Deutschland richtet Türkei-Politik neu aus
Reisehinweise verschärft
Angesichts der immer bedrohlicheren Menschenrechtslage in der Türkei lässt es das Auswärtige Amt nicht mehr dabei bewenden, nur Besorgnis zu äußern. Außenminister Sigmar Gabriel kündigt eine Neuausrichtung der Türkei-Politik an und rät dabei auch Reisenden zu "erhöhter Vorsicht".

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) spricht am 20.07.2017 in Berlin im Auswärtigen Amt zu den Medienvertretern anlässlich der diplomatischen Krise zwischen Türkei und Deutschland. Foto: Kay Nietfeld/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Verwendung weltweit
In der schweren diplomatischen Krise zwischen Deutschland und der Türkei hat die Bundesregierung eine neue Eskalationsstufe eingeleitet. Als Reaktion auf die Verhaftung des Menschenrechtlers Peter Steudtner und anderer Deutscher werden die Reisehinweise des Auswärtigen Amts für das Land verschärft, wie Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) am Donnerstag, 20. Juli, in Berlin sagte.
Das Außenamt rät Türkei-Reisenden nun zu „erhöhter Vorsicht“. Außerdem stellt Deutschland die staatliche Absicherung von Türkei-Geschäften der deutschen Wirtschaft durch Hermes-Bürgschaften auf den Prüfstand. Die „Neuausrichtung unserer Türkei-Politik“ sei mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem SPD-Vorsitzenden Martin Schulz abgestimmt, sagte Gabriel.
Döner-Imbiss aus NRW unter Terrorverdacht
Aufgrund der zugespitzten Menschenrechtslage hatte Gabriel am Mittwoch, 19. Juli, seinen Urlaub abgebrochen. Für Aufsehen sorgte auch ein Bericht, wonach Ankara mehrere deutsche Firmen der Terrorunterstützung beschuldigt. Wie die „Zeit“ berichtet, sind auf einer entsprechenden Liste 68 Unternehmen und Einzelpersonen, darunter Daimler und BASF, aber auch ein Spätkaufladen sowie ein Döner-Imbiss in Nordrhein-Westfalen aufgeführt.
Die genannten Unternehmen sollen dem Bericht zufolge Verbindungen zur Bewegung des Predigers Fethullah Gülen haben. Diese wird in der Türkei als Drahtzieher des gescheiterten Putsches im Juli 2016 beschuldigt und als Terrororganisation verfolgt.
Gefahr für Leib und Leben
Reisehinweise veröffentlicht das Auswärtige Amt im Internet für jedes Land und aktualisiert sie regelmäßig. Die schärfere Stufe ist allerdings eine Reisewarnung, bei der es um eine konkrete Gefahr für Leib und Leben geht: Deutsche, die in dem betroffenen Land leben, werden dann gegebenenfalls zur Ausreise aufgefordert; Urlauber können gebuchte Reisen leichter stornieren.
In den neuen „Aktuellen Hinweisen“ heißt es auf der Seite des Auswärtigen Amts nun, privat oder geschäftlich Reisende in der Türkei werde „zu erhöhter Vorsicht geraten und empfohlen, sich auch bei kurzzeitigen Aufenthalten in die Listen für Deutsche im Ausland bei Konsulaten und der Botschaft einzutragen“.
Grund dafür sei, dass „in einigen Fällen Deutsche von freiheitsentziehenden Maßnahmen betroffen“ gewesen seien, „deren Grund oder Dauer nicht nachvollziehbar war“. Teilweise sei der konsularische Zugang „entgegen völkerrechtlicher Verpflichtung“ verweigert worden.