
© Jürgen Patzke
Eine Ode an den Lokalsport: Was ich im Lockdown am meisten vermisse
Meinung
Der zweite Lockdown lässt den Amateursport wieder ruhen. Das betrifft auch die Arbeit in der Sportredaktion. Die Spiele am Wochenende sind nicht mal das, was am meisten fehlt, findet unser Autor.
Der Januar ist nun schon der dritte Monat, in dem im Amateursport quasi alles stillsteht. Spiele finden nicht mehr statt, trainiert wird auch nicht. Die Corona-Pandemie hat nicht nur Auswirkungen auf die Sportler, sondern auch auf unsere Arbeit als Reporter. Sie erschwert es uns, hat uns zuletzt aber in unserem eingeschlagenen Weg auch weiter bestärkt.
Seit dem 1. November ist im Lokalsport wieder alles anders. Die Zahl der aktuellen Nachrichten, über die wir berichten können, hat seit dem ersten Tag des zweiten Lockdowns, der mittlerweile bis Mitte Februar ausgedehnt wurde, täglich abgenommen.
2,5 Monate ohne Lokalsport hinterlassen Spuren
Dementsprechend wird es auch immer schwieriger, neue Themen zu finden. Um ehrlich zu sein: Das nervt. Aber das ist eben derzeit so. Ändern können wir es ohnehin nicht, wir können nur mit vorbildlichem Verhalten dafür sorgen, dass es in Zukunft wieder besser sein wird.
Spreche ich mit Freunden darüber, wie die Arbeit als Lokalsport-Redakteur aktuell ist, gehen sie oft davon aus, dass es mir fehlt, sonntags Spiele live am Sportplatz zu verfolgen.
Das ist natürlich auch etwas, das ich stark vermisse. Doch nicht die Partien selbst sind es, die mich nach 2,5 Monaten ohne sie langsam melancholisch werden lassen. Es sind vielmehr die vielen kleinen Dinge vor, während oder nach dem Spiel, die fehlen.
Sei es der Trainer, der sich über einen unnötigen Fehlpass aufregt, die kleinen Diskussionen zwischen Spielern und dem Schiedsrichter oder die Gespräche zwischen den Zuschauern links und rechts von mir, die (mit mal mehr, mal weniger Fachwissen) über das dahinplätschernde Spiel diskutieren.
Nach Abpfiff sind die Trainer am emotionalsten, das fehlt derzeit
Klar ist aber auch: Jetzt in den Wintermonaten gab es auch schon den ein oder anderen Sonntag, an dem ich nicht traurig war, nicht im Regen bei 5 Grad am Platz zu sein.
Umso lieber würde ich aber gerne wieder regelmäßig samstagabends in der Halle am Schulzentrum stehen und dem HSC Haltern-Sythen zuschauen. Warm ist es dort eigentlich immer bei Spielen, was wahrscheinlich daran liegt, dass die Halle - in Nicht-Corona-Zeiten - meist auch bis zum letzten Platz gefüllt ist.
Am Sonntag folgt dann im Normalbetrieb direkt das nächste Highlight: Die Gespräche nach den Fußballspielen. Dazu gehören sowohl die Gespräche direkt am Sportplatz als auch die hinterher am Telefon. Um kurz vor 17 Uhr, wenn die Partien meist gerade abgepfiffen sind, sind die Trainerstimmen am schönsten; sie sind emotional und ehrlich.
Sei es nach einer brutalen 0:5-Niederlage, wenn TuS-Trainer Timo Ostdorf zugibt, dass es ohne einen gewissen Stamm an erfahrenen Spielern einfach noch nicht als Team für die Oberliga reicht, oder wenn Flaesheims Coach Michael Onnebrink trotz eines deutlichen Sieges kritisch bleibt und zur Vorsicht mahnt.
Spieltage liefern für gewöhnlich zahlreiche neue Themen
Die Gespräche mit den Trainern und Spielern vor und nach den Spielen sind das, was ich an diesem Beruf so sehr liebe. Und auch wenn ich in der jetzigen Zeit noch viel mit einigen von ihnen spreche, so fehlen mir doch die typischen Unterhaltungen nach einem Spieltags-Wochenende.
Der Stürmer, der einen Viererpack erzielt hat, der Feldspieler, der im Tor aushelfen musste oder der Kapitän, der sich nach dem vierten verschuldeten Elfmeter im vierten Spiel hintereinander ärgert - all das sind die Geschichten, die zu schreiben am meisten Spaß machen. Und all diese verrückten, kuriosen oder einfach nur ungewöhnlichen Ereignisse fehlen derzeit.
Das macht sich auch in unserer Berichterstattung bemerkbar. Der Arbeitsalltag ist - zumindest in der Woche - zwar ähnlich geblieben, doch die Themen fliegen einem nicht mehr so zu wie früher nach so manchem durchgeknallten Wochenende. Und seien wir mal ehrlich: Im Sport sind die Themen ohne sportliche Ereignisse endlich, irgendwann ist Schluss. So realistisch müssen wir sein.
Die Geschichte der einzelnen Sportler ist spannender als das Ergebnis
Wir haben uns in den vergangenen Monaten noch mehr auf einzelne Personen konzentriert als wir es zuvor schon getan haben. Für uns ist der Lokalsport schon seit Jahren kein reiner Ergebnissport mehr. Es sind die Menschen und ihre persönlichen Geschichten am Rande eines sportlichen Wettkampfes, die uns interessieren.
Dieser Blick auf das Sportgeschehen wird sich auch in Zukunft nicht wieder ändern, wenn an Wochenenden wieder gespielt wird. Der Unterschied zu heute wird dann nur darin liegen, dass uns wieder noch mehr spannende Geschichten zur Auswahl stehen. Geschichten, die Sie beim Lesen dann hoffentlich genau so mitreißen, bewegen oder aufregen wie uns beim Schreiben.
Erst als Praktikant, dann als freier Mitarbeiter und nach dem Volontariat seit 2021 als Redakteur für Lensing Media im Einsatz. Am liebsten im Lokalsport unterwegs - denn abseits der reinen Ergebnisse hat jedes Spiel und jeder Sportler eine spannende Geschichte zu erzählen.
