Stadt Werne hilft Kirchen-Kitas mit Geld aus

Politiker üben Kritik

Eigentlich sind Staat und Kirche in Deutschland strikt getrennt. Die Stadt Werne kommt jetzt aber der katholischen Kirche entgegen und übernimmt 9,5 Prozent des Defizits der vier katholischen Einrichtungen. Bei der Entscheidung hatten die Politiker des Jugendhilfeausschusses Bauchschmerzen.

WERNE

, 01.03.2017, 19:09 Uhr / Lesedauer: 2 min
Kita-Kinder spielen.

Kita-Kinder spielen.

Die Kindpauschalen des Kinderbildungsgesetzes (Kibiz) reichen nicht aus, um das Defizit der katholischen Einrichtungen zu decken. Die Kirchengemeinde St. Christophorus rechnet für das Kita-Jahr 2016/17 mit einem Minus von 59 000 Euro. „Das ist ein Fehler im System“, so Ruth Dellwig von der Zentralrendantur am Dienstag: „Bei uns werden die Kindpauschalen allein schon durch die Personalkosten aufgezehrt.“

Stadt soll sich am Defizit beteiligen

Hinzu komme, dass die kirchlichen Kitas derzeit 27 Kinder mehr betreuen, als sie eigentlich aufgrund des Berechnungsschlüssels müssten: Das Bistum Münster rechnet pro 60 Katholiken einen Kita-Platz, was derzeit 252 Plätze für Werne bedeutet. Tatsächlich sind aber 279 Kinder in den Einrichtungen. Deshalb soll die Stadt Werne ihren freiwilligen Zuschuss von bisher drei Prozent des Trägeranteils erhöhen und sich am Defizit beteiligen.

„Das ist für uns immer noch die günstigste Lösung“, erklärte Jugenddezernent Alexander Ruhe. Denn sollte die Kirche sich auf ihren „Pflichtteil“ zurückziehen und die Stadt 27 zusätzliche Plätze finanzieren müssen, wären das 14.000 Euro pro Jahr Mehraufwand; müsste die Stadt gar eine Kita übernehmen – Ruhe ging hier mit „Maria Frieden“ von der kleinsten katholischen Kita aus – wären es mindestens 36.000 Euro mehr pro Jahr.

"Wir sind in einer Drucksituation"

Die Politiker stimmten zähneknirschend zu. „Wir sind in einer Drucksituation, weil wir die Qualität der Betreuung in Werne aufrechterhalten wollen“, sagte Cornelia Oßwald-Blaschke (SPD). „Wir stimmen zu in der Hoffnung, dass sich das Kibiz bald ändert.“ Diese Hoffnung hegte auch Annegret Lohmann (CDU), mahnte aber an, dass im Falle einer Änderung noch einmal über die freiwilligen Zuschüsse geredet werden müsse.

 

Kirsten Carstensen (Grüne) befürchtete, dass die Stadt mit der Vereinbarung auf lange Sicht die schlechteren Karten hat: „Die Zahl der Katholiken geht zurück, folglich auch die Leistungen des Bistums. Am Ende wird der städtische Anteil also höher werden.“ Da aber alle Fraktionen die Einschätzung von Alexander Ruhe teilten, ging der Beschluss zur Erhöhung der freiwilligen Zuschüsse durch.

Präzedenzfall vermeiden

Der zweite Wunsch der Kirche, nämlich eine städtische Beteiligung an Sanierungsarbeiten, wurde hingegen in den Haupt- und Finanzausschuss verschoben. Konkret ging es um Sanierungskosten für die Turnhalle der Kita St. Johannes in Höhe von 47.500 Euro, von denen die Stadt die Hälfte übernehmen soll. „Wir würden hier einen Präzedenzfall schaffen“, so Kirsten Carstensen. Wenn man einmal „Ja“ sage, könne man bei weiteren Anfragen später nicht „Nein“ sagen.

Unser Redakteur Daniel Claeßen kommentiert das Thema:

Druck muss woanders ausgeübt werden

Ich kann verstehen, dass die Politiker ein Problem damit haben, mehr Geld für katholische Kitas auszugeben. Weil hier jemand nach Geld fragt, der eigentlich genug davon hat – und dank der Kirchensteuern auch jedes Jahr immer wieder neues Geld bekommt.

Anstatt andere unter Druck zu setzen, die für die Fehlplanung des Landes ebenso wenig können wie man selbst, sollte man zunächst überlegen, ob man seinen Haushalt nicht umstrukturiert. Hier böte sich doch wirklich mal die Chance, die eigenen – sicher nicht knapp bemessenen – Mittel zum Wohle der Gemeinschaft einzusetzen.

In einem zweiten Schritt könnte man den Druck dann vielleicht dort ausüben, wo er hingehört. Denn natürlich ist das Kibiz ungerecht und an der Realität vorbei geplant. Doch dafür dürfen weder Kommunen noch de Eltern oder gar Kinder am Ende büßen.