Mitten im Corona-Chaos: Hugh Grant hat recht!

Coronavirus

Im Autokino war es fantastisch, aber die Hauptsache war, wir konnten unseren Freunden in den Nachbarautos zuwinken.

Haltern

, 07.04.2020, 17:30 Uhr / Lesedauer: 3 min
Die ganze Familie im Autokino - den Freunden in den Nachbarautos so nah und doch so fern.

Die ganze Familie im Autokino - den Freunden in den Nachbarautos so nah und doch so fern. © Mareike Graepel

Hab ich schon erwähnt, dass ich sehr kitschig-romantisch veranlagt bin? Bei Filmen schnell weine und bei Büchern auch? Nein? Dann folgt hier ein Geständnis: Mein Lieblingsfilm zu Weihnachten ist „Tatsächlich Liebe“ (aber ich bin nicht allein, die meisten Menschen sind auch bei „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ oder „Sissi“ gerührt).

Die Eröffnungsszene spielt auf dem Londoner Flughafen. Die Sätze, die Hugh Grant (der in dem Film übrigens einen sehr smarten britischen Premierminister spielt…) da spricht, während sich Menschen umarmen und begrüßen, um den Hals fallen, aufeinander zu gehen, die gehen mir seit Tagen nicht aus dem Kopf.

„Immer wenn mir der Zustand der Welt düster vorkommt, denke ich an das Gate am Flughafen Heathrow“, sagt er. (Jede/r darf Heathrow gern im eigenen Kopfkino durch seinen Lieblingsflughafen ersetzen, weil die Momente weltweit sehr ähnlich sind. Und es muss auch nicht Weihnachten sein. Es könnte auch Ostern sein.)

Weiter heißt es: „Die allgemein vorherrschende Meinung scheint ja zu sein, dass wir in einer Welt des Hasses und der Gier leben. Aber das sehe ich nicht. Es scheint mir, dass die Liebe überall ist. Oft ist sie nicht besonders schick oder berichtenswert, aber sie ist immer da. Väter und Söhne, Mütter und Töchter, Ehemänner und Ehefrauen, Freunde, Freundinnen.

Als die Flugzeuge die Zwillingstürme trafen, waren, soweit ich weiß, keine der Anrufe der Menschen an Bord Botschaften des Hasses oder der Rache, sondern allesamt Botschaften der Liebe.“

Wenn diese Zeit der Distanz vorbei ist...

Nun, mir ist schon sehr bewusst, dass das melodramatisch klingt, aber ich habe einen kleinen Versuch gemacht und in meiner Familie und auf Facebook gefragt, was alle als erstes machen würden, wenn diese Zeit der physischen Distanz vorbei ist.

Nicht eine einzige Antwort war so was wie „Dann erzähle ich dem Nachbarn endlich, was ich von seinem blöden Zaun halte“. Oder: „Dann fahre ich zu meinem Ex und hau‘ ihm eine runter.“ Oder: „Dann streite ich mich endlich wieder mit meinen Schulkameradinnen.“ Im Gegenteil. Alle, wirklich alle – ob jung oder alt, ob Kind oder Erwachsene/r, ob Frau oder Mann – wollen als erstes Nähe zu Menschen, die sie lieb haben und nicht sehen können.

Eine deutsche Freundin in Galway, Irland, hat auf Facebook geantwortet: „Am liebsten meine hoffentlich unversehrte Familie in Deutschland besuchen. Ich hatte noch nie so viel Heimweh.“ Und ein früherer Kollege hat gesagt: „Meine Mama im betreuten Wohnen besuchen und sie ganz lange umarmen.“

Da sind Opas dabei, die ihre neugeborenen Enkelsöhne noch nie im Arm halten konnten, Musiker, die endlich wieder Konzerte geben möchten und Fans, die gerne zu welchen hingehen wollen.

„Ich möchte zu Oma fahren“, hat Orla gesagt (sie war ein bisschen von mir enttäuscht, weil ich die Kohlrabi falsch zubereitet habe, und das Essen nicht so geschmeckt hat wie bei Oma sonst). Und die Oma hat in einem Brief geschrieben: „Liebe Orla, wäre es nicht schön, wenn wir dieses Virus auf den Mond schießen könnten, damit wir endlich wieder Mensch-Ärgere-Dich-Nicht spielen können, zusammen?“

Wenn man sucht, findet man die Liebe überall

Das wäre schön, in der Tat. Ich habe aber heute morgen ein Interview mit dem Chef vom Robert-Koch-Institut übersetzt, Lothar Wieler, und der sagt, genau wie die Bundeskanzlerin, dass wir auf all diese Dinge und Momente noch ein bisschen werden warten müssen. Aber die Sachen laufen ja nicht weg, nur die Zeit, die läuft uns weg.

Schön, wenn wir es dann schaffen, kleine Besonderheiten zu zelebrieren: Im Autokino war es fantastisch! Der Film war toll (König der Löwen), die Leinwand und Organisation sehr cool, das Popcorn lecker, aber die Hauptsache war – wir konnten unseren Freunden in den Nachbarautos zuwinken und einander wild gestikulierend zeigen, dass Hugh Grant recht hatte, als er gesagt hat: „Wenn man danach sucht, habe ich das Gefühl, dass die Liebe tatsächlich überall ist.“ Auch im Autokino…

Zirkus im Netz: In Zeiten des „Corona-Virus“ möchten das Circus-Theater Roncalli und Fabulara sich um all die Kinder kümmern, die Zuhause sitzen müssen. Jeden Morgen um 10:15 Uhr gibt es live den „Roncalli-Dance-Break“. Kinder in ganz Deutschland und ganz Österreich können sich zu Hause täglich fünf Minuten Zeit nehmen um den „Roncalli-Dance“ zu tanzen. Bewegung und Freude ist gerade in dieser schweren Zeit sehr wichtig. Informationen gibt es auf Facebook bei „Fabulara“. Einfach vorlesen: Am schönsten ist es natürlich, selbst (vor) zu lesen, aber wenn das auch in Corona-Zeiten mal nicht geht, gibt es eine coole App von der Stiftung Lesen und der Deutsche Bahn Stiftung. In Alterskategorien ab drei, fünf und sieben Jahren werden passende Bücher präsentiert und vorgelesen, passend zum Alter etwa acht Minuten bis zu etwa einer halben Stunde. „Der kleine Trotzdrache“ ist dabei, oder passend zu Ostern: „Bei Hildegard am Hühnerhof ist vor Ostern echt was los“. Für die größeren gibt es mehrere Geschichten aus „Liliane Susewind“. Zuhören kann man auf der Website oder in der passenden App. Infos: www.einfachvorlesen.de
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