Haushalt 2024 in Haltern verabschiedet Das sagen die Politiker zur „schiefen“ Finanzlage

Finanzlage in Haltern gerät 2024 wieder deutlich in Schieflage
Lesezeit

Der Haushalt der Stadt Haltern wird 2024 ins Minus rutschen, das Defizit dürfte mit 4,36 Millionen Euro deutlich ausfallen. Hausgemacht sei diese Schieflage allerdings nicht. Darin waren sich alle Fraktionen am Donnerstag (30. November) bei der Verabschiedung des Haushaltsentwurfs einig.

Damit stimmen die Parteien auch mit Kämmerer Dirk Meussen überein, der bei der Vorstellung des Zahlenwerks im September auf die zahlreichen externen Einflüsse wie Corona-Folgekosten oder Sozialtransferleistungen hingewiesen hatte, die den neuen Haushalt belasten.

Frust macht sich breit, denn nach Jahren des Sparzwangs im Stärkungspakt geht das Licht am Ende des Tunnels wieder aus, das in Haltern nach der Abwehr einer drohenden Überschuldung und einigen Jahren mit ausgeglichenem Haushalt dämmerte.

Trotz der angespannten Lage stimmten alle Fraktionen dem Stellenplan der Stadt zu, der 17 neue Stellen, davon 12 bei der Feuer- und Rettungswache vorsieht. Hier sieht die Politik keinen Spielraum, denn vor allem der Rettungs-Bedarfsplan des Kreises sieht diese Entwicklung für Haltern vor. Trotzdem sollen die Personalkosten der Stadt weiterhin aus dem Blickwinkel des Sparzwangs betrachtet werden.

CDU-Fraktion

„Zusätzlichen Ausgaben, wie beispielsweise die im Herbst diskutierte Altersteilzeit, haben wir (...) nicht entsprochen“, machte CDU-Fraktionsvorsitzender Hendrik Griesbach in seiner Rede zum Haushalt deutlich. In Zeiten von Fachkräftemangel und einer angespannten Haushaltslage wären zusätzliche sechsstellige Ausgaben das falsche Signal gewesen. Dieser Ansicht hatten sich bei der Entscheidung im Oktober auch die WGH und die FDP angeschlossen.

CDU-Fraktionsvorsitzender Hendrik Griesbach
CDU-Fraktionsvorsitzender Hendrik Griesbach © Jürgen Wolter

Hendrik Griesbach beschrieb unter anderem das Spannungsfeld, in dem sich die städtische Finanzpolitik vor allem bei den freiwilligen Leistungen befindet. „Es muss auch endlich eine Debatte darüber geführt werden, über Jahre geschaffene Standards zu hinterfragen und auch abzubauen“, sagte er zur prekären Lage. Alle freiwilligen Ausgaben müssten auf den Prüfstand.

„Wir können und dürfen vor allem nicht den Eindruck erwecken, jedem finanziell unter die Arme greifen zu können“, führte er unter anderem mit Verweis auf den abgelehnten Mietzuschuss für die Halterner Tafel aus.

Das Sparen gelte auch im Bereich der Investitionen. Hier müssten aber die Folgen bedacht werden. „Eine kaputt gesparte Infrastruktur kann am Ende teurer kommen, als kontinuierlich zu investieren“, so Hendrik Griesbach. Insgesamt kritisierte er die Politik der Ampelregierung und forderte hier auch „eine Neuausrichtung der Flüchtlings- und Asylpolitik“. Bezogen auf Haltern kritisierte er, dass das Camp in Sythen als Flüchtlingsunterkunft weggefallen ist, weil der Bund „seine vor Jahren gemachten Pläne für den Neubau der THW-Unterkunft im Zeitplan umsetzen möchte“.

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Als einzige Fraktion tragen die Grünen den Haushaltsentwurf für 2024 nicht mit. „In der Schlussbetrachtung wiegt die wenig ambitionierte Umsetzung von Lösungsstrategien zur Bewältigung der Klimakrise, der fehlende Prozess für eine Prioritätensetzung bei freiwilligen Ausgaben sowie ausbleibende Maßnahmen für eine sozial gerechte Wohnungspolitik so schwer, dass wir (...) nicht zustimmen werden“, teilte Fraktionsvorsitzende Sarah Radas mit.

Grünen-Fraktionsvorsitzende Sarah Radas
Grünen-Fraktionsvorsitzende Sarah Radas © privat

Zu den Versäumnisse, die sie der Stadt vorwirft, gehört der stiefmütterliche Umgang mit dem Thema Bürgerrat in Haltern. Es sehe so aus, als wolle die Verwaltung diesen auf die lange Bank schieben. Sarah Radas forderte deshalb, dass die Stadt zügig nächste Schritte zur Umsetzung einleitet.

Bei der Bewertung der geplanten Investitionen der Verwaltung bemängelte sie Ausgaben für Kreidetafeln in Höhe von 90.000 Euro am Schulzentrum. „Wer nutzt heutzutage noch Kreidetafeln?“, fragte sie.

Neben fehlenden Strategien für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in Haltern kritisierte Sarah Radas auch den Ruf der politischen Mehrheit nach mehr Flächen für Bauprojekte. „Es liegt in unser aller Verantwortung, eine flächen- und bodenschonende Baupolitik zu betreiben“, sagte sie.

