An 14 verschiedenen Stellen in Lünen haben Freiwillige am Sonntag wilden Müll im Stadtgebiet gesammelt. Wie hier rund um den Preußenhafen. © Günther Goldstein
Wilder Müll
Müllsammeln in Lünen: Wilde Kippe vorm Wertstoffhof und andere Aufreger
100 Müllpicker, rund 250 Freiwillige und unzählige Müllsäcke: Beim „Frühjahrsputz“ in Lünen geht es nicht nur wilden Müllkippen an den Kragen. Die Aktion zeigt erneut, wie groß das Problem ist.
Ausgerüstet mit Müllpickern, Plastiksäcken, Bollerwagen und Handschuhen sind rund 250 Menschen am Sonntag (27. 3.) in ganz Lünen zum Frühjahrsputz unterwegs gewesen. Nicht im eigenen Haus oder Garten, sondern in öffentlichen Parks, an Straßen, auf Parkplätzen.
Die Sammelaktion unter dem Motto „Lünen putzt sich raus“, zu der die Grünen aufgerufen hatten, hat in diesem Jahr deutlich mehr Zulauf gefunden als bislang. „Dass wir mittlerweile so viel Akzeptanz finden, ist eigentlich toll“, sagt Tessa Schächter, Initiatorin der Aktion und Fraktionssprecherin der Grünen im Rat, am Sonntag im Gespräch. Wobei der Anlass alles andere als erfreulich ist: Verpackungen, alte Reifen, sogar ein Metallregal finden die 15 ehrenamtlichen Müllsammler im Umfeld ihrer Station am Brückenkamp. Direkt vor der Haustür der Mülldeponie der GWA, wo der Müll auch legal gegen eine Gebühr entsorgt werden könnte.
Initiatorin Tessa Schächter von den Grünen sammelt am Sonntag Müll am Brückenkamp. Die Straße zur GWA Deponie ist einer der Hotspots für wilde Müllkippen in Lünen. © Matthias Stachelhaus
20 volle Müllsäcke von 200 Metern Straße
Bereits eine Stunde nach Start haben sie gut 20 Säcke gesammelt, daneben liegt das, was nicht in Säcke passt. Ein alter Reifen zum Beispiel. Entlang von gerade mal 200 Metern Straße wohlgemerkt. „Vielen Menschen fehlt einfach das Bewusstsein dafür, welchen Schaden sie damit anrichten“, sagt Schächter.
Die Gebühren für die Entsorgung, die Mancher sich so spart, zahlt am Ende im Übertragenen Sinne die Natur und natürlich alle Bürger. Denn die Kosten für die Entsorgung wilden Mülls durch die WBL werden über die Abfallgebühren umgelegt.
Dass Lünen ein wachsendes Problem mit wilden Müllkippen hat, ist kein Geheimnis. 280 Tonnen sammelte die WBL im Jahr 2021 ein. Ein neuer Rekord. 2017 waren es noch 101 Tonnen wilder Müll, 2019 schon 194 Tonnen. Erwischt werden die Verursacher in den seltensten Fällen. Selbst eindeutige Hinweise - wie etwa Adressen auf Paketen oder Briefen - reichen teilweise nicht, um Geldstrafen durchzusetzen. Abenteuerliche Ausreden, dass der Müll zwar ordentlich entsorgt, dann aber gestohlen und in die Natur gekippt wurde, kennt auch die WBL.
14 Sammelstellen in Lünen
Die Sammelstelle am Brückenkamp ist am Sonntag eine von insgesamt 14 in ganz Lünen. Ein echter Hotspot, genauso wie der angrenzende Volkspark Schwansbell. „Das liegt auch daran, dass hier Lkw parken und die Fahrer ihren Müll hinterlassen“, sagt Schächter. „Nichts gegen die Fahrer, wir brauchen hier vielleicht einen Container.“ Und eine Toilette. Denn auch ihre Notdurft verrichten die Fahrer mangels Alternative direkt an dem Parkplatz.
