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Abrechnungsaffäre: Strafanzeige wegen Betrug und Untreue
Kreistag
Die Abrechnungsaffäre im Kreistag hat womöglich ein juristisches Nachspiel. Die Staatsanwaltschaft Dortmund befasst sich mit dem Thema. Betrug und Untreue stehen als Vorwürfe im Raum.
Die Staatsanwaltschaft Dortmund teilte auf Anfrage dieser Redaktion mit, ein sogenanntes Vorermittlungsverfahren eingeleitet zu haben. Einerseits aus eigenem Antrieb: Auch den Staatsanwälten ist die Berichterstattung über die Abrechnungsaffäre im Kreistag Unna nicht entgangen; und weil ein möglicher Bereicherungsverdacht im Raum steht, geht sie von Amts wegen der Frage nach, ob die umstrittene Abrechnungspraxis eine strafrechtliche Relevanz hat oder nicht. Darüber hinaus liegt eine Strafanzeige gegen Mitglieder des Kreistags vor.
Strafanzeige gegen Kreistagsmitglieder erstattet
Wie Staatsanwalt Börge Klepping erläuterte, hat eine Privatperson Anzeige erstattet. Offenbar ebenfalls als Reaktion auf die bisherige Berichterstattung erhebt der Absender den Vorwurf des Betrugs und der Untreue – und zwar gegen die beiden Co-Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, Timon Lütschen aus Kamen und Marion Küpper aus Selm.
Die Frage, ob gegen weitere Kreistagsmitglieder Strafanzeige erstattet worden sei, verneinte Klepping. Demnach hat sich bislang auch keine der beteiligten Kommunalverwaltungen veranlasst gesehen, die Staatsanwaltschaft einzuschalten: Weder die Kreisverwaltung noch die Stadtverwaltungen Kamen und Selm oder das Jobcenter Kreis Unna haben wegen etwaiger Deliktsverdachte eine Strafanzeige erstattet.
Wie berichtet, werfen insbesondere die Abrechnungen von Timon Lütschen und Marion Küpper Fragen auf. Lütschen hat erst kurz vor der Kommunalwahl im September 2020 ein Unternehmen gegründet, macht als Geschäftsführer eines jungen Unternehmens aber mit Abstand die höchsten Ansprüche auf Verdienstausfälle geltend. Küpper hat mindestens bis kurz vor der Wahl Ergänzungsleistungen des Jobcenters Kreis Unna bezogen; reichten ihre Einkünfte also bis dahin nicht aus, um ihren Lebensunterhalt zu sichern, rechnete sie gegenüber der Kreisverwaltung schon im November 2020 über 1100 Euro an Verdienstausfällen ab – und belegt im Vergleichsranking aller selbstständigen Kreistagsmitglieder, die Verdienstausfälle abrechnen, Platz drei.
Staatsanwalt: Vorermittlung soll strafrechtliche Relevanz klären
Dass ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet worden ist, bedeutet nicht, dass sich ein infolge der Berichterstattung im Raum stehender Bereicherungsverdacht erhärtet hat. Laut Staatsanwaltschaft ist nicht mal klar, ob es überhaupt eine strafrechtliche Relevanz gibt. Das zu klären, sei nun die Absicht des Vorermittlungsverfahrens. Erst, „wenn ein Anfangsverdacht bejaht wird, wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet“, so Klepping.
Timon Lütschen und Marion Küpper erfuhren erst durch die Anfrage dieser Redaktion davon, dass Anzeige gegen sie erstattet worden ist und die Staatsanwaltschaft ein Vorermittlungsverfahren anstrengt. Beide zeigten sich überrascht, wollten sich zunächst nicht äußern. Marion Küpper betonte lediglich: „Ich habe mich nicht bereichert.“