Sabotage-Anschlag auf die Bahn: Staatsschutz ermittelt – Kabel-Diebstahl ausgeschlossen
Kritische Infrastruktur
Sabotageakte in Norddeutschland und im Ruhrgebiet haben am Samstag Chaos im Bahnverkehr ausgelöst. Die Bahn in Deutschland wurde offenbar Ziel eines Anschlags.
Stundenlang ging am Samstag (8.10.) auf den Schienen im Norden nichts mehr. Auch im Ruhrgebiet gab es bei der Bahn große Probleme. Zugausfälle und Verspätungen am Dortmunder Hauptbahnhof beeinträchtigten etwa auch die An- und Abreise von Fußballfans.
Der Grund: Unbekannte hatten wichtige Kommunikationskabel zerstört. Nun sucht die Polizei nach den Tätern. Die Ermittlungen würden dabei in alle Richtungen geführt, erklärte die Bundespolizei. Jetzt hat der Staatsschutz beim Landeskriminalamt Berlin die Ermittlungen zur folgenschweren Bahn-Sabotage übernommen. Es sei zwar nicht auszuschließen, dass es einen politischen Hintergrund gebe, ermittelt werde aber in alle Richtungen, sagte eine Sprecherin. Mit Ergebnissen sei am Sonntag nicht mehr zu rechnen.
„Wir haben einen Tatort in Berlin-Hohenschönhausen“, hatte ein Sprecher der Bundespolizeidirektion Berlin am Samstag erklärt, ein weiterer befindet sich in Nordrhein-Westfalen.“ Aus Sicherheitskreisen hieß es, es seien am Karower Kreuz in Berlin und in Herne in NRW vorsätzlich so genannte Lichtwellenleiterkabel beschädigt worden. Auch das Backup-System sei damit ausgefallen.
Zugkabel in NRW durchtrennt - Kabeldiebstahl ausgeschlossen
Nach Informationen unserer Redaktion wurden in NRW unter einer Brücke Zugkabel durchtrennt worden. Aufgefallen war dies um 2.35 Uhr. Einen Kabeldiebstahl könne man aber definitiv ausschließen, erklärte eine Sprecherin der Bundespolizei. Zu weiteren Details gaben die Ermittler bislang auch aus ermittlungstaktischen Gründen keine Auskunft.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte zuvor gesagt, die Störungen gingen auf Sabotage an zwei Standorten zurück. „Es wurden Kabel mutwillig und vorsätzlich durchtrennt, die für den Zugverkehr unverzichtbar sind.“ Die Bahn sei Ziel eines Anschlags geworden.
Grünen-Chef Omid Nouripour forderte angesichts der Tat Verbesserungen beim Schutz der kritischen Infrastruktur. „Der heutige Anschlag auf die Kabelverbindungen der Bahn hat Chaos auf den Bahnhöfen, Verzögerungen in den Lieferketten und massive Verunsicherung in der Bevölkerung ausgelöst“, sagte Nouripour der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die kritischen Infrastrukturen und damit wir alle seien angreifbar und verletzlich.
Ausfälle am Sonntag der RB 40, RB 32 und der S2 durch Personalausfälle
Auch am Sonntag (9.10.) gibt es Zugausfälle in NRW, diese sind jedoch laut Bahn kurzfristigen Personalausfällen geschuldet. Betroffen sind die Regionalbahn RB 40 zwischen Essen und Hagen bis 12 Uhr; die Regionalbahn RB 32 zwischen Dortmund und Duisburg bis ca. 10.30 Uhr, die S2 zwischen Essen und Dortmund bzw. Dortmund und Recklinghausen (bis ca. 11 Uhr) und die S9 Dortmund-Hagen.
#S9 Ausfall #Hagen Hbf (07:45) > #Recklinghausen Hbf (09:55) & Teilausfall Recklinghausen Hbf (10:04) > #Wuppertal Hbf (11:38). Grund: kurzfristiger Personalausfall
— DB Regio AG - NRW (@Regio_NRW) October 9, 2022
Fern- und Regionalverkehr waren betroffen - Reisende strandeten
Betroffen von der Sabotage waren der Fern- und teils auch der Regionalverkehr der Deutschen Bahn in weiten Teilen Norddeutschlands. Unzählige Fahrgäste strandeten an den großen Bahnhöfen wie Hannover, Hamburg und Berlin. An Auskunftsschaltern bildeten sich lange Warteschlangen.
Im Laufe des Vormittags meldete die Bahn, dass die Störung behoben sei, es aber weiter zu Beeinträchtigungen kommen könne. „Leider müssen Sie weiterhin mit Zug-, Haltausfällen und Verspätungen rechnen“, twitterte die Bahn am Samstagmittag.
Auch internationale Verbindungen waren betroffen. So fuhren keine IC-Züge zwischen Berlin und Amsterdam. IC-Züge von Kopenhagen endeten an der dänisch-deutschen Grenze in Padborg. Stillstand herrschte teils auch bei Regionalzügen - so bei RE- und RB-Verbindungen in Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein, wie die Bahn mitteilte.
Als Alternative schlug das Unternehmen Reisenden zwischen Berlin und Köln sowie zwischen Berlin und Baden-Württemberg und der Schweiz vor, Verbindungen des Fernverkehrs mit Umstieg in Erfurt und Frankfurt am Main zu nutzen. „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass die noch verkehrenden Züge teilweise ein sehr hohes Reisendenaufkommen zu verzeichnen haben“, hieß es.
Viele Reisende, die etwa von Berlin nach Nordrhein-Westfalen fahren wollten, folgten der Empfehlung der Bahn und nahmen den Umweg mit Umstieg in Frankfurt auf sich. Die Folge waren völlig überfüllte Züge, wie ein dpa-Reporter aus dem ICE 934 auf der Fahrt nach Frankfurt berichtete. „Kein Durchkommen in den Gängen, weil alles mit sitzenden oder dort stehenden Fahrgästen blockiert ist“, sagte er.
Gebuchte und nicht genutzte Tickets können bis 15. Oktober flexibel genutzt werden
Wie die Bahn am Sonntag mitteilte können Fahrgäste, die ihre Reise am aufgrund der Auswirkungen der Zugfunkstörung verschoben haben, ihr für den 8. Oktober gebuchtes Ticket für den Fernverkehr bis einschließlich 7 Tage nach Störungsende (15.10.2022) flexibel nutzen. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden.
dpa/kar