Das ist sie, die Lore, die jetzt vor dem Haupteingang zur Firma Interhydraulik (im Hintergrund) steht.

© Arndt Brede

Zeugin aus Rost und Stahl erinnert an Bergbau in Selm

rnBergbautradition

Die Geschichte des Bergbaus in Selm ist kurz, aber bewegt. Aus dieser Zeit kursieren noch heute Geschichten von Grubenunglücken, Bergarbeitersiedlungen und Arbeitslosigkeit. Es gibt noch Zeugen.

Selm

, 29.09.2021, 18:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Firma Interhydraulik steht heute auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Hermann. Von 1907 bis 1927 bestimmte das Bergwerk das Leben in Selm. Dort, wo Menschen malochten und einige auch starben, gibt es noch Zeugen aus dieser Zeit. Eine dieser Zeuginnen hat selber eine bewegte Geschichte.

Sie hat eine bewegte Geschichte hinter sich und steht jetzt an einem Ort, der ebenfalls Bewegendes erlebt hat. Eine Lore - also ein Zechenförderwagen - steht jetzt vor der Firma Interhydraulik. Dort, wo Selms kurze Bergbaugeschichte begann und endete.

Jetzt lesen

Sie ist rostig. Na klar. Aber sie sieht toll aus, die Lore, die an der Buddenbergstraße steht. Vor dem Haupteingang zur Firma Interhydraulik, auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Hermann, hat sie den Platz, der ihr gebührt: in der Öffentlichkeit, von allen, die dort vorbei fahren oder gehen, gut zu sehen. Aus den Augen mitten ins Herz, so stellen sich die Macher dieser Aktion - nämlich der Platzierung der Lore an diesem historischen Ort - das vor. Und es dürfte nicht wenige geben, denen es genau so gehen wird.

Einen historischen Tag erlebt

Diese Lore hatte ihren letzten großen Auftritt vor den Augen der Welt. Als nämlich am 21. Dezember 2018 während einer Abschiedsveranstaltung auf der Zeche Prosper-Haniel auch offiziell der Deckel auf den deutschen Steinkohlebergbau gelegt wurde, war sie dabei, diese Lore. Als Symbol für das, was Kumpel im Schweiße ihres Angesichts und mit der Hände Arbeit zu Tage gefördert hatten: Kohle. Diese Lore steht jetzt an der Buddenbergstraße in Selm.

Jetzt lesen

Sie sieht anders aus als zu aktiven Zeiten. Schlegel und Eisen sind als Motive aus ihren Wänden gestanzt worden. Würde jetzt noch Kohle in die Lore gefüllt und das Ganze angezündet werden, würde es durch diese Motive aus der Lore nach draußen leuchten. Wie ein Signal. Während einer kleinen Einweihungsfeier am Dienstag, 28. September, bei der Firma Interhydraulik schwang dann auch so etwas wie ein Gefühl von Nostalgie, aber auch eine Art Aufbruchstimmung mit.

Vertreter des Wikult mit Helmut Jahnke (l.) an der Spitze, der Stadtwerke, des Heimatvereins Cappenberg mit Heino Janssen (3.v.l.), Interhydraulik-Chef Wolfgang Hirsch (5.v.l.), RAG-Chef Peter Schrimpf (5.v.r.). und Bürgermeister Thomas Orlowski (4.v.r.) freuten sich über die Lore an der Buddenbergstraße.

Vertreter des Wikult mit Helmut Jahnke (l.) an der Spitze, der Stadtwerke, des Heimatvereins Cappenberg mit Heino Janssen (3.v.l.), Interhydraulik-Chef Wolfgang Hirsch (5.v.l.), RAG-Chef Peter Schrimpf (5.v.r.). und Bürgermeister Thomas Orlowski (4.v.r.) freuten sich über die Lore an der Buddenbergstraße. © Arndt Brede

„Dass wir die Lore nach Selm bekommen haben, ist ein Gemeinschaftswerk“, sagte Selms Bürgermeister Thomas Orlowski. Interhydraulik-Chef Wolfgang Hirsch, der Bürgermeister, Helmut Jahnke, Vorsitzender des Wirtschafts- und Kulturfördervereins (Wikult) Selm und Heino Janssen vom Heimatverein Cappenberg, ehemaliger Bergmann, heckten die Idee aus. Janssen war es, der den Kontakt zur Ruhrkohle AG herstellte. „Dort war man von unserer Idee begeistert und bot uns bereitwillig Hilfe an“, erzählt er.

