Mitten im Corona-Chaos: Das Gefühl für Zeit geht verloren
Coronavirus
Wochen keine Schule, keine Kita, keine Betreuung - Familien-Kolumnistin Mareike Graepel gibt Tipps: Not macht erfinderisch - und aus lästigem Aufräumen Spiele. Zumindest theoretisch...

Gute Miene machen die Mädels zum, naja, nervigen Aufräumspiel... Den Mundschutz haben wir in einer der zahllosen Krimskrams-Kisten gefunden, er stammt von einem Besuch beim Zahnarzt mit dem Kindergarten. Ist also schon etwas veraltet und vermutlich porös. © Mareike Graepel
Es ist gerade mal kurz nach fünf an einem Montag, oder ist es Dienstag? (Mir hat eine Freundin vor ein paar Tagen, ich kann nicht mal sagen, vor wie vielen Tagen, aber es war im Laufe der letzten Woche, eins dieser Memes geschickt. Darauf stand: „Falls ihr auch euer Zeitgefühl verloren habt – heute ist Montwoch, der 47. März.“) Ich bin früh aufgestanden, um bereits Arbeit zu erledigen, die ich nicht schaffen werde, wenn die Kinder aus den Federn steigen.
Eigentlich hätte ich gerne wenigstens 1.000 Wörter an einem Roman weitergeschrieben, aber ich bin gedanklich nicht bei der Sache – die Müdigkeit, die bevorstehende erste Ferienwoche und die Gedanken an die vielen Dinge, die wir in den letzten drei Wochen (noch) nicht geschafft haben, lassen mich nicht an meine Protagonistin heran und es erscheint mir surreal, dass sie in einem Restaurant, in einer Menschenmenge und mit ihr fremden Menschen im Dialog sein soll, die nicht weiter als anderthalb Meter von ihr entfernt sind.
Wenn ich sage „aufgestanden“ meine ich: Ich habe mir den Rechner ins Bett geholt, um nicht schon in der Dunkelheit am Schreibtisch sitzen zu müssen. Aus Rücksicht auf den Rest meiner kleinen Gang hier allerdings ins Bett im Arbeitszimmer, so wird niemand von meinem Getippe und meinem Tee-Getrinke (ich bereite am Vorabend einen To-Go-Becher mit heißem Tee vor, und der ist morgens sogar noch warm…) geweckt. Das ist allerdings kein guter Home-Office-Tipp, gebe ich zu.
Home-Office - Umzug vom Bett an den Schreibtisch
„Wo in Ihrer Wohnung Sie arbeiten, ob am Schreib- oder Küchentisch, auf dem Sofa oder im Bett, ist theoretisch egal, aber wenn Sie viel tippen müssen und das im Bett machen, kriegen Sie wesentlich leichter eine Sehnenscheiden- und/oder Schleimbeutelentzündung und dann gute Nacht“, schreibt Margarete Stokowski in einer ihrer Kolumnen.
Da hat sie Recht, beides habe ich auf meiner Lern-Kurve in den letzten drei Jahren – so lange arbeite ich schon von zu Hause, da hatte ich Zeit, alle Fehler schön selbst zu machen, von denen man immer liest – schon als „erledigt“ abhaken können.
Und weiter schreibt die Autorin: „Arbeiten Sie, auch wenn Sie es mögen, nicht zu viel im Bett, denn das Bett brauchen Sie wahrscheinlich noch zum Weinen. Ernst gemeint. Und wenn Sie im Bett schlafen, schreiben und weinen, haben Sie noch weniger das Gefühl, etwas geschafft zu haben, weil Sie ja die ganze Zeit im Bett sind.“
Sie schreibt ja „nicht zu viel“, also sollte ich gleich, wenn es hell wird, aufstehen und an den Schreibtisch umziehen. Ich werde mir einen Weg durch die vielen Kisten und Möbel, die im Flur herumstehen, bahnen müssen, um auf dem kleinen Umweg durch die Küche Frühstück zu ergattern. Wir haben – natürlich! – nicht alles an Umräum-Aufgaben geschafft, was wir uns fürs Wochenende vorgenommen haben, aber hey, es liegen ja noch zwei ganze Wochen vor uns, mindestens.
Da darf man auch nicht zu viel am Anfang machen. Gott bewahre, wir könnten uns ja langweilen. Das ist aber echt ein Fremdwort bei uns.
Der frühe Vogel - hat die besten Ideen
Ich bin aber nicht als einzige wach – eine Freundin hat mir schon um 6.13 Uhr die erste WhatsApp geschrieben. Kurz überlege ich, ob sie vielleicht gerade einen 24-Stunden-Dienst im Krankenhaus hat, aber das kann eigentlich nicht sein. „Was bist du denn so früh auf?“ frage ich sie per Textnachricht. „Denke mir gerade Spiele aus für die Gartenolympiade“, antwortet sie. Klingt gut, kann ich das abkupfern? Besser gut kopiert als schlecht selbst gemacht, denke ich und notiere ihre Tipps (siehe Infokasten).
Und sehe mit einem Auge auf dem Facebook-Account eines Freundes, dass es vom großen Axel Scheffler und der wunderbaren Julia Donaldson („Der Grüffelo“) zu ihren Kinderbüchern Corona-Zusatz-Seiten gibt. Fantastisch! Das zeige ich den Mädels gleich erstmal. Wenn sie wach sind. In drei Stunden, oder so…