Raphael von Hoensbroech soll Konzerthaus-Intendant werden

Stampa-Nachfolger in Dortmund

Dr. Raphael Graf von Hoensbroech soll neuer Intendant und Geschäftsführer des Dortmunder Konzerthauses und Nachfolger von Benedikt Stampa werden. Das hat die Findungskommission am Dienstagabend dem Kulturausschuss vorgeschlagen, am 13. Juli muss der Rat der Stadt Dortmund zustimmen.

DORTMUND

, 20.06.2017, 20:25 Uhr / Lesedauer: 2 min
Dr. Raphael von Hoensbroech soll 2018 neuer Intendant und Geschäftsführer des Dortmunder Konzerthauses werden.

Dr. Raphael von Hoensbroech soll 2018 neuer Intendant und Geschäftsführer des Dortmunder Konzerthauses werden.

Der 1977 geborene Rheinländer leitet seit 2013 als Geschäftsführer zusammen mit Intendant Sebastian Nordmann das Konzerthaus Berlin und hat eine interessante Karriere gemacht. Von Hoensbroech stammt aus einer alten limburgischen und später niederrheinischen Adelsfamilie. Den Grafentitel hat er sich in Berlin nicht auf seine Visitenkarten drucken lassen, den Doktortitel der Musikwissenschaft schon.

Geiger und Dirigent

Mit drei Jahren hat von Hoensbroech begonnen, Geige zu spielen. Er wurde in Tokio geboren, wo sein Vater bei der japanischen Niederlassung von Bayer gearbeitet hat.

Mit sieben Jahren gewann er bei „Jugend musiziert“, mit 16 bekam er Dirigierunterricht und leitete bereits ein Jahr später verschiedene Chöre und Orchester. Nach der Zeit im Stabsmusikkorps der Bundeswehr studierte er von 1998 bis 2004 in Köln Musikwissenschaft, Philosophie und Rechtswissenschaft und wurde Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes.

Unternehmensberater in Köln

Am Pult des Kölner Streichorchesters Archi di Colonia (seit 2002) und des Münchener Jugendorchesters (ab 2003) hätte sein Traum, Dirigent zu werden, wahr werden können. Aber schlug einen anderen, familienfreundlicheren Weg ein und wurde Unternehmensberater bei der Boston Consulting Group in Köln.

„Dirigieren im übertragenen Sinne ist Alltag für Führungskräfte“, schreibt von Hoensbroech auf seiner Homepage „Leading and conducting.de“ im Internet. Ab 2005 zeigte er Führungskräften von Firmen in Seminaren aus Sicht eines Dirigenten, wie man ein Team führt und motiviert.

Geschäftsführer des Berliner Konzerthauses

Diese Tätigkeit führte den Kölner 2010 ans Konzerthaus in Berlin. In einem kostenlosen Pro-Bono-Programm arbeitete er mit dem Team um Intendant Sebastian Nordmann am Gendarmenmarkt, und Nordmann wollte den Berater gleich da behalten und machte ihn 2013 zum Geschäftsführer.

Seitdem leitet der Vater von vier Söhnen und einer Tochter zusammen mit dem Intendanten das historische Haus im Osten der Stadt, das früher das Preußische Staatstheater war und in dem Gründgens 1932 seinen berühmten Mephisto im „Faust“ spielte.

Espresso-Konzerte und ein Publikumsorchester

Viele neue Ideen haben Raphael von Hoensbroech und Sebastian Nordmann in das Programm am Gendarmenmarkt eingebracht. Das Haus verfügt über ein eigenes Orchester, das Konzerthaus-Orchester Berlin, geleitet von Ivan Fischer, dessen Konzerte die Säulen des Programms sind.

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Aber auch „Espresso-Konzerte“ am Nachmittag, die Reihe „Mittendrin“, in der das Publikum im Orchester auf er Bühne sitzt, ein Publikums-Orchester und Mittagskonzerte am Samstag hat das Leitungsteam auf den Weg gebracht. Und eine interaktive App öffnet das Haus für die junge Generation.

Raphael von Hoensbroech war am Dienstagmittag überrascht, als er von unserer Redaktion von seiner Wahl erfuhr und will sich zu seiner neuen Aufgabe erst äußern, wenn er offiziell gewählt worden ist.

Benedikt Stampa: "Eine gute Wahl"

„Ich freue mich, dass die Stadt meinen Nachfolger so schnell gefunden hat. Jetzt ist ausreichend Zeit, um einen Übergang angemessen gestalten zu können. Die Saison 2018/19 haben wir vorgeplant, einen Umbruch wird es erst in der Spielzeit 2019/20 geben, aber das Konzerthaus Dortmund ist top aufgestellt“, sagt Benedikt Stampa: „Raphael von Hoensbroech steht für ein großstädtisches Konzertleben, er ist eine gute Wahl.“

Die Findungskommission habe mit „knapp unter zehn Kandidaten“ gesprochen, so der Dortmunder Kulturdezernent Jörg Stüdemann. Zwei Bewerber kamen in die engste Auswahl. „Alle haben die ,Dortmunder Dramaturgie‘, die Chorakademie und das Festival Klangvokal gelobt“, so Stüdemann.

12.000 Abonnenten

Zum Netzwerk der 20 besten Konzerthäuser Europas, der „Europaen Concert Hall Organisation“ (ECHO), in die das Konzerthaus Dortmund aufgenommen wurde, gehört das Konzerthaus Berlin nicht. Aber es verfügt mit 12.000 Abonnenten über eine der größten Stammhörerschaften in Europa.

Rund 550 Veranstaltungen in vier Konzertsälen und 17 Aboreihen bietet das Ost-Berliner Pendant zur Philharmonie am Tiergarten.

Soziales Engagement

Wichtig ist Raphael von Hoensbroech auch soziales Engagement. Er leitet die von seiner Tante 1991 gegründete „Csilla von Böselager Stiftung“, deren Mitglieder ehrenamtlich Hilfsprojekte in Osteuropa unterstützen, Nothilfe für Hungrige, Obdachlose, Kranke und Sterbende leisten. Auch Raphael von Hoensbroechs Ehefrau Christina ist Vorstandsmitglied dieser Stiftung.