Der 29. März 2025 markiert einen vorerst traurigen Höhepunkt: Kaufland hat seine Filiale in Dortmund-Mengede geschlossen. Dem Ortskern fehlt – zumindest vorübergehend – eine Geschäftsadresse mit Strahlkraft, die auch viele Kunden aus dem etwas weiteren Umkreis des Stadtbezirks aufgesucht haben.
Im Mengeder Geschäftszentrum setzt sich eine wellenförmige Entwicklung fort, die schon vor Jahren begonnen hat. Zuletzt hatten am Jahresende 2024 der Handwerksbetrieb Coiffeur Schäfer und das Fachgeschäft für Wohnaccessoires und Geschenkartikel „Schau mal rein“ geschlossen. Beides waren alteingesessene Betriebe.
Und nicht die einzigen: Ende 2021 schloss nach 75 Jahren das Schuhhaus Ingenpass seinen Stammsitz am Marktplatz. Lichtblick: Eigentümerin Annika Egloff-Schoenen saniert das Geschäftshaus. Im Frühjahr 2024 hat Ayse Gökdurmus das Fachgeschäft „I go shoes“ eröffnet. Das im Zuge der Sanierung abgetrennte zweite Ladenlokal ist noch frei.
Leerstand auch vis-a-vis auf dem Marktplatz. Nachdem die Commerzbank bereits 2020 ihre Filiale geschlossen hatte, baute sie im Juni 2022 Geldautomat und Kontoauszugsdrucker im SB-Bereich ab. Das Ladenlokal ist seitdem verwaist. Leerstand auch nordöstlich des Marktes, an der Mengeder Straße.
Pizzeria statt Bäckerei
Hier schloss im April 2023 Renja Dropalla ihr Handarbeitsgeschäft „Herzblut“ nach nur drei Jahren. Auf Corona folgten Bauarbeiten im Rahmen der Ortskernsanierung. Zu wenig Ertrag infolge mangelnder Frequenz. Wenig überraschend für diejenigen, die sich auf dem Abschnitt der einst florierenden Geschäftsmeile umsehen. Dienstleister prägen die Schaufenster ohne nennenswerte Auslage. Laufkundschaft ist Mangelware – auch wenn das Umfeld nach der Sanierung einladend und sauber wirkt.
Manche Leerstände verschwinden schnell wieder: Die Pizzeria „Pino & Olga“ etwa folgte Anfang 2022 auf den „Backpoint“ von Schickentanz an der Siegburgstraße. In den Räumen von Coiffeur Schäfer laufen Umbauarbeiten. Hier wird schon bald in einer Hälfte des Ladenlokals die Schülerhilfe einziehen. In der anderen eröffnen die Bestatter Frank und Lennart Hibbeln ein „Haus des Abschieds“.
Mancher Verlust an Einkaufsmöglichkeiten und Warenvielfalt fällt kaum auf, weil es keinen Leerstand gibt. Etwa, weil sich etablierte Händler vergrößern. 2010 baute Projektentwickler DIAG an der Siegburgstraße 20 einen neuen Aldi-Markt. Zur Geschäftsstraße hin öffnete auf rund 150 Quadratmetern der Modeladen „Vestino“. Das Bekleidungsgeschäft hatte sich zuvor das Ladenlokal mit Rossmann gegenüber geteilt. Der Drogeriemarkt vergrößerte seine Verkaufsfläche.

