Wohnen in Lünen
Schimmel im Haus: Lüner Familie leidet unter Gutachterstreit mit Vivawest
Wasserschaden, Schimmelbefall, mehrere Gutachten und eine Baustelle im Mietshaus: Für eine sechsköpfige Familie aus Lünen ist der Wohntraum seit sieben Monaten ein Albtraum.
Bei Jennifer Uttich zeigen sich im Moment eine ganze Reihe von Gefühlszuständen: Wut, Frust, Erschöpfung, Gereiztheit. Die 36-jährige Mutter von vier Kindern im Alter zwischen zwei und 16 Jahren kann die aktuelle Situation nicht mehr ertragen. Seit sieben Monaten lebt die sechsköpfige Familie in einer Drei-Raum-Monteurwohnung in Waltrop. Auf diese waren sie nach einem Wasserschaden ausgewichen, der sich in ihrem Haus in Lünen-Brambauer ereignet hatte. „Ich fühle mich so allein gelassen von allen“, bekennt Jennifer Uttich. „Keiner hilft uns wirklich. Dabei spielt die Vivawest mit unserer Gesundheit. Das grenzt schon ein bisschen an Körperverletzung.“
Eigentlich war das Haus ein Traum: Fünf Zimmer, 110 Quadratmeter, kleiner Garten, nah an den Feldern und mit vielen Nachbarskindern zum Spielen. „Als der Wasserschaden passierte, saß ich unten im Wohnzimmer. Plötzlich hörte ich es im Lüftungsschacht tropfen“, erinnert sich Uttich. „Und dann tropfte plötzlich auch die Lampe.“ Im über dem Wohnzimmer liegenden Bad hatte sich ein Rohr von der Dusche gelöst. So war Wasser in die Wand gelaufen. „Und als dann die Wand geöffnet wurde, wurde ein zweiter, älterer Wasserschaden sichtbar“, erzählt die gelernte Erzieherin. Dieser hatte bereits massiven Schimmel gebildet.
Gutachten weist Schimmel in der Wohnung nach
Einen Monat blieb die Familie noch in dem Haus. Die Kinder wurden in den Zimmern umverteilt, möglichst weit weg von den giftigen Pilzen. Uttich wandte sich an die Stadt und das Gesundheitsamt. „Leider fühlt sich keiner zuständig. Man hat mir lediglich eine Liste mit Gutachtern zukommen lassen.“ Die Kosten von knapp 300 Euro soll sie selbst zahlen.
Jennifer Uttlich zeigt die Schäden in dem Raum, der für das Badezimmer vorgesehen ist. Rechts angrenzend liegt das Schlafzimmer. © Kristina Gerstenmaier
Als sie das veranlasst, wird auch die Vivawest als Vermieter tätig. „In allen drei Materialproben sind sehr hohe Konzentrationen an Gesamtsporen von Schimmelpilzen gemessen worden“, schreibt Marveé Hoffmann, Gutachterin bei der Umwelt Control Labor GmbH Lünen (UCL) in ihrem Bericht zum Schimmelbefall.
Aspergillus versicolor complex sei nachgewiesen worden, ein typischer Indikatorpilz bei Feuchtschäden. „Des Weiteren wurde in der Probe des Rigips eine hohe Konzentration Stachybotrys spp. entdeckt. Schon bei geringen Sporenkonzentrationen in der Raumluft können Toxinwirkungen beim Menschen auftreten“, heißt es weiter.
Familie klagt über gesundheitliche Probleme
Das veranlasste die Familie dazu, aus dem Haus auszuziehen. „Wir wollten uns einfach nicht dem gesundheitsgefährdenden Risiko aussetzen, während dort die Arbeiten durchgeführt wurden“, erklärt Jennifer Uttich. Seit Öffnung der Dusche und weiterer Wände hätten die Kinder während des einen Monats, die sie im Haus verblieben, Schlafstörungen, Hautausschläge, Kopfschmerzen, Fieber, Angstzustände, Halsschmerzen, Bauchschmerzen und Durchfall gehabt.
Sie selbst klagt über starke Knochenschmerzen. „Alle diese Krankheitsbilder sind Anzeichen für Schwarzschimmel“, sagt die Mutter. Man zog zurück in die alte Heimat Waltrop: Drei Zimmer in einer Monteurwohnung wurden ihr neues Zuhause. Mieter des Reihenhauses in Brambauer blieb sie über diese Zeit. „Wir kommen zum Beispiel hierher, um Wäsche zu waschen“, erklärt Jennifer Uttich.
Nach sieben Monaten Bautätigkeiten wäre die Wohnung nun so weit, in den Ursprungszustand zurückversetzt zu werden - sprich die Wände zu schließen.
