Hagebuttenstrauch in voller Blüte: Einen üppigen Lebensraum und Rückzugsort für das Wild und andere Tiere hat Franz-Josef Niestegge auf seinem Acker geschaffen. Dem passionierten Jäger ist die Hege und Pflege ein besonderes Anliegen.

Hagebuttenstrauch in voller Blüte: Einen üppigen Lebensraum und Rückzugsort für das Wild und andere Tiere hat Franz-Josef Niestegge auf seinem Acker geschaffen. Dem passionierten Jäger ist die Hege und Pflege ein besonderes Anliegen. © Michael Schley

Wildacker und Co.: Franz-Josef Niestegge schafft Lebensraum für Tiere

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Franz-Josef Niestegge ist Jäger aus Leidenschaft. Ein Hobby, das ihn ganzjährig ausfüllt. Ein besonderes Augenmerk legt er auf den Wald- und Landbau. Auf einem eigenen Acker in Südlohn.

Südlohn

, 02.01.2023, 07:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Franz-Josef Niestegge hat viele Hobbys, vor allem ist er passionierter Jäger. Eine Berufung, die ihn ganzjährig aus- und erfüllt. „Viele kennen uns doch nur von der Jagd im Herbst“, sagt der 63-Jährige. Doch damit tue man den Jägern zu kurz, „wir machen doch viel mehr“. Die Aufgaben sind vielfältig und wichtig. Das zu zeigen, ist dem Südlohner ein besonderes Anliegen. Und er geht voran: Auf seinem Acker hat er (Obst-)Bäume, Sträucher, Hecken, Wildblumenwiese und mehr angelegt. Ein wahrer Rückzugsort für die heimische Tierwelt. Biodiversität pur.

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Franz-Josef Niestegge hält eine Flasche Jägermeister in der Hand und zitiert: „Das ist des Jägers Ehrenschild, daß er beschützt und hegt sein Wild, weidmännisch jagt, wie sich's gehört, den Schöpfer im Geschöpfe ehrt.“ „Damit ist alles gesagt“, meint der 63-Jährige. Neben den Kernthemen gehöre zur Jagdausbildung eben deutlich mehr. Biotop- und Artenschutz – zum Beispiel eben auch die Anlage und Pflege von Wildackern. Zeitgemäße Hege.

Ein wahrer Ruheort für Tiere ist der Wildacker, den Franz-Josef Niestegge integriert hat. Aktuell dominiert dort die Kanadische Goldrute, die kein heimisches Gewächs ist. Deshalb müsse man den Wildacker ständig beobachten, meint der Südlohner.

Ein wahrer Ruheort für Tiere ist der Wildacker, den Franz-Josef Niestegge integriert hat. Aktuell dominiert dort die Kanadische Goldrute, die kein heimisches Gewächs ist. Deshalb müsse man den Wildacker ständig beobachten, meint der Südlohner. © Michael Schley

Zehn Ordner hat der Südlohner in seinem Keller zusammengestellt. Und Literatur, denn „Lesen ist mein zweites Hobby“. Niestegge weist auf ein Buch mit dem Titel „Jagdreviergestaltung – Wildlebensräume planen, entwickeln und erhalten“ des Autors Michael Petrak. „Bei dem habe ich auch Unterricht genossen“, berichtet der 63-Jährige. „Man muss für das Grüne Abitur schon was machen“, erklärt er und lacht.

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Szenenwechsel: Einen halben Hektar groß ist der Acker im Süden Südlohns, bewirtschaftet mit Bäumen, Sträuchern, Hecken und mehr. Ein wahrer Rückzugsort fürs Wild und für andere Tiere. Integriert hat Franz-Josef Niestegge eine Wildblumenwiese auf 400 Quadratmetern. „Allein 100 verschiedene Obstbäume“, umreißt der Südlohner die Dimension. Allesamt hochstämmig, „biologisch wertvoll“. „Die meisten hab ich über die Naturfördergesellschaft für den Kreis Borken bekommen“, sagt der Südlohner.

In den Insektenhotels haben sich vor allem Schlupfwesten eingenistet.

In den Insektenhotels haben sich vor allem Schlupfwesten eingenistet. © Michael Schley

Er berichtet von den vielen Schwimm-Wettkämpfen seiner Frau Doris: „Von Deutschen Meisterschaften haben wir immer einen Baum mitgebracht.“ Zum Beispiel eine Kastanie von Usedom. Von einer Sternfahrt mit der Feuerwehr nach Stumm in Österreich brachte er eine Eiche mit. „Da hängen Erinnerungen dran“, meint er.

