Die in der Bundesliga so erfolgreiche Strategie von BVB-Trainer Peter Bosz schlug beim 1:3 gegen Real Madrid fehl. Das lag zum Teil an eigenen Mängeln, vor allem aber an der Klasse des Kontrahenten. Borussia Dortmund kämpfte mit drei Problemen, die Madrid den Gastgebern einbrockte.
Real-Trainer Zinédine Zidane (r.) hatte gegen den BVB die bessere Taktik.
Seine mittlerweile 45 Jahre sieht man Zinedine Zidane nicht an. In feinem Anzug und mit seinem kahl geschorenen Kopf sieht der ehemalige Weltklasse-Spieler immer noch so aus, als stehe er voll im Saft. Anfangs skeptisch beäugt, hat sich der Franzose bei Real Madrid zu einem hoch dekorierten Trainer entwickelt. Das 3:1 der Spanier bei Borussia Dortmund war auch ein Sieg Zidanes. Er hatte den besseren Matchplan als sein Gegenüber Peter Bosz.
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Champions League, 2. Spieltag: BVB - Real Madrid 1:3 (0:1)
Bilder der Champions-League-Partie zwischen Borussia Dortmund und Real Madrid.
Er habe das BVB-Spiel intensiv analysiert, verriet Zidane. Die Madrilenen wussten genau, wie Bosz pressen lässt, und hatten sich bestens darauf eingestellt.“ Der Schlüssel war, Borussia den Ball wegzunehmen. Das haben wir vor allem in der ersten Hälfte sehr gut gemacht. So viel Ballbesitz zu haben, war phänomenal“, freute sich Zidane. Dortmunder Dominanz, wie in der Bundesliga, ließ Real nicht zu.
Ihre spielstarken Stars von der Abwehr bis in die Sturmspitze fanden immer einen Weg, sich aus der drohenden Umklammerung zu befreien. „Immer wenn wir einen Tick zu weit vom Gegenspieler waren, haben sie die richtigen Bälle gespielt“, bestätigte Gonzalo Castro. Das sah dann so aus, als kämen die Borussen immer einen Schritt zu spät. Wie bei Hase und Igel: Als ein Borusse attackierte, hatten die Madrilenen den Ball bereits weitergeleitet. Bosz fehlte „das Dortmund-Tempo“, seine Elf habe nicht ihr volles Niveau abgerufen.
Abwehrchef Sokratis wollte die Mannschaftsteile nicht auseinanderdividiert wissen. Es komme beim Dortmunder System entscheidend darauf an, keine Fehler zu machen. „Wenn wir nicht richtig gut pressen, bezahlen wir dafür“, sagte er. Wie schon in Tottenham kam die Rechnung dem BVB teuer zu stehen.
2. Bei Ballbesitz fehlten Tempo und Tiefe.
Nicht zwischen 70 und 80 Prozent Ballbesitz wie in der Bundesliga, aber immerhin noch knapp über 50 Prozent verbuchten die Borussen gegen Real. In Durchgang eins stimmten Aufwand und Ertrag nicht, weil Tempo und Tiefe nicht stimmten. Nuri Sahin sah sich in die Defensive gedrängt und konnte sein Spiel nicht aufziehen. Madrids nominell dritter Angreifer Isco half immer wieder im Mittelfeld aus, wo sich auch Toni Kroos oder Luka Modric für Abwehrarbeit nicht zu schade waren. „Borussia hat gegen eine sehr gute Mannschaft von Real Madrid gespielt. Wir standen sehr gut, konnten sehr gut Konter initiieren und hatten viele Torchancen“, analysierte Zidane.
Weil dem BVB Balleroberungen in des Gegners Hälfte fehlten, blieben auch die Spitzen stumpf, Madrid konnte sich neben der herausragenden Qualität in der Offensive auch auf eine starke Viererkette verlassen. Nur selten gelang es Gonzalo Castro oder Mario Götze, den Defensivverbund der Gäste mit Pässen auseinanderzureißen. „Real hat das sehr gut gemacht“, konstatierte Sahin. Den erforderlichen „Sahnetag“, den es für einen Erfolg gegen den Champion von 2016 und 2017 gebraucht hätte, erwischte auch er nicht. „Madrid war einfach besser heute“, sagte Sokratis.
3. Der BVB ließ zu viel Raum für Konter.
Zidane schmunzelte. „Borussia ist sehr weit nach vorne gerückt, das hatten wir erwartet“, und weil der BVB seine Spielweise nicht anpasste, hatte er die richtigen Antworten parat. „Gareth Bale hatte dadurch viel Platz, und dann kann er tödlich sein.“ Ein ums andere Mal eröffnete sich den Spaniern Kontermöglichkeiten. Als der BVB nach dem Anschlusstreffer zum 1:2 auf den Ausgleich drängte, fast im Fünf-Minuten-Takt. „Sie konnten ständig ihre schnellen Stürmer in die gefährlichen Räume schicken“, bemerkte Dortmunds Bester, Torhüter Roman Bürki.
Obwohl das Gnadenlos-Pressing immer wieder fehlschlug, sicherte der BVB sich nicht gegen die Schnellangriffe ab und stürzte von einer Verlegenheit in die andere. Reals deutscher Stratege Toni Kroos: „Wir haben den Raum, den die Dortmunder uns geboten haben, gut genutzt. Grundsätzlich hätten wir noch zwei, drei Tore mehr machen müssen.“