Wahlkampf: Das geben Kandidaten in der Region aus
Bundestagswahl
Hände schütteln, diskutieren, Geschenke verteilen. Der Bundestagswahlkampf vor Ort kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Woher kommt es? Kaum jemand redet darüber, aber Studien belegen, dass fast jeder Bundestagskandidat von einer der aussichtsreichen Parteien eigenes Geld zuschießt. Wir haben uns umgehört.

Für die Bundestagswahl 2017 haben die Parteien viele Plakate aufgehangen und Wesselmänner aufgestellt.
Michael Thews aus Lünen, für die SPD erstmals 2013 direkt in den Bundestag gewählt, bestätigt: „Es sind etwa 15.000 Euro aus meinen Einkünften der letzten vier Jahre zurückgelegt worden.“ Dazu gebe es auf Parteiebene auch Beschlüsse. Das meiste Geld für den Wahlkampf kommt aber laut Thews von den Unterbezirken der SPD. Das sind, aufgrund des Zuschnitts des Wahlkreises mit den Städten Hamm, Lünen, Selm und Werne, die beiden Unterbezirke Hamm und Unna.
Nicht jeder SPD-Kandidat muss privat Geld investieren
Mit welcher Summe sie Thews’ Wahlkampf finanzieren, will der Abgeordnete nicht verraten. Zum Gesamtetat mache man grundsätzlich keine Angaben, auch damit die politischen Wettbewerber die Zahl nicht erfahren. Es sei aber „ein ordentlicher Teil des Wahlkampfetats, mehr als ich privat gebe.“
Fahrtkosten stelle er nicht in Rechnung, so Thews, „die zahle ich selbst.“ Dass er privates Geld zuschieße, bedeute aber nicht, dass man Geld haben müsse, um Bundestagskandidat werden zu können, betont Thews. Das klarzustellen sei ihm sehr wichtig. „Bei meiner ersten Kandidatur 2013 musste ich kein Geld privat aufbringen.“
Keine konkreten Zahlen von der CDU
Für CDU-Kandidatin Sylvia Jörrißen aus Hamm – sie sitzt wie Thews seit 2013 im Parlament – beantwortete Werner Thies die Fragen unserer Redaktion. Er ist Geschäftsführer des CDU-Kreisverbandes Hamm.
„Die Kandidatin trägt mit einer fünfstelligen Summe erheblich zur Finanzierung der Informations- und Werbemittel sowie von Veranstaltungen bei“, teilt Thies mit. Ansonsten unterstützten „alle beteiligten Gliederungen der Partei“ den Wahlkampf „im Rahmen ihrer finanziellen und personellen Möglichkeiten“. Konkrete Zahlen nennt Thies nicht.
Sparen durch Anreise mit dem Fahrrad
Der Lüner Eckhard Kneisel tritt erstmals als Bundestagskandidat an – für die Grünen. „Ich zahle bislang bis auf kleinere Spesen nichts drauf. Meine Anreise zu den Terminen erfolgt in der Regel mit dem Fahrrad, das keine Abrechnung erforderlich macht“, erklärt er.
Der Wahlkampf werde aus Mitgliederbeiträgen und „kleineren Spenden an die Partei“ finanziert. Die Ortsverbände Lünen, Selm und Werne sowie der Kreisverband Hamm hätten ihr eigenes Wahlkampfbudget. Lünen werde versuchen, „ein Budget von 3000 Euro nicht zu überschreiten.“Wenn es um personelle Unterstützung gehe, funktioniere das Netzwerk der Grünen sehr gut, betont Kneisel.
FDP-Kreisverband finanziert Wahlkampf der Kandidaten aus eigenen Mitteln
„Ich wende viel Zeit für meinen Wahlkampf auf, aber kein privates Geld“, erklärt Beate Oertel (Foto) aus Hamm, die für die FDP antritt. Der FDP-Kreisverband Hamm wende 5000 bis 6000 Euro aus eigenen Mitteln für den Wahlkampf vor Ort auf, erklärte Schriftführer Ulrich Reuter.
Die Linke: Ablehnung von Zuwendungen aus der Wirtschaft
„Den Einsatz von privaten Mitteln lehnen wir ab. Eine Bundestagskandidatur darf nicht mit dem persönlichen Geldbeutel der Bewerber verknüpft sein“. Das bekräftigt Sven Kleinemeier aus Hamm, der für Die Linke kandidiert.
In Hamm stehe ein Budget von circa 2500 Euro zur Verfügung, finanziert aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. „Zuwendungen von Unternehmen erhalten wir im Gegensatz zu CDU, SPD, Grünen, FDP und AfD nicht“, so Kleinemeier.
- Im Schnitt setzen Christdemokraten 10 482 Euro aus der Privatschatulle ein, um ein Mandat im Bundestag zu erobern. Es folgen Sozialdemokraten (6567 Euro), Grüne (1937 Euro) und Linke (1083 Euro).
- Das sind Zahlen aus der Kandidatenstudie 2013 des Wissenschaftszentrums Berlin.
- Laut einer weiteren empirischen Studie der Universität Lüneburg beziffern die befragten Vertreter von CDU, CSU und SPD die parteiunabhängigen Wahlkampfkosten mit mindestens 10 000 Euro.
AfD-Kandidaten unterstützen sich gegenseitig
Pierre Jung, Kandidat der AfD, macht keine Angaben zum Wahlkampfbudget vor Ort. Er erklärt: „Für die vielen Fahrten verbraucht man eine Menge Sprit, das zahlen wir alle selbst, das Wahlkampfmaterial wird aus der Kreiskasse finanziert oder selbst produziert und gestaltet. Da wir in Hamm ein eher kleiner Kreisverband sind, ist dementsprechend das Budget auch geringer, was aber durch den eigenen Einsatz wieder ausgeglichen werden kann. Wenn das Werbematerial mal knapp wird, helfen sich die Kreise gegenseitig auch mal aus.“
Geringe Ausgaben bei den Piraten
Martin Kesztyüs aus Hamm, Kandidat der Piraten, antwortete am schnellsten auf unsere am 7. September per E-Mail an die Kandidaten gerichteten Fragen: „522,84 Euro Ausgaben für den Wahlkampf bis jetzt“, erklärte er am 9. September. Das sei Geld aus dem Wahlkampfbudget der Piraten. „Privat können sie bestimmt noch mal 200 Euro draufpacken“, so Kestyüs. Zum Gesamtbudget machte er keine Angaben.
Freie Wähler: Unterstützung durch die Bundesvereinigung
Helmut Stalz aus Kamen, der für die Freien Wähler um Stimmen wirbt, setzt nach eigenen Angaben keine privaten Mittel für seinen Wahlkampf ein. „Plakate habe ich selbst geklebt und circa 8000 Infokarten verteilt“, erklärt Stalz.
Für Plakate und Wahlreklame stehe vor Ort ein Etat von 1000 Euro bereit, finanziert von der Bundesvereinigung der Freien Wähler. Die Summe sei nur zur Hälfte ausgeschöpft worden.
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