
© Stephan Schütze
Verletzungs-Boom im Amateurfußball: Ist die lange Corona-Pause schuld?
Fußball
Viele Mannschaften aus dem Dortmunder Amateurfußball beklagen in der Vorbereitung auf die neue Spielzeit einige Verletzte. Trägt die Coronavirus-Pandemie dazu bei?
Auffällig viele Fußball-Teams sind in der Vorbereitung personell gebeutelt. Ob in Schüren, Brünninghausen oder Sölde: Überall fehlen den Trainer verletzte Spieler. Steht die Häufigkeit der Verletzungen mit der langen coronabedingten Zwangspause in Verbindung? Wir haben bei den Trainer nachgefragt.
Thomas Gerner (Trainer Mengede 08/20): „Ich tausche mich regelmäßig mit anderen Trainern aus: Überall sind die gleichen Probleme. Kein Trainer ist mit seinem Team da, wo er zu diesem Zeitpunkt sein wollte. Wir müssen Rücksicht auf unsere Spieler nehmen. Ob als Trainer oder Spieler habe ich so eine Situation nie erlebt. Wir müssen acht, neun Monate Fußball-Ausfall aufarbeiten. Dabei geht es weniger um die Grundlagenausdauer, sondern um die fußballspezifischen Momente, da kommen die ganzen Verletzungen her.
Wir haben viele Spieler, die sich mit kleineren Muskelzerrungen und Faserrissen herumplagen. Eigentlich alle passieren im Spiel. Im Training können wir die Belastung noch ganz gut steuern, im Spiel ist das nicht möglich. Dazu kommt, dass uns von 24 Spielern meist nur 13, 14 zur Verfügung stehen, weil die anderen verletzt sind. Wie vor Corona geht es momentan nicht. Ich glaube, dass wir den Fitness-Stand, den wir zu Saisonanfang geplant hatten, erst vier Wochen danach erreichen.“
Samir Habibovic (Sportlicher Leiter ASC 09): „Man merkt einfach, dass ein großer Unterschied zum Fitness-Zustand einfach da ist. Da machen die Trainer bei uns einfach aktuell einen guten Job, lassen viel wechseln und jeden nur eine Halbzeit spielen. Wir machen das, um die Verletzungen zu vermeiden, auch wenn wir uns dadurch nicht richtig einspielen können. Ansonsten haben wir eine einzige muskuläre Verletzung mit Lars Warschewski. Da sind wir bislang glimpflich davongekommen. Wir haben einfach sehr viel durchgetauscht bei den Spielen.“
Florian Gondrum (Trainer FC Brünninghausen): „Wir haben generell jede Art von Verletzung dabei. David Vaitkevicius hat sich im Schulterbereich verletzt, Domenico Palmieri ist im Rasen hängen geblieben. Das passiert, da kann keiner was für. Aber ich muss sagen, ich hatte bislang nie eine Muskelverletzung, jetzt zum ersten Mal aber meinen Oberschenkelmuskel verhärtet. Auch Patrick Trawinski hat sich eine Zerrung zugezogen, das hat vielleicht mit der langen Corona-Pause zu tun. Wir versuchen viel durchzuwechseln und alle zu bringen, um die Belastung zu steuern. Von vielen Muskelverletzungen sind wir aber weitestgehend verschont geblieben.“
Marco Nagel (Trainer VfR Sölde): „Wir haben viele Verletzte, aber Corona würde ich als Grund ausschließen. Für Nasenbeinbrüche, Haarrisse und Mittelfußbrüche kann Corona nichts. Wir haben das Pech derzeit einfach gebucht. Fynn Krahn hat sich in einem Kopfballduell die Nase gebrochen, Rithischan Ketheeswaran hat sich den Haarriss zugezogen, Jan Henkel seinen Mittelfuß gebrochen, Jan Keuntje einen Außenbandriss. Dazu kommen Kevin Kastner und Lamar Lambertz, die eh schon verletzt waren.
Muskelverletzungen hatten wir aber - toi, toi, toi - noch nicht.“
Mehmet Aslan (Sportlicher Leiter BSV Schüren): „Wir haben es gerade in den ersten zwei, drei Wochen gemerkt. Wir haben extra bisschen früher angefangen, weil wir damit geplant haben. Dann haben wir langsam hochgefahren. Die ersten muskulären Verletzungen kamen aber schon nach einer Woche. In Richtung Brackeler Turnier hatten wir die ersten Ausfälle schon.
Wir hatten uns da viele Gedanken gemacht mit dem Trainerteam. Wir wollten da nicht direkt auf 100 Prozent hochsteigen. Den Jungs kann man es nicht vorwerfen, die waren acht Monate zu Hause. Es ist nun mal was anderes bei den Jungs, die durchgehend laufen waren. Fußballathletisch sind das ganz andere Bewegungen.
Unseren Physiotherapeuten haben wir auch dieses Jahr bereits in Anspruch genommen, um den Spielern da so gut es geht zu helfen
Einige haben auch Trainingsplan von Arthur (Arthur Matlik; Trainer BSV Schüren) mitbekommen, um extra Stabilisationsübungen machen.
Wir müssen diese Woche noch abwarten nach den beiden anstrengen Turnieren. Deshalb haben wir für diese Woche auch kein Testspiel mit reingenommen. Wir wollen jetzt erstmal abwarten, was mit den Jungs jetzt ist, die verletzt und angeschlagen sind.“

Mehmet Aslan, Sportlicher Leiter des BSV Schüren. © Archiv
Daniel Dukic (Sportlicher Leiter Westfalia Wickede): „So ein Kreuzbandriss hat nichts mit der Trainingsbelastung oder der Fitness zu tun. Oder ein Lukas Homann, der unglücklich auf die Hand stürzt. Das sind andere Verletzungsarten als die typischen Muskelverletzungen.
Die kannst du durch dein Training ausschließen, indem du dich darauf vorbereitest. Wir haben die Belastung peu a peu gesteigert. So dass alle auch vorab schon Pläne bekommen haben.
Wir haben schon darauf geachtet, dass die Belastung dosiert und gesteuert wird. Wir haben dafür andere Verletzungen. Aber Gott sei Dank haben wir ein gutes Physioteam. Gegen manche Sachen kannst du dann leider einfach nichts machen.“
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