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Ex-Mercedes-Fläche: Lüner Politik soll Weg für Bebauung freimachen
Bauverein zu Lünen
Seit Dezember 2019 nennt der Bauverein zu Lünen die ehemalige Mercedes-Fläche an der Langen Straße sein Eigen. Die alten Gebäude sind zwar abgerissen, trotzdem wird dort noch nicht gebaut.
Die vom Bauverein zu Lünen geplante Entwicklung der ehemaligen Mercedes-Fläche nimmt nach Wochen des Stillstands wieder Fahrt auf. Zumindest steht das Thema auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HuF) am Donnerstag (29. April). Wobei sich an der Ausgangslage im Kern nichts geändert hat.
Gleich zu Beginn der HuF-Sitzung am Donnerstag, (21. Januar), hatte Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns das Thema auf Bitte des Bauvereins von der Tagesordnung genommen. Der Bauverein wolle nunmehr eine Bauvoranfrage stellen, hatte es damals kurz und knapp geheißen. Ursprünglich hatte der Bauverein die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beantragt.
Zu der Planänderung hatte der Lüner Wohnungsanbieter unserer Redaktion auf Nachfrage am Donnerstag (28. Januar) schriftlich mitgeteilt:
- „Nach intensiven Beratungen mit dem von uns beauftragten Städteplaner Pesch & Partner (Dortmund) haben wir beschlossen, die Bebauung der ehemaligen Mercedes-Fläche über eine Bauvoranfrage zu beantragen.
- Die Änderung unseres Vorgehens stützen wir unter anderem auf die Innenbereichssatzung, wonach die Bebauung der ehemaligen Mercedesfläche nach Paragraph 34 BauGB zu beurteilen ist.
- Um keine Zeit zu verlieren, wird die Bauvoranfrage in den nächsten Wochen bei der Bauverwaltung eingereicht.“
- Durch die Beurteilung des Bauvorhabens über § 34 BauGB würde die Entwicklung der Fläche erheblich beschleunigt, hieß es weiter.
Die angekündigte Bauvoranfrage hat der Bauverein zu Lünen nicht gestellt. Kein Wunder, weil das geplante Bauvorhaben nach § 34 BauGB laut der Verwaltungsvorlage „nicht genehmigungsfähig“ ist.
Derweil teilte Stadtsprecher Benedikt Spangardt der Redaktion am Donnerstag (15. April) mit Hinweis auf die kommende HuF-Sitzung schriftlich mit:
„Nein, eine Bauvoranfrage hat der Bauverein nicht gestellt. Die Tagesordnung ist jetzt online und sie enthält den Tagesordnungspunkt ‚Beschluss zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes‘ für das Linden-Quartier.“
Im Gegensatz zu den anderen Tagesordnungspunkten lag die Verwaltungs- beziehungsweise Beschlussvorlage für die Entwicklung des Lindenquartiers, damit gemeint ist die ehemalige Mercedesfläche, erst acht Tage später, am Donnerstag (22. April), vor, weil daran noch gearbeitet werden musste, wie es hieß.
Wie aus der Vorlage hervorgeht, hat der Bauverein zu Lünen „mit Antrag vom 12. April 2021 (...) beantragt, das Verfahren zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans einzuleiten.“ So wie schon für die HuF-Sitzung im Januar.
Der Beschlussvorschlag im Januar
Nach Angaben der Stadt von Ende Januar sah der Beschlussvorschlag, der es nie auf die entsprechende Internetseite der Stadt schaffte und damit auch nicht für die Öffentlichkeit und die Redaktion einsehbar war, in etwa so aus:
- Die Vorlage (VL-2/2021) Bebauungsplan Lünen Nr. 236 „Linden-Quartier V+E“ hätte vorgesehen, dass
- (a) mit dem „Beschluss zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes“ die Aufstellung des Bebauungsplans beschlossen worden wäre und
- (b) mit dem „Beschluss zur inhaltlichen Erarbeitung“ inhaltliche Richtlinien für die Erarbeitung desselben vorgegeben worden wären.
Dazu hatte es damals weiter geheißen bei der Stadt: „Das heißt, hier wären die Aufgaben ausgearbeitet worden, die einem Vorhabenträger bei der Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans regelmäßig aufgetragen werden.“
Der Beschlussvorschlag im April
Im Gegensatz zu der Januar-Variante sieht der April-Vorschlag so aus:
- a) Der Haupt- und Finanzausschuss beschließt die Aufstellung des Bebauungsplanes Lünen Nr. 236 „Linden-Quartier V+E“ im Stadtteil Stadtmitte.
- Der Bebauungsplan soll als vorhabenbezogener Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren gemäß § 12 i. V. m. § 13a BauGB aufgestellt werden.
- b) Der Haupt- und Finanzausschuss beschließt auf die frühzeitige Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 BauGB und § 4 Abs.1 BauGB aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung zu verzichten.
- Um die Öffentlichkeit dennoch in einem frühen Planungsstadium zu beteiligen, ist eine Bürgerinformationsveranstaltung in geeigneter Form durchzuführen.
Neben dem Verzicht auf die „frühzeitige Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung (im Gegensatz zur Januar-Variante, Anm. d. Red.) soll der HuF-Ausschuss am Donnerstag auch zustimmen, dass der Bauverein auf der rund 10.000 Quadratmeter großen Fläche im Herzen der City keine öffentlich geförderten Wohnungen baut.
Obwohl der Stadtrat im September 2020 beschlossen hat, dass bei Bauvorhaben stets ein gewisser Anteil Wohnungsraum öffentlich gefördert sein muss. Für das Lindenquartier liegt diese Förderquote bei 20 Prozent.
In der Vorlage findet sich dazu folgender Hinweis:
„Der Bauverein zu Lünen plant auf dem Grundstück keinen öffentlich geförderten Wohnungsbau zu realisieren. Alternativ sollen bei Wohnungsbeständen in räumlichem Zusammenhang zum geplanten Quartier die Bindungsfristen verlängert beziehungsweise Bindungsfristen vereinbart werden.“
Ob die Verwaltungsvorlage und damit den Plänen des Bauvereins Rechnung getragen wird, entscheidet der HuF-Ausschuss am Donnerstag (29. April).
Die Sitzung ist im Übrigen öffentlich und beginnt um 17 Uhr im Erlebnisreich Campus an der Hüttenallee 64.
- Mit dem Bauverein zu Lünen als Vorhabenträger wurde nach Angaben der Verwaltung vereinbart, dass der Bauverein „angesichts der Bedeutung der Entwicklungsfläche obligatorisch zu beteiligende Lüner Beirat für Stadtgestaltung und Baukultur (LBSB) sich wegen der hohen Bedeutung der Entwicklungsfläche noch vor den Sommerferien 2021 in einer Sitzung mit den konkreten Plänen des Bauvereins befassen soll.
- Der Bauverein will auf der 10.500 Quadratmeter großen Fläche rund 60 Wohnungen sowie Büro- und Dienstleistungsflächen bauen.
Jahrgang 1968, in Dortmund geboren, Diplom-Ökonom. Seit 1997 für Lensing Media unterwegs. Er mag es, den Dingen auf den Grund zu gehen.
