Christoph Theberath, leitender Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde St. George in Vreden, hat Sorgenfalten auf der Stirn. Den aktuellen Anlässen rund um die Kirche nimmt er sich an und spricht aus der Seele heraus.

© Elvira Meisel-Kemper

„Das ist beschämend“ - Leitender Pfarrer Christoph Theberath aus Vreden redet Klartext

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Ein weiterer Skandal erschüttert die Kirche. Im Mittelpunkt steht dabei der emeritierte Papst Benedikt XVI. Für Vredens Pfarrer Christoph Theberath Grund genug, um zum Rundumschlag auszuholen.

Vreden

, 26.01.2022, 12:15 Uhr / Lesedauer: 2 min

Papst Benedikt XVI. (94) hat bei seiner Stellungnahme zum Missbrauchs-Gutachten des Erzbistums München und Freising an einer wichtigen Stelle eine falsche Aussage gemacht. Dies sei nicht aus böser Absicht heraus geschehen, sondern Folge eines Versehens bei der redaktionellen Bearbeitung gewesen.

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Das räumte der emeritierte (ausgedient) Papst am Montag (24. Januar) in einer Stellungnahme seines Privatsekretärs Georg Gänswein ein, die er der katholischen Nachrichtenagentur (KNA) gab – vier Tage nach Veröffentlichung eines Missbrauchs-Gutachtens, das Benedikt schwer belastet hatte.

Laut Gutachtern waren mindestens 497 Kinder und Jugendliche zwischen 1945 und 2019 in dem katholischen Bistum von Priestern, Diakonen oder anderen Mitarbeitern der Kirche sexuell missbraucht worden. Mindestens 235 mutmaßliche Täter gab es demnach – darunter 173 Priester und neun Diakone.

Austausch mit den Menschen

Bereits am Sonntag (23. Januar) lud die katholische Kirchengemeinde St. Georg in Vreden aus dem aktuellen Anlass eine ausführliche Predigt von dem leitenden Pfarrer Christoph Theberath in den sozialen Netzwerken hoch.

„Uns war wichtig, dass wir Stellung beziehen“, sagt der Pfarrer. Und schon im Nachgang dessen habe Christoph Theberath viele positive Rückmeldungen erhalten. „Die Bürgerinnen und Bürger finden es gut, dass wir offen und ehrlich damit umgehen. Auch dass wir nicht einfach zur Alltagsordnung übergehen, kommt bei den Menschen an.“ Außerdem sei das respektvolle Miteinander, der Austausch auf Augenhöhe und das Mutmachen auf positive Resonanz gestoßen.

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Im Gespräch mit der Redaktion nahm Pfarrer Theberath darüber hinaus kein Blatt vor den Mund. „Eigentlich fehlen mir die Worte. Das ist nur noch beschämend. Es herrscht totale Wut und Traurigkeit. Das schmerzt schon sehr.“ Für Christoph Theberath müsse es aber auch vor allem um die Opfer gehen. „Das, was da bisher bekannt ist und dazu gesagt wurde, das reicht überhaupt noch nicht aus. Wenn das so weiter geht, dann verlieren wir den Glauben und die Ehrlichkeit komplett.“

In Vreden habe er bisher „zum Glück“ solche schlimmen Ereignisse noch nicht gemeldet bekommen. Sollte das irgendwann der Fall sein, dann würde er auch direkt eine Meldung darüber erhalten. In der Hoffnung, dass in seiner Gemeinde keine derartigen Vorkommnisse stattgefunden haben, sagt Christoph Theberath: „Vor uns liegt so oder so eine große Herausforderung. Die Kirche liegt bildlich gesehen gerade auf der Intensivstation und muss erst einmal wiederbelebt werden.“

Blick ungewisse Zukunft

Wichtig wird nach seiner Ansicht in naher Zukunft nun der Umgang damit sein. „Es muss was passieren, das steht außer Frage.“ Konkret appelliert Christoph Theberath da an die Verantwortung der einzelnen Bischöfe: „Die Konsequenz kann erst einmal nur der Rücktritt sein. In anderen Berufen ist es ja auch nicht anders, wenn solch ein Fehlverhalten oder Ähnliches vorliegt.“

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Auch wenn er sich vor dem Spiegel aktuell jeden Tag die Frage stelle, für welchen Laden er momentan eigentlich unterwegs sei, gebe es auch Lichtblicke. „Viele Menschen sind auch mit Herzblut bei der Kirche und verhalten sich immer loyal. Auch wenn alle leiden, wir müssen nach vorne schauen und weiterhin Gutes tun.“

Denn wenn jetzt bestimmte Zeichen gesetzt werden würden, dann sei die Möglichkeit eines Wandels durch die Kraft Gottes noch nicht verloren. „Es bedarf einer kompletten Neuausrichtung der Kirche. Wenn das stattfindet, dann merken die Menschen das auch. Eine neue Grundlage kann wiederum die Basis für einen vernünftigen Austausch sein“, meint Christoph Theberath.

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