Am Beispiel des mehrheitlich abgelehnten Mietzuschusses für die Halterner Tafel, den die Grünen befürworten, machte sie deutlich, dass freiwillige Ausgaben nach einer Prioritätenliste verplant werden sollten. Das käme auch notwendigen Maßnahmen beim Klimaschutz und der -anpassung zugute.

SPD-Fraktion

SPD-Fraktionschefin Beate Pliete stellte Entscheidungen des Rates in den Mittelpunkt, die von ihrer Partei kritisch gesehen werden. Neben der Ablehnung des von der SPD beantragten Mietzuschusses für die Tafel zählt die mangelnde Zustimmung für den Bau einer Kita in Halterns Westen dazu, der ebenfalls von der SPD beantragt worden war. Die Versorgungslücke durch die Verzögerung des Kita-Projekts in den Katharinenhöfen in Hamm-Bossendorf hätte man so verhindern können.

SPD-Fraktionsvorsitzende Beate Pliete
SPD-Fraktionsvorsitzende Beate Pliete © privat

Angesichts der Probleme, die bei der Entwicklung des Gewerbegebiets Musendille immer neu auftauchen, vermisst die SPD eine Machbarkeitsstudie für das Projekt im Vorfeld. Beate Pliete sprach hier von „unzureichender Planung“ und befürchtete, dass die Stadt bereits „erhebliche finanzielle Mittel in das Gebiet investiert hat“, die womöglich keine Früchte tragen werden.

Breiten Raum nahm das Thema bezahlbarer Wohnraum in Haltern in ihrer Haushaltsrede ein. Auch verschiedene Fachforen, ob vom Seniorenbeirat oder dem Forum für Demokratie, Respekt und Vielfalt, hätten hier den Finger in die Wunde gelegt. Die Stadt sollte unter anderem Förderprogramme nutzen, um gemeinsam mit Investoren und Bauherren für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen. Klimaschutz müsse bei der Schaffung ebenfalls Berücksichtigung finden.

Die SPD fordert die Verwaltung außerdem auf, den Bürgerrat nicht länger auszusitzen, sondern diesen zum Thema „Fahrradfreundliche Stadt“ zu installieren.

WGH-Fraktion

Die neue Fraktionschefin der WGH, Marlies Breuer, fordert von den Bürgern mehr Eigeninitiative. „Viele erwarten, dass ihre Bedürfnisse von der Allgemeinheit erfüllt werden, dass Verantwortung für Leben und Wirken von anderen, sprich Staat, übernommen wird“, erklärte sie. Als Beispiel nannte sie die Forderung nach Carsharing in Haltern. Damit sollte nicht die Verwaltung belastet werden. „(...) es müssten sich die auf den Weg machen und den Weg frei machen, die dieses fordern und nutzen wollen“, so Marlies Breuer.

WGH-Fraktionsvorsitzende Marlies Breuer
WGH-Fraktionsvorsitzende Marlies Breuer © Elisabeth Schrief

Bei der Umsetzung von Klimaschutz fordert die WGH, dass „umweltbewusstes Handeln bei allen Mitarbeitenden der Verwaltung gefestigt“ werden müsse. Es sei eine ganzheitliche Aufgabe. Sie kritisiert, dass die Stadtwerke aufgrund von Kostendruck kein nachhaltiges Wärmenetzwerk im Baugebiet Zum Nesberg installieren werden. Hier sei eine Chance vertan worden. Es sei gut, dass das Instrument der Baulandmobilisierung in Haltern nicht angewendet wird, das Kommunen beispielsweise ein Vorkaufsrecht bei Problem-Immobilien oder Brachflächen einräumt.

FDP-Fraktion

FDP-Fraktionschef Kai Surholt hob als Beispiele für die Politik seiner Partei den neuen Calisthenics-Park im Westuferpark hervor, der auf Antrag der FDP angelegt wurde. Die FDP habe außerdem die Bezuschussung von Kinder- und Jugendfreizeiten in Haltern vorangetrieben, um ärmere Haushalte zu unterstützen.

FDP-Fraktionsvorsitzender Kai Surholt
FDP-Fraktionsvorsitzender Kai Surholt

Vor dem Hintergrund des notwendigen Klimaschutzes habe die FDP den Hitzeaktionsplan beantragt, der die Auswirkungen extremer Hitze in der Stadt abmildern soll. Außerdem habe seine Fraktion den Halterner Ehrenamtstag auf den Weg gebracht, der im nächsten Jahr erstmals stattfinden soll.

Die Entscheidung, sich für eine Zentrale Notaufnahme zu bewerben, sei richtig, denn die Kosten hierfür trage nicht die Stadt. Die FDP werde „für die Sicherheit der Bürger am und rund um den Lippspieker eintreten“, sagte Kai Surholt.

Er betonte, dass Halterns Politik auch in Krisenzeiten ihre Hausaufgaben gemacht und die Stadt nach vorne gebracht habe. Der Haushaltsentwurf 2024, in dem auch zahlreiche Investitionen, beispielsweise die Erweiterung des Schulzentrums oder die Erneuerung der Feuerwehrgerätehäuser in Sythen und Hullern enthalten sind, setze diesen Weg aus Sicht der FDP fort.

Neues Baugebiet in Haltern beschlossen: Kleiner Ortsteil wächst trotz Widerspruchs weiter

Jagdhunde von der Hundesteuer befreien?: Entscheidung über Entlastung für Jäger in Haltern

Grundstück am See gehört jetzt der Franz Sales-Stiftung: Straße zum Hotel wird nun gebaut