Franz-Josef Niestegge auf seiner Lieblingsbank. Dort findet er Zeit für Ruhe und Beobachtungen.

Franz-Josef Niestegge auf seiner Lieblingsbank. Dort findet er Zeit für Ruhe und Beobachtungen. © Michael Schley

Für Farbe sorgen diverse Sträucher, die zusammen als Hecke den Tieren auch Schutz gewähren: Hagebutte, Hasel- und Walnuss, gemeine Heckenkirsche, Schneeball – oder Sanddorn. „Sehr Vitamin-C-haltig, das mögen Fasane.“ Insgesamt sind dort viele „Früchte des Waldes“, sagt Niestegge. Einige sogenannte „Verdränger“ hätten sich untergemischt. „Die muss ich bald wegschneiden“, meint das Gründungsmitglied des Fördervereins Kulturlandschaft Südlohn-Oeding. Auf den Stock setzen, alle sieben bis acht Jahre, ergänzt er. Ein Hase kreuzt den Weg und verschwindet im Dickicht: „Dort bekommt er, was er braucht.“

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Der Blick fällt auf einen Steinhaufen, den Franz-Josef Niestegge angelegt hat. Ein Domizil für Mäuse oder auch Eidechsen. In einer aktuell trockenen Senke bildeten sich stets Frosch-, Lurch- und Krötenpopulationen. Direkt neben einer Bank, „meinem Lieblingsplatz hier“, so der Oberst des St. Vitus Schützenvereins. Er greift über sich und holt aus einem Vogelkasten ein kleines Buch: „Da steht alles drin, wenn ich mal was wissen muss.“ Am Himmel kreist ein Vogel. „Ein Turmfalke. Letztes Jahr sind hier zwei Habichte groß geworden“, berichtet Niestegge.

Neben der Anlage gehört zum Wild- und Landbau natürlich auch die Pflege zum Erhalt des Lebensraums. Der Baumbestand wird nach und nach ergänzt.

Neben der Anlage gehört zum Wild- und Landbau natürlich auch die Pflege zum Erhalt des Lebensraums. Der Baumbestand wird nach und nach ergänzt. © Michael Schley

Auf dem Boden sind Spuren von Rehwild zu erkennen. „Im Winter ist das Unterholz weg, dann sieht man noch mehr“, sagt der Jäger. Rehe mögen übrigens Hagebutten sehr gerne, ergänzt der Südlohner. Viele Nistkästen und Insektenhotels mischen sich unter. In einer Lichtung erscheint die Wildblumenwiese.

Die Farbe Gelb dominiert. „Die Kanadische Goldrute hat sich durchgesetzt. Die finden Bienen super, die gehört aber nicht hierhin“, erklärt Niestegge. Nächstes Jahr werde er diese entsprechend unterpflügen – und wie überall durch heimische Arten ersetzen. Ja, auch die Wildblumenwiese müsse man genau beobachten, betont der 63-Jährige. Der Wildackerbau zielt übrigens darauf ab, dem Wild eine artgerechte Äsungsfläche anzubieten und Deckung und Schutz zu gewähren.

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2023 geht Franz-Josef Niestegge in Rente. „Dann habe ich noch mehr Zeit. Nach Ebereschenmarmelade werde ich mich dann vielleicht mal am Sanddornschnaps versuchen“, blickt der 63-Jährige voraus und schmunzelt. Langeweile werde er keine bekommen.

Durch eine Hecke klar angegrenzt von den umliegenden Ackern bietet der Lebensraum den Tieren Schutz.

Wildacker © Michael Schley

Wann genau er diese Leidenschaft entwickelt hat, daran kann sich Franz-Josef Niestegge nicht mehr genau erinnern. Eines sei sicher: „Man lernt immer dazu.“ Und: „Machen kann jeder was – aber man muss auch mal damit anfangen.“ Das müsse gar nicht immer im Großen passieren: „Pflanzte jeder Bundesbürger einen Baum an, hätten wir schon 80 Millionen mehr.“ Er selbst hätte den Acker auch verpachten können: „Dafür hab ich aber zu viel Spaß daran. Für die Natur.“

Ob er denn noch einen Tipp für den heimischen Garten habe? „Einfach mal was stehen lassen, zum Beispiel Brennnesseln.“