Die Textil-Kette „Vestino“ gab den Standort 2018 auf. Die Filial-Geschäftsführerin führte den Laden zunächst unter dem Namen JBS-Fashion weiter. Den Pachtvertrag schloss sie für die Dauer von zwei Jahren. Dann war Schluss. Aldi vergrößerte seine Verkaufsfläche. Der Handel mit Bekleidung für die ganze Familie war Geschichte. Zwar blieb in den beiden gegenüberliegenden Geschäftshäusern die Handelsfläche erhalten. Das Angebot hat jedoch abgenommen.
Im Rahmen einer Analyse unserer Redaktion über Einkaufsstraßen stellten Händler wie Kunden 2018 dem Mengeder Ortskern mit Siegburgstraße und der Straße Am Amtshaus ein gutes Zeugnis aus. Sie hoben die sanierten Straßenzüge mit breiten Bürgersteigen, geringe Leerstände und die Nähe der Einkaufsmöglichkeiten positiv hervor. Kritik gab es am Wochenmarkt, der immer mehr an Strahlkraft verloren hatte und damit Attraktivität und Kundenfrequenz gedrückt hat.
Manch Händler aus anderen Stadtbezirken hat anerkennend auf das Geschäftszentrum im äußersten Nordwesten geschaut. „Die Mengeder haben nicht den Fehler gemacht, den Verkehr ganz aus dem Ortskern zu verbannen“, erklärte der bekannte Lütgendortmunder Drogist Wilhelm Mohrenstecher 2020 im Gespräch mit unserer Redaktion.
Zwar wurde der Ortskern durch die Sanierung verkehrsberuhigt und Parkplätze auf der Siegenstraße fielen weg. Dennoch blieb der eigentliche Marktplatz außerhalb der Wochenmarktzeiten am Mittwoch und Samstag als zentraler Parkplatz erhalten.
Und was sagen Händler und Kunden heute? „Wir haben immer noch eine gute Lage auf dem Weg von den Geschäften am Markt zu Volksbank und Sparkasse“, hat Buchhändler Michael Nau im Dezember 2024 erklärt. Sein Laden ist an der Straße Am Amtshaus. Mit Coiffeur Schäfer und „Schau mal rein“ haben zwei direkte Nachbarn geschlossen.
Die Buchhandlung am Amtshaus indes ist eine lokale Marke, die nicht in erster Linie von Lauf-, sondern von Stammkundschaft auch aus der Umgebung profitiert. Zudem liegt sie auf dem Weg zum Mengeder Bahnhof. Und: Inhaber Michael Nau hat die Öffnungszeiten Anfang des Jahres angepasst. Der Laden hat jetzt durchgehend von 9 bis 18 Uhr (Samstag bis 13 Uhr) geöffnet.

Im städtischen Masterplan Einzelhandel ist der Mengeder Ortskern als Nebenzentrum ausgewiesen. Schon 2013 erkannte er die Herausforderungen für die Nahversorgungsstruktur in den Stadtteilen. Torsten Klose ist bei der Dortmunder Wirtschaftsförderung für Mengede zuständig. „Sobald ich Kenntnis von einem Leerstand habe, nehme ich Kontakt mit den Eigentümern der Immobilien auf und wir suchen nach Lösungen“, erklärte der Experte im Januar 2024 in der Mengeder Bezirksvertretung.
Klose betonte indes auch, dass Mengede im Vergleich zu anderen Stadtbezirken noch besser dastehe. Der Wirtschaftsförderer hält den Kontakt zu den Eigentümern der ehemaligen Kaufland-Immobilie. „Es wird dort keinen Leerstand geben“, erklärte er mehrfach gegenüber unserer Redaktion.
Viele Ladenlokale im Mengeder Ortskern haben eine alte Bausubstanz. Wenn Inhaber ihr Geschäft aufgegeben haben, nennen sie häufig als Grund gestiegene Mieten, die sie nicht mehr stemmen können – oder einen (energetischen) Sanierungsstau mit entsprechend hohen Energiekosten.
Auch das Problem ist nicht neu. Handelsexperten berichteten schon vor mehr als zehn Jahren davon, dass Eigentümer in den Stadtteilen nicht bereits seien, in ihre Objekte zu investieren. Veraltete Ladenlokale seien vielfach nicht barrierefrei, was den Umsatz der Händler zusätzlich senke.

So kommen individuelle Faktoren zu den Folgen, die Coronakrise und der russische Angriffskrieg mit sich gebracht haben. Und nicht zuletzt ist es auch das Kaufverhalten der Menschen selbst, das den Handel schwächt. Wer bequem, aber wenig nachhaltig im Internet bestellt, sich Ware liefern lässt und gegebenenfalls zurückschickt, nimmt billigend in Kauf, dass der örtliche Händler aufgeben muss.
Vielen Kunden hingegen ist das Einzelhandelsangebot am Ort wichtig. Ulrike Drucis zählte zu den Stammkundinnen im Kaufland an der Heimbrügge. „Ich wünsche mir in dem Haus auch in Zukunft einen ähnlichen Händler“, sagt sie. „Das Preis-Leistungs-Verhältnis muss stimmen, am besten ein Discounter.“
Dabei denkt sie an die Anker-Funktion, die ein solcher Händler für den gesamten Mengeder Ortskern habe. „Wenn ich nach Castrop ins Einkaufszentrum Widumer Platz oder nach Oespel in den Indupark fahren muss, um bei Kaufland einzukaufen, gehe ich dort auch in die Apotheke oder ins Schuhgeschäft“, erklärt die Mengederin.
Heißt: Das Geschäftsangebot auf der ehemaligen Kaufland-Fläche dürfte entscheidend für die Zukunft des Handels im Nebenzentrum Mengede sein. Und es bedarf nachhaltiger Konzepte für das Angebot und Investitionen in die Geschäftsimmobilien, um im Wettbewerb mit Castrop-Rauxel, dem Indupark oder auch Waltrop in der Nachbarschaft zu bestehen.