Auch rund um das Brambauer Freibad ging es bei den freiwilligen Helfern am Sonntag darum, möglichst viel wilden Müll aus der Natur zu entfernen. Die Ausstattung mit Müllpickern, Handschuhen und Mülltüten wurde von Sponsoren gestellt. © Günther Goldstein
Nur ein kleiner Einblick, an einer einzelnen von vielen Problemstellen im Stadtgebiet. Ein paar hundert Meter weiter, auf dem Parkplatz im Wald des Volksparks ziehen die Helfer unter anderem Teile einer Waschmaschine aus dem Gebüsch. „Hier könnte man das alle zwei Wochen machen“, sagt Emily Platte (16), die hier zusammen mit freiwilligen Helfern und weiteren Mitgliedern von „Fridays for Future Lünen“ Müll sammelt. Das Zwischenergebnis am frühen Nachmittag: ein gutes Dutzend gefüllter Müllsäcke, sogar Weihnachtsdeko haben die rund 30 Mitwirkenden gefunden.
Aktion für die ganze Stadtgesellschaft
Das man sich zum Müllsammeln gar nicht erst aus dem Stadtzentrum herausbewegen muss, zeigt sich bei der Station der SPD, rund um die Stadttorstraße, entlang des Lippedamms und auf dem Parkplatz des Heinz-Hilpert-Theaters. „Leider ist die Aktion sehr notwendig“, sagt SPD-Stadtverbandsvorsitzender Norbert Janßen im Gespräch. Schmutzige Highlights hier: alte Windeln und Gummistiefel.
Nach der Aufräumaktion waren alle Helfer an vier Stellen in Lünen zum Grillen eingeladen. Würstchen, Brötchen und Getränke gab es von Getränke Gefromm, Getränke Stefan, Fleischerei Bernemann, Stolzenhoff, Bäckerei Kanne und Mein Brötchen Taxi gesponsert. © Günther Goldstein
Apropos Gespräche: Die soll es geben, um diese und ähnliche Aktionen künftig stadtweit breiter aufzustellen, wie Janßen und auch Paul Jahnke (CDU Brambauer) am Sonntag bestätigen. Schon bei der aktuellen Aktion waren nicht nur die Parteien Grüne, SPD, CDU und FDP mit dabei. Neben FFF, der LIGA außerdem auch der Förderverein Overbergschule, der Verein Hundewald Doghausen, der Freibadverein Brambauer, der Tierschutzverein Lünen, Kolping und natürlich viele engagierte Privatleute. „Vielleicht müssen wir das auch mehrfach im Jahr machen“, sagt Jahnke. Ganz spontan hatten sich hier auch Menschen aus der Ukraine an der Aktion beteiligt. „Das hat uns sehr gefreut“, so Jahnke. Wichtig sei, dass die Müllaktion zusammen mit gesamten Stadtgesellschaft angegangen werde.
Lösungsvorschläge und Bürokratie
Dabei ausschließlich auf freiwillige Sammelaktionen zu setzen wird nicht reichen. „Wir suchen schon seit drei Jahren nach einer Lösung am Kanal“, sagt Tessa Schächter. Im Sommer ist der, genau wie der Seepark mit dem Horstmarer See ein beliebtes Ausflugsziel. Zurück bleibt häufig viel Müll.
„Lösungsvorschläge scheitern dabei oft auch an der Bürokratie und Vorgaben“, so Schächter weiter. Von Zuständigkeiten für die Müllentsorgung am Kanal, der Möglichkeit, mehr Helfer der Stadtbildpflege einzusetzen bis hin zu einer Videoüberwachung am Brückenkamp.
Innerhalb von einer Stunde waren am Brückenkamp schon rund 20 Säcke Müll zusammengekommen. Das Ergebnis der Sammelaktion entlang von etwa 200 Metern Straße. © Matthias Stachelhaus
Schächter hat auch die einfachste Lösung parat: Den Müll vermeiden. „Man schafft es auch, die Zigaretten zu kaufen und bis zum Kanal mitzunehmen. Aber die Stummel bleiben hinterher liegen“, nennt sie nur ein Beispiel. „Das sind doch auch Naherholungsgebiete. Da will jeder es doch schön und sauber haben.“
Einen besonderen Dank richtet die Schächter nicht nur an alle Helfer, für die es im Anschluss noch Gegrilltes und Getränke gibt, sondern auch an alle Sponsoren der Aktion. Nicht zuletzt auch an die WBL, die den gesammelten Müll am Montag abholen wird.
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