Ein Gutachten, das Luftwerte im unbedenklichen Bereich bescheinigt, belege das, habe die Vivawest ihr mitgeteilt, berichtet Uttich. Das Gutachten habe sie allerdings nie gesehen. Vivawest erklärt auf Anfrage, dass die ausführende Firma eine Messung durchgeführt, um eine aktuelle Schimmelbelastung nach Beendigung der Arbeiten auszuschließen.
Im Boden-Beton des Badezimmers sitzt Schwarzschimmel. Das belegt ein Gutachten. © Kristina Gerstenmaier
Utterich glaubt nicht an die Aussagekraft der Untersuchung. „Wir durften drei Tage, bevor das gemacht wurde, nicht mehr ins Haus. Aber Schimmelsporen wirbeln natürlich nur dann auf, wenn man über den Boden läuft.“ Ein von ihr in Auftrag gegebenes erneutes Gutachten belegt hingegen noch immer Schimmelbefall. Nicht in den Wänden, aber im Boden.
Neues Gutachten belegt weiteren Schimmelbefall
Zusammenfassend heißt es in diesem Gutachten: „Die Summe der kultivierbaren Schimmelpilze deutet auf einen leichten Befall hin. Bedenklich erscheinen die vergleichsweise hohen Konzentrationen von Aspergillus versicolor und Stachybotrys im Beton. Aus gutachterlicher Sicht sollte der Estrich entfernt werden, damit der darunterliegende Beton trocknen und gereinigt werden kann.“
Durch den Schimmelbefall könne es zu Atembeschwerden sowie zu grippeähnlichen Symptomen und auch zu Haarausfall, Durchfall, nässende Hautentzündungen und einer Schwächung des Immunsystems kommen, heißt es in dem Gutachten. Unter diesen Umständen möchten Jennifer Uttich und ihr Partner David Brinkmann gemeinsam mit den vier Kindern auf keinen Fall erneut das Haus beziehen.
Auf ihre Bitten hin, weitere Renovierungsarbeiten durchzuführen, reagiere Vivawest nicht mehr. Auch sei die Vivawest ihrem Wunsch nach einer angemessenen Ersatzbleibe über all die Monate hinweg nicht nachgekommen. „Ich glaube, die wollen uns jetzt einfach loswerden, um ohne großes Aufsehen das Haus an andere vermieten zu können“, vermutet Jennifer Uttich.
Auch ihr wäre es recht, das Reihenhäuschen einfach hinter sich zu lassen. Aber: „Eigentlich bräuchten wir nur einen Helfer mit Herz, der uns eine Ersatzbleibe anbieten könnte. Aber auch das ist echt schwierig!“ Vier Schlafräume wären schön, drei gingen zur Not auch. 110 Quadratmeter sollten es sein. Mehr als 1400 Euro Warmmiete wären, trotz doppelter Berufstätigkeit, nicht zu leisten.
Derzeit keine Mietkosten für sechsköpfige Familie
Von der Vivawest heißt es indessen auf Anfrage der Redaktion: „Der Wasserschaden wurde uns gemeldet. Die entsprechenden Reparaturarbeiten sind veranlasst worden. Erst bei den Arbeiten stellte sich heraus, dass Wasser bereits über einen längeren Zeitraum in der Wand ausgetreten sein musste und dadurch größere Teile des Badezimmers betroffen waren, was eine aufwändige Sanierung zur Folge hatte“, beschreibt Konzern-Sprecher Gregor Boldt die Lage.
Ihre Möbel hat die Familie auf eigene Kosten aus dem Haus gebracht, um sie vor Schimmelbefall zu schützen. Nur die Couch ist erst nach dem Auszug in die Monteurwohnung geliefert worden und muss nun abgedeckt im Wohnzimmer warten. © Kristina Gerstenmaier
Kurzfristig sei es leider nicht möglich gewesen, der betroffenen sechsköpfigen Familie eine der Personenzahl des Haushalts angemessene Ersatzwohnung anzubieten. Jennifer Uttich sagt dazu: „Ich habe beobachtet, wie um uns herum immer wieder vergleichbare Häuser frei waren, die anderweitig vergeben wurden.“
Für die Dauer der Unbewohnbarkeit des Hauses werde der Familie „selbstverständlich keine Miete berechnet“, heißt es von der Vivawest. Auch das war ein Streitpunkt. Derzeit zahlt die Versicherung von Utterich die Miete. Ungerechtfertigt, wie sie meint, und auch nicht mehr lange.
„Die Arbeiten stehen kurz vor dem Abschluss“, erklärt Boldt die Sicht des Unternehmens Vivawest. Da die Familie ein eigenes Gutachten erstellt hatte und sich derzeit von einem Rechtsanwalt vertreten lasse, werde man dieses Gutachten nun mit der Versicherung und der ausführenden Firma besprechen und im Anschluss den Anwalt der Familie kontaktieren. „Wir sind weiterhin zuversichtlich, in dem Sachverhalt eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung erzielen zu können“, so Gregor Boldt.
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