Zur Lichtkunst? Immer schön der gelben Motte nach

Urban Lights

Das vierte Spektakel „Urban Lights Ruhr“ hat gerade in Marl begonnen. Der Weg zu den Attraktionen ist zum ersten Mal wirklich gut zu finden. Es geht immer der gelben Motte nach. Studierende der Fachhochschule Dortmund haben das originelle Leitsystem für die vierte Auflage der Urban Lights Ruhr entwickelt.

MARL

, 16.10.2017, 17:26 Uhr / Lesedauer: 2 min
Das effektvollste Lichtkunstwerk in Marl: ?Piet!? von Martin Pfeifle ist mit seinen klaren Farben eine Anspielung auf den Maler Piet Mondrian. Pfeifle setzt damit auch die einst avantgardistische Architektur des Rathauses in Szene

Das effektvollste Lichtkunstwerk in Marl: ?Piet!? von Martin Pfeifle ist mit seinen klaren Farben eine Anspielung auf den Maler Piet Mondrian. Pfeifle setzt damit auch die einst avantgardistische Architektur des Rathauses in Szene

Das Spektakel, veranstaltet von den Urbanen Künsten Ruhr, ist seit 2013 eine tolle Attraktion. Bergkamen, Hamm und Hagen wurden schon erleuchtet. Aber die Wege waren kompliziert, Besucher irrten durch die Innenstädte. In Marl ist es plötzlich ganz einfach. Die Dortmunder Szenografie-Studierenden haben eine gelbe Linie gezogen, der die Gäste folgen können. Es ist der Weg einer Motte, die in Kringeln und Schleifen zu den acht Kunstwerken flattert. Finden muss der Besucher also nur noch den Anfang.

Öder Bunker hat sich in ein gemütliches Café verwandelt

Der liegt im Festivalzentrum, einer ehemaligen Hauptschule an der Kampstraße 8 b (mit Parkplatz). Auch dort haben die Urbanen Künste, die das Festival diesmal zusammen mit dem Marler Museum Glaskasten veranstalten, merklich dazugelernt. Statt des öden Bunkers 2015 in Hagen hat sich das Foyer der Hauptschule in ein gemütliches Café verwandelt, in dem es das kostenlose Info-Heftchen mit Lageplan gibt.

Hinter dem Gebäude ploppt es leise vor sich hin. Die „Popcornlaterne“ von Michael Sailstorfer produziert das Knusperzeug mit einem Heißluftföhn und lässt es auf den Boden fliegen. Mit Essen spielt man nicht? Die Verschwendung ist Absicht, der Künstler will auf unseren sorglosen Umgang mit Energie hinweisen. Nun ja. Man kann das Popcorn immerhin auch essen. Aber ehrlich gesagt: Es fehlt an Zucker.

Eine Betonwand, die besonders bei Tageslicht wirkt

Je nachdem, wann man eingetroffen ist, sollte man sich spätestes jetzt zum Werk „Oh Boy! – Conjugation of a Stick“ (Konjugation eines Stockes) aufmachen – nur ein paar Schritte vom Festivalzentrum entfernt. Diese Betonwand von Kristina Buch ist nämlich das einzige Werk, das bei Tageslicht besser funktioniert. Steckt man den Kopf in einen Zwischenraum, glänzt oben ein buntes Glasdach. So schön und poetisch ist kein anderes Kunstwerk. Jetzt aber zurück zum Festivalzentrum und zum Weg der Motte!

Gleich seitlich vom Zentrum lädt „untertagüberbau“ von Nikolaus Gansterer ein, auf einer gelben Bank Platz zu nehmen. Auf Glasscheiben werden die Hände des Künstlers projiziert. Die zeichnen auch mal einen Bergwerksstollen. Sehr raffiniert.

Städtebau steht diesmal im Mittelpunkt von Urban Lights

Anders als in Hamm oder Hagen haben die Kuratoren Katja Aßmann, Melanie Bono und Georg Elben diesmal den Städtebau in den Mittelpunkt gestellt. Ab 1960 erträumte sich der Rat der Stadt Marl ein modernes Zentrum. Er ließ ein avantgardistisches Rathaus und Hochhaussiedlungen errichten. Heute ist das ein Albtraum. Kaputte Sitzbänke, ein leeres Wasserbecken voller Schmutz, hässliche Wohnriegel. Ist das noch zu retten? Mit über 30 Millionen Euro will die Stadt es versuchen. Auf diese schwierige Situation haben die Künstler reagiert. Am prägnantesten äußert sich der Lichtkünstler Mischa Kuball, dessen Schriftzug zwischen „Dystopia“ und „Utopia“ wechselt.

Martin Pfeifle setzt mit „Piet!“ die Architektur des Rathauses in Szene, die an die strengen Bilder von Piet Mondrian erinnert. Isa Melsheimer hat ein Wasserballett erdacht, das tatsächlich in dem Wasserbecken vor dem Gebäude aufgeführt wurde und nun im Schaufenster des Museums Glaskasten als Video zu sehen ist. Mutig von den Tänzern, sich in dieses Dreck-Becken zu wagen. Danach lockt der Bummel durch den Skulpturengarten. In den Bäumen hängt die Klanginstallation „For Future Inspirations“ von Hannah Weinberger. Das letzte Werk finden

Das letzte Kunstwerk zu finden, ist nicht leicht

Das letzte Kunstwerk zu finden, ist nicht leicht. Vom Rathaus aus muss der Besucher das Einkaufszentrum Marler Stern durchqueren. Hier durften die Studierenden die gelbe Linien leider nicht anbringen. Also ganz durchgehen, am Ende nach oben und dann links. Der Lohn ist viel Applaus, der im Werk der Gruppe „Sans façon“ aus gigantischen Lautsprechern erklingt.

Fazit: Ein großer Spaß. Die Kunstwerke sind nicht ganz so eindrucksvoll wie in Hagen, stellen aber drängende Fragen nach der Zukunft der Marler Mitte. Außerdem macht der Lichtparcours viel Spaß. Hingehen!