwegs.

Eineinhalb Jahre restauriert

2015 erklangen einige Instrumente das erste Mal auch wieder in Deutschland – bei einem Konzert der Berliner Philharmoniker. Georg Borgschulte vom Verein für christlich-jüdische Zusammenarbeit erfuhr davon durch eine kleine Zeitungsnotiz – und setzte alles daran, das Projekt nach Dortmund zu holen.

Die Geige „Fünf Davidsterne“ nun war, so erzählt es Avshalom Weinstein, in einem äußerst schlechten Zustand, als sie in der Werkstatt der Weinsteins in Tel Aviv zum ersten Mal auf dem Tisch lag. „Eigentlich war sie kaputt“, sagt Weinstein. „Vom Lack war so gut wie nichts mehr übrig. Und auch die Sterne waren kaum zu sehen.“

Spielbar war sie ohnehin nicht, die Restauration Anfang der 2000er Jahre dauerte eineinhalb Jahre. Wahrscheinlich, dass kombinierten die Weinsteins, wurde das Instrument viel unter freiem Himmel gespielt, bei Regen und Schnee. „Das macht man nicht, wenn man nicht dazu gezwungen wird“, sagt Weinstein. In welchem Lager ihr Besitzer zum Spiel gezwungen wurde, ist jedoch unbekannt.

„Sie hat einen warmen, schönen Ton“

Jetzt hält sie die Philharmonikerin Gesa Renzenbrink täglich ein paar Stunden in den Händen. Beim Konzert am Dienstag und Mittwoch (13./14. 11.) ist sie eine von vier Orchesermusikerinnen, die auf den „Violinen der Hoffnung“ spielen dürfen. Sie meldete sich im vergangenen Jahr selbst dafür an – und stand am Samstag erstmals vor dem Tisch, auf dem die Geigen zur Auswahl lagen.

„Es gab gar kein Gekabbel“, sagt sie, „irgendwie hatte jeder von uns sofort im Gefühl, welche Geige die richtige ist.“ Es sei ihr nicht um die Qualität der Geige gegangen, sondern darum, wie gut der Umstieg von ihrem eigentlichen Instrument gelinge. „Und der ist leicht. Die Geige hat einen ganz warmen, schönen Ton“, sagt Renzenbrink. „Sie ist super zurecht gemacht, in einem ganz tollen Zustand.“

Auf einem Instrument mit einer solchen Geschichte zu spielen, ist für Renzenbrink etwas besonderes – und darüber zu sprechen berührt die Musikerin sichtlich. „Man wird ja nicht Geiger, weil man sich irgendwann dafür entscheidet, sondern man ist Geiger“, sagt sie. „Es nimmt mich total mit, weil ich mich mit dem Menschen, dem die Geige gehörte, identifiziere, und zwar als Musikerin.“

„Diese Musik hat eine eigene Sprache“

Bei der Eröffnungsveranstaltung spielte der Akademist Akihiro Takeda vom Orchesterzentrum, auf der Geige Jakob Hakkert, die benannt ist nach ihrem Erbauer. Unter anderem interpretierte Takeda Ernst Blochs „Nigun“, in dem der Komponist jüdische Volksmelodien verarbeitet. „Die jüdische Musik hat eine eigene Sprache“, sagt Takeda. „Ich habe das Gefühl, dass dieses Instrument für diese Sprache gemacht ist.“

Die Ausstellung läuft noch bis Freitag (16. 11.). Weitere Infos zur Ausstellung und dem Programm
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