Der Bauverein zu Lünen will auf der ehemaligen Mercedes-Fläche an der Langen Straße, wie auf dem Entwurf zu sehen ist, auch 50 Wohnungen bauen.

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Pläne für Ex-Mercedes-Fläche: Gestaltungsbeirat widerspricht Stadt Lünen

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Wenn es um architektonische Fragen geht, ist der Lüner Beirat für Stadtgestaltung und Baukultur seit 2019 die Institution vor Ort. Aber gilt das auch für die Entwicklung der Ex-Mercedes-Fläche?

Lünen

, 07.02.2020, 15:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Der im Frühjahr 2019 von der Verwaltung ins Leben gerufene Lüner Beirat für Stadtgestaltung und Baukultur (LBSB) hat sich - im Gegensatz zu Angaben der Stadt - noch nicht mit den Plänen des Bauvereins zu Lünen für die künftige Nutzung der Ex-Mercedes-Fläche im Herzen der City beschäftigt.

„Der Beirat hat noch nicht über den Entwurf beraten. Der Bauverein hat uns den Entwurf noch nicht vorgestellt.“ Das sagte Boris Biskamp vom Bochumer Architektenbüro „Rübsamen Partner Architekten BDA“ und Vorsitzender des Beirats am Freitag (31.1) im Gespräch mit unserer Redaktion.

Im weiteren Verfahren eingebunden?

„Wir gehen davon aus, dass wir im weiteren Verfahren eingebunden sind“, sagte Boris Biskamp weiter: „Bislang kennen wir den Entwurf nur aus der Presse.“

Die konstituierende Sitzung des Beirats fand im Mai 2019 statt. Ein zweites Treffen im September vergangenen Jahres. Die nächste nicht-öffentliche Sitzung soll Mitte März dieses Jahres stattfinden.

Der LBSB soll laut Stadt dazu beizutragen, das Stadtbild gestalterisch zu verbessern. Er soll die architektonische und städtebauliche Qualität auf einem hohen Niveau sichern und dabei helfen, sie fortzusetzen und Fehlentwicklungen in Architektur und Städtebau zu vermeiden.

„Außerdem hoffen wir, dass die Arbeit des Beirats positiven Einfluss auf das Bewusstsein für Architektur und Stadtgestaltung hat, in der Öffentlichkeit ebenso wie in Politik und Verwaltung.“ Das hatte Lünens Technischer Beigeordneter Arnold Reeker im Mai 2019 gesagt.

Ob es im Fall der ehemaligen Mercedes-Fläche am Ende dazu kommt, bleibt abzuwarten. Nicht-öffentliche Sitzungen und eine undurchsichtige Informationspolitik dürften da eher hinderlich sein.

Widersprüchliche Angaben

Denn im Gegensatz zu Boris Biskamp hatte Stadtsprecher Benedikt Spangardt im Oktober 2019 auf die Frage, was denn der LBSB von dem Entwurf des Bauvereins hält, geantwortet:

„Der Beirat hat sich mit dem Thema bereits beschäftigt, allerdings bisher nur in nicht-öffentlicher Sitzung. Unabhängig vom Ergebnis der Befassung ist es so, dass der Gestaltungsbeirat eine beratende Funktion hat. Vorschläge, die eine wesentliche Änderung des vom Bauverein vorstellten Entwurfs bedeuten würden, bedürften dessen Zustimmung.“

Ergänzend hatte Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns seinerzeit (vorsichtshalber?) festgestellt:

„Nachträglich zu verlangen, dass der Bauverein sein Konzept aufgibt, wäre auch treuwidrig, weil hier das Kaufangebot und der konkrete Entwurf erkennbar auch wirtschaftlich miteinander verknüpft sind.“

Fehlendes Wettbewerbsverfahren

Was dem Lüner Beirat für Stadtgestaltung und Baukultur vermutlich überhaupt nicht gefallen dürfte ist die Tatsache, dass der Bauverein ohne jegliches Wettbewerbsverfahren den Zuschlag für den Kauf und die Entwicklung der Fläche erhalten hat.

„Architektenwettbewerbe leisten unverzichtbare Hilfe beim Auffinden der bestmöglichen Qualität im Hinblick auf Funktion, Wirtschaftlichkeit und Gestaltung“, hatte Boris Biskamp dem Stadtentwicklungs-Ausschuss im Oktober 2019 ins Stammbuch geschrieben: „Nur der Vergleich alternativer Lösungsansätze bietet die beste Beurteilungsgrundlage.“

Zu der in Verwaltungskreisen kursierenden Behauptung, es habe deshalb kein Wettbewerbsverfahren zwecks bestmöglicher Entwicklung des Areals gegeben, weil der Bauverein die Stadt unter Druck gesetzt habe, hatte Stadtsprecher Benedikt Spangardt im Dezember 2019 erklärt, dass das nicht stimme:

„Richtig ist, dass der Bauverein der Stadt ein Angebot gemacht hat, bevor bei der Stadt entschieden war, ob man überhaupt der Überlegung aus der Zukunftswerkstatt folgen und ein Wettbewerbsverfahren einleiten will.“

Zur Sache

Das ist der Lüner Beirat für Stadtgestaltung und Baukultur

  • Der Gestaltungsbeirat besteht aus fünf Mitgliedern: Boris Biskamp (Architekt), Dirk Godau (Architekt), Juliane Kopperschmidt (Landschaftsarchitektin), Ulrich Paßlick (Raumplaner) und Gunnar Ramsfjell (Architekt) gehören dem Gremium an. Sie wurden vom Rat der Stadt Lünen berufen.
  • Zum Vorsitzenden wählten die Beiratsmitglieder in ihrer ersten Sitzung Boris Biskamp, sein Stellvertreter ist Gunnar Ramsfjell.
  • Die Mitglieder des LBSB müssen laut der Satzung des Beirats „externe Fachleute in den Gebieten Architektur, Landschaftsplanung und Städtebau oder vergleichbarer Fachbereiche“ sein.
  • Daher kommen alle fünf Experten nicht aus Lünen und bringen unterschiedlichste praktische Erfahrungen mit. Satzungsgemäß dürfen sie in ihrer Amtszeit auch keine Bau- oder Planungsprojekte in Lünen angehen.
  • Damit soll die Unabhängigkeit des Gremiums gesichert werden. Der Experten-Beirat wird vervollständigt von fünf sogenannten „passiven Mitgliedern“ aus den Reihen des Rates der Stadt Lünen. Diese haben kein Stimmrecht.
  • Die Satzung sieht vor, dass die drei größten Ratsfraktionen durch je eine Person vertreten werden und zwei weitere Personen die restlichen Fraktionen vertreten.