Mitten im Corona-Chaos: Alte Spiele gegen den Lagerkoller
Coronavirus
Den Kindern spielerisch ein wenig Geschichte beibringen? Kein Problem, wenn die Kinder plötzlich Gefallen an einem Spiel aus den 1980ern finden - inklusive DDR und Sowjetunion.

Gesellschaftsspiele sind gut für Herz und Hirn... © Mareike Graepel
Manchmal ist es doch verrückt, wie sehr die Konzepte von sozialen Medien das wahre Leben abbilden. Ja, natürlich ist das kalkuliert und genau so angelegt, aber wenn einem das ganz plötzlich im Umkehrschluss bewusst wird, dass beispielsweise das Themen-„Trending“ bei Twitter etwas ist, dass auch in unserem analogen Leben immer wieder passiert, ist das – wie so vieles, dass die Geräte und Firmen von uns wissen (wollen) – latent gruselig.
Plötzlich kommen aus verschiedenen Richtungen Meinungen und Einschätzungen, die es vorher nicht gab. Zum Beispiel, dass unser Leben bis zum Jahresende so weiter gehen könnte – noch unvorstellbar, trotzdem „trendet“ digital und analog dieser Gedanke plötzlich überall. Wie ein Lauffeuer verbreiten sich Befürchtungen – viel schneller als Hoffnungen. Vielleicht, denke ich beim Blick auf meine gerade noch schlafenden Töchter, enthalten wir ihnen solche Gedanken doch mal vor.
In diesen Wochen findet unser aller Leben ja sowieso schon wie unter einem Brennglas statt, unter einer Lupe. Wir alle, auch als Familie, beobachten uns und unsere Mitmenschen mal argwöhnisch, mal bewundernd. Wir hinterfragen unser Verhalten, unsere Gewohnheiten, ändern Verhalten, Gewohnheiten. Müssen neues Verhalten lernen, uns an neue Gewohnheiten herantasten – ob wir wollen, oder nicht.
Vorfreude auf fiktive Ereignisse aus dem aktuellen Lieblingshörbuch
Lichtblicke tun da gut, und gerade Kinder benötigen etwas, worauf sie sich freuen können. „Ich freu mich schon auf Samstag!“ hat Orla gestern gesagt. Da ist sie morgens früh in mein Bett gekrochen, während ich schon für die Arbeit übersetzt habe. Sie hat ein Hörspiel hören dürfen, das ich an meinem Rechner abgespielt habe.
„Weil da – oh.“ Sie musste selbst lachen. Sie hatte sich auf etwas gefreut, was in dem Hörspiel „am Samstag“ passieren sollte – nämlich, dass Antons Eltern ausgehen würden und der Junge sich darauf freute, den Abend mit Rüdiger von Schlotterstein, dem kleinen Vampir, verbringen zu können. Es ist okay, sich auf Zeit mit und in seiner Phantasie zu freuen – schließlich gewinnt die als Ort immer größere Bedeutung, wenn andere Orte nicht mehr zugänglich sind.
Unsere Große, Alva, hat eine Postkarte an ihrer Pinnwand hängen, auf der steht: „Es ist okay, Liebeskummer wegen einem Menschen in einem Buch zu haben.“ So. Und wenn das okay ist (ist es, tatsächlich, und man darf – und sollte – auch wütend auf Charaktere in einem Buch sein, oder sich mit ihnen richtig echt freuen oder mit ihnen leiden), dann ist es eben auch okay, kurz einen echten Tag (Samstag in unserem Leben) durch einen fiktiven Tag (Antons und Rüdigers Samstag) zu ersetzen. Vermutlich kommt bei uns „in echt“ nämlich kein kleiner Vampir vorbei und zeigt uns, wie man mit einem Umhang fliegt (aber wenn, erfahren Sie es hier als Erstes!).
Einer der Trends dieser Wochen sollte sein, klare Rituale und Strukturen zu schaffen, und Sachen, die wir zu lange ignoriert haben, wieder neu in unser Leben zu holen. Bei uns sind das im Moment – Gesellschaftsspiele. Zufällig hatte die Oma aus Datteln vor einiger Zeit ein paar meiner alten Spiele mitgebracht, und da saßen die Mädels gestern Mittag plötzlich am Küchentisch und spielten mit Inbrunst die 80er-Jahre-Version von „Europa-Reise“ (wenn auch noch mit einer DDR und einer Sowjetunion – tadaaa, da haben wir gleich noch ein bisschen Geschichtsunterricht mitten in den Ferien eingebaut, ohne dass es irgendwer bemerkt hätte).
Auch Spiele sind eine Art Reise, und können geradezu therapeutisch sein, wenn man nicht raus kann. Ob „Europa-Reise“ mit eingebauten Träumen von fremden Ländern oder „Das Nilpferd in der Achterbahn“ oder das umfassende Lebensmotto-Spiel „Mensch, ärgere dich nicht“, zusammen am Tisch zu sitzen und zu spielen, hat etwas beruhigendes. Und da unser Spieleschrank aus allen Nähten platzt, spielen wir jetzt täglich. Ob mit oder ohne Corona. Und im Notfall bis Weihnachten.
Schach, Monopoly und Co. halten das Gehirn in Schwung
Spielen ist gesund: Kinder lernen etwa beim Spielen grundlegende Emotionen (Stolz, Enttäuschung, Freude, Wut) kennen und trainieren soziale Kompetenz, logisches Denkvermögen und Hand-Augen-Koordination. Bei Senioren tragen unkomplizierte geistige Aktivitäten während einer Partie Schach, Monopoly, Risiko, Mensch ärgere Dich nicht und Co. dazu bei, dass eigene Gehirn leistungsfähig zu halten.
Zudem werden bei allen Menschen während einer vergnüglichen Tätigkeit Glückshormone wie Dopamin und Serotonin ausgeschüttet, was generell gesund ist. Und da wir Menschen gemeinhin als soziale Wesen gelten, führen Freundschaften und ein gutes Sozialleben insgesamt zu einem besseren Wohlbefinden.
SPIELETIPPS
- „Abalone“ – ein Spiel mit Murmeln auf einem sechseckigen Kunsstoffbrett. Ziel ist es, durch Verschieben der Murmeln, sechs der gegnerischen auf den Rand zu drängen. Strategier-Spiel schon für Kinder ab sechs Jahren.
- „Spiel des Wissens“ – wahlweise je nach Alter auch schon durch „Trivial Pursuit“ zu ersetzen.
- „Monopoly“ – ein Klassiker, aber so wunderbar lang spielbar und so lustig, wenn die „wahren“ Charaktereigenschaften der kleinen und großen Vermieter und Grundstücksbesitzer zum Vorschein kommen.
- „UNO“ – mittlerweile in fast jedem Haushalt mindestens einmal vorhanden, oder? Tipp: Zusätzliche Regeln wie „Wer flucht, muss eine Strafkarte nehmen“, „Wer eine blöde Frage stellt, zieht eine extra Karte“ und wer seinen Einsatz verpennt, auch. Angeblich hat Robbie Williams auf einer seiner Welttourneen mit seiner Crew die ganze Zeit vor und nach den Gigs UNO gespielt. Achtung, es kann also süchtig machen…
- „Stadt, Land, Fluss“ – es gibt kaum ein besseren Weg, um Städte- und Ländernamen, Berufe usw. mit den Kindern zu üben. Ohne Zuhilfenahme von Google, bitte!