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„Spaß macht es momentan nicht“: Corona macht Timo Ostdorf zum Gesundheitsminister
Fußball
Kurz vor dem Oberliga-Restart muss der TuS Haltern schon wieder ein Testspiel absagen. Timo Ostdorf ist genervt und gibt Einblick in die komplizierte Arbeit eines Trainers in der Pandemie.
Fußball ist noch immer die schönste Nebensache der Welt“, sagt Timo Ostdorf, Trainer des TuS Haltern am See, und fährt fort: „Aber für das Trainerteam und auch die Jungs kann ich sagen, Spaß macht es momentan nicht.“ Der Coach des Oberligisten ist genervt, betont aber auch: So geht es aktuell vielen im Amateurfußball.
Fast einen Monat ist es mittlerweile her, dass sein Team das letzte Mal ein Spiel bestritt. Nur zwei konnte der TuS in dieser Wintervorbereitung überhaupt austragen. Auf die Partie bei RW Deuten folgte zuerst die Absage von Borussia Dröschede - vermutlich hätten die Halterner aber auch absagen müssen.
Eine Woche später die nächste Absage - diesmal von den Seestädtern - und zuletzt musste auch das Testspiel gegen BW Mintard und Kulttrainer Christian Knappmann abgesagt werden. Ob der TuS am kommenden Sonntag, 20. Februar, überhaupt beim Oberliga-Restart gegen den SV Schermbeck spielen kann, ist noch ungewiss.
Bei jeder Absage war die Corona-Pandemie Schuld. „Es hat nie einen Ausbruch bei uns gegeben“, betont Timo Ostdorf aber. Derzeit zählt er in seiner Mannschaft drei Infizierte. Insgesamt, schätzt er, waren es in der Vorbereitung zwölf oder dreizehn - die Infektionen kamen immer peu à peu.
„Wir haben mehrere Spieler, die das Virus nicht gut verpackt haben“
Das große Problem beim TuS Haltern am See sind aber nicht die aktiven Corona-Fälle, sondern die Nachwirkungen bei einigen Spielern. „Wir haben mehrere Spieler, die das Virus nicht gut verpackt haben“, sagt der 35-Jährige. Es gebe Spieler, „die wir seit ihrer Infektion nicht mehr und auch vermutlich nicht so bald wieder einsetzen können“.

Timo Ostdorf hat derzeit kaum noch Spieler beim Training des TuS Haltern am See. © Andreas Hofmann
Auf dem Papier sieht es also erst mal gar nicht so dramatisch beim TuS aus. Zwar reichen drei Corona-Fälle, um ein Spiel abzusagen, doch augenscheinlich ist der Kader ja noch groß genug. Doch dann kommen eben die Akteure ins Spiel, die längst genesen sind, aber mit dem Folgen des Virus zu kämpfen haben.
„Ich glaube, es hat sich keiner Gedanken darüber gemacht, wie es ist, wenn man nach der Infektion länger auf Spieler verzichten muss“, so der Erkenschwicker. Trainiert wurde in den vergangenen Wochen immer noch, doch mit einer Einheit aus der Prä-Corona-Zeit hatte das nichts zu tun.
„Für die Jungs ist es auch keine schöne Situation, mit acht oder neun Mann zu trainieren.“ Nichts sei mehr planbar, bis zum Trainingsbeginn könne noch alles passieren. „Wenn das Handy klingelt und ein Spieler ruft an, kannst du schon rechnen, bis wann der ausfällt“, sagt Timo Ostdorf. Allein während dieses Gesprächs haben zwei seiner Spieler versucht, ihn zu erreichen.
Timo Ostdorf: „Mittlerweile mehr Gesundheitsminister als Trainer“
Am wichtigsten, betont er, sei aber natürlich, dass es allen Spielern gut geht und sie sich wieder erholen. „Wir werden auch keinen nach seiner Infektion sofort wieder ins Training jagen.“ Es werde auch darauf geachtet, dass genesene Spieler erst mal noch bei einem Kardiologen vorstellig werden, um sich durchchecken zu lassen.
„Ich will es nicht verantworten, wenn einer umkippt“, so der Übungsleiter, der die großen Unterschiede von Person zu Person bei einer Infektion als „Phänomen“ bezeichnet.
Es habe Spieler gegeben, die gar keine Symptome hatten, aber noch immer nicht wieder trainieren können. Doch auch vom genauen Gegenteil erzählt er: „Wir hatten auch einen Spieler, der Symptome hatte, aber danach direkt wieder voll fit war.“
Auf diese Unterschiede muss er derzeit besonders achten. Die ohnehin kleine Trainingsgruppe der Halterner muss der Coach immer wieder aufteilen, um Rücksicht auf die ziemlich unterschiedlichen Fitness-Zustände der Spieler zu nehmen: „Du bist mittlerweile mehr Gesundheitsminister als Trainer.“
Erst als Praktikant, dann als freier Mitarbeiter und nach dem Volontariat seit 2021 als Redakteur für Lensing Media im Einsatz. Am liebsten im Lokalsport unterwegs - denn abseits der reinen Ergebnisse hat jedes Spiel und jeder Sportler eine spannende Geschichte zu erzählen.