RAG-Chef lobt Entwicklung auf Selmer Zechengelände

Diese Begeisterung transportierte auch Peter Schrimpf während der Einweihungsfeier mit seinen Worten. Der Vorstandsvorsitzende der Ruhrkohle AG war nach Selm gekommen. „Ich bin gern gekommen, weil ich mich darüber freue, dass Selm als alte Bergbaugemeinde an solch einem schönen Ort einen Förderwagen aufstellt.“ Schrimpf sagte aber auch deutlich in Richtung des Chefs der Firma Interhydraulik: „Herr Hirsch, vor Ihrer Leistung ziehe ich den Hut. Dass Sie auf einem ehemaligen Bergbaugelände, auf dieser alten Zeche, es geschafft haben, hier knapp 200 Arbeitsplätze mit Ihrer Firma zu schaffen, verdient höchsten Respekt.“ Das Beispiel Interhydraulik sei „genau das, was wir wollen und bis in die Gegenwart betreiben“, erklärte der RAG-Chef. „Wir versuchen, unsere Flächen abzugeben, damit darauf wieder neue Arbeitsplätze entstehen.“

Jetzt lesen

„Der Bergbau steht für unsere Geschichte“, sagte Selms Bürgermeister Orlowski während der Feier. Er freue sich, dass diese Lore nun davon kündet. Er versäumte aber auch nicht, zu erwähnen, dass sich Selm von der einstigen Notstandsgemeinde nach Schließung der Zeche Hermann sehr positiv entwickelt habe.

Wer vor dem Haupteingang der Firma Interhydraulik steht, sollte ein kleines Schild nicht übersehen. Der Wikult hat dafür gesorgt, dass es an der Wand angebracht ist. Wer den QR-Code darauf scannt, der erhält Informationen zur Zeche Hermann und der Selmer Geschichte.

Das Abteufen der ersten beiden Schächte begann im Jahr 1907. Die Teufarbeiten für Schacht Hermann 1 wurden im Februar und für Schacht 2 im Mai begonnen. Beide Schächte wurden in der Ortschaft Selm-Beifang abgeteuft. Schacht 2 wurde neben Schacht 1 angesetzt. Im Juli desselben Jahres wurden die Arbeiten für den Bau einer Zechenanschlussbahn an der Strecke Dortmund–Gronau begonnen. Die Zechenanschlussbahn sollte das Bergwerk mit dem Bahnhof Bork verbinden.

Jetzt lesen

Im Jahr 1909 wurde im Schacht 1 mit der Kohleförderung begonnen.[1] Im Laufe des Jahres wurde in der Nähe der Schachtanlage begonnen, eine umfangreiche Arbeitersiedlung zu bauen, die sogenannte alte Kolonie.

Die Zeche Hermann war zu ihrer Zeit die tiefste Förderanlage des Ruhrgebiets mit den schwierigsten Betriebs- und Abbauverhältnissen. Die Abbaubetriebe des Bergwerks reichten teilweise bis in eine Teufe von 1100 Metern. Die Grube war sehr heiß und feucht, dies führte zu extremen Arbeitsbedingungen für die Bergleute. Insbesondere die große Hitze war eine hohe Belastung für die Bergleute.

Mehr als 3300 Menschen verloren ihren Arbeitsplatz

Zu den hohen Temperaturen kamen noch starke Wasserzuflüsse. All dies führte letztendlich dazu, dass das Bergwerk unwirtschaftlich wurde. Am 14. Mai 1926 wurde die Schließung der Anlage beantragt. Am 15. Juli desselben Jahres wurde die Zeche stillgelegt. Die Schächte wurden im Jahr 1927 abgedeckt, verfüllt wurden sie allerdings nie. Die Tagesanlagen wurden überwiegend abgerissen. Mit der Stilllegung verloren mehr als 3300 Menschen ihren Arbeitsplatz. Dies bedeutete für die Gemeinde Selm, dass 90 Prozent der arbeitsfähigen Menschen der Gemeinde arbeitslos wurden. Als Folge dessen war Selm für mehrere Jahre eine sogenannte „Notstandsgemeinde“.

Mit Material von Wikipedia.