
Auch das Freibad Volksbad wird von privater Hand betrieben - Besucher können den Dortmund-Pass dort nicht geltend machen. Kämmerer Jörg Stüdemann kündigt Änderungen an. © Archiv/Montage: RN
Stadt will Familien entlasten – lehnt aber Gastro- und Einkauf-Rabatte ab
Dortmunder Familienkarte
Freier Eintritt in den Zoo? Billige Bad-Besuche? Die Stadt will viele Familien entlasten - und weg vom wenig beliebten Dortmund-Pass. Was andernorts möglich ist, soll’s trotzdem nicht geben.
Vor Kurzem hat der Rat beschlossen, Familien mit einem Jahreseinkommen bis zu 30.000 Euro von den Gebühren für die Betreuung in Kitas und Offener Ganztagsschule (OGS) zu befreien. Davon profitieren weitere 1200 Dortmunder Familien. Bislang lag die Grenze bei 18.000 Euro Einkommen pro Jahr. Bald könnte es noch mehr finanzielle Entlastung geben:
Die Stadtverwaltung will ein Modell entwickeln, das Eltern und Kinder weitere Vorteile gewährt. Etwa für den Besuch von städtischen Hallenbädern, Westfalenpark und Zoo.
Hintergrund: Grüne und CDU hatten sich im Zuge der Beratungen für den Haushalt 2022 für eine „Familienkarte“ mit diversen Vergünstigungen stark gemacht. Bislang ohne Ergebnis. Das Jugendamt riet zuletzt sogar davon ab.
Begründung: Für Familien und Alleinerziehende gebe es bereits diverse Vergünstigungen. Daher wolle man vermeiden, „Parallelstrukturen“ aufzubauen. Die Alternative zur „Familienkarte“ sei längst da – der Dortmund-Pass.
Er gewährt neben verbilligten Angeboten in Theater, Bibliotheken und VHS beispielsweise freien Eintritt in den Westfalenpark, einen auf zwei Euro ermäßigten Eintritt im Zoo sowie einen Bäderbesuch für zwei Euro (für Erwachsene) und 0,50 Euro für Kinder. Problem dabei: Den Dortmund-Pass erhält nur, wer bedürftig ist und Leistungen wie etwa Grundsicherung oder Hartz IV bezieht.
„Der Dortmund-Pass ist nicht sonderlich attraktiv“
Die CDU aber zielt mit der „Familienkarte“ auf einen deutlich größeren Kreis. „Wir möchten auch solche Familien entlasten, die keine staatlichen Transferleistungen und kein Geld vom Jobcenter bekommen, weil sie mit ihrem Einkommen knapp über den Grenzen liegen“, sagt Thomas Bahr, sozialpolitischer Sprecher der CDU. Sie seien von den steigenden Lebenshaltungskosten ebenso betroffen wie beispielsweise Hartz IV-Empfänger.
Reicht es also, den Dortmund-Pass in seiner bisherigen Form zu belassen und ihn auf weitere Familien bzw. Alleinerziehende auszuweiten? Eher nicht. Der Dortmund-Pass ist nicht nur in die Jahre gekommen. „Er ist auch nicht sonderlich attraktiv“, räumte Stadtkämmerer Jörg Stüdemann in seiner Funktion als Vertreter der künftigen Jugenddezernentin im Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie ein.
Das belegen auch die Zahlen: 2020 etwa hatten 83.253 Dortmunder Anspruch auf den Dortmund-Pass. Tatsächlich seien vom Jobcenter lediglich 13.999 Pässe ausgestellt worden. Die Nachfrage sinkt: Noch 2019 waren 18.964 Dortmund-Pässe in Umlauf; 2021 nur noch 12.677.
Verbilligter Eintritt nur noch in drei Hallenbädern
Ob das auch an den Angeboten liegt? Der „Dortmund-Pass“ gilt beispielsweise nur für jene drei Bäder, die von der Stadt betrieben werden: Nordbad, Südbad und Westbad.
Die Bäder, in denen die Sportvereine und der Badbetreiber „Sportwelt Dortmund“ die Regie führen, sind außen vor. Dort gilt der Dortmund-Pass nicht. Weshalb die Ratsfraktion Linke+ seit geraumer Zeit fordert, auch die privat betriebenen Bäder einzubeziehen.
Zum Vergleich: Wer den Dortmund-Pass besitzt, zahlt als Erwachsener im Nordbad zwei Euro Eintritt – plus 0,50 Euro für Kinder ab sieben Jahren. Im Hallenbad Hombruch etwa, das von der Sportwelt betrieben wird, beträgt der Eintritt vier Euro pro Elternteil – plus 2,50 Euro für ein Kind (ab vier Jahren).

Im Westfalenpark ist der Eintritt mit dem Dortmund-Pass frei. Grün-Schwarz möchte, dass auch Familien, die keine Sozialleistungen beziehen, profitieren. © Schaper
Sozialdezernentin Birgit Zoerner hat sich in der Vergangenheit gegenüber der Forderung von Linke+ skeptisch gezeigt. Doch die bleibt dabei. „Natürlich würde das funktionieren“, meint Fraktionschef Utz Kowalewski. „Man muss es nur wollen. Ich bin sicher, die Vereine würden mitziehen. Zumal sie so neue Besucher an sich binden könnten.“
Klar ist aber auch: Brechen den Schwimmvereinen oder der Sportwelt durch die Zugangsberechtigung für Inhaber des Dortmund-Passes Einnahmen weg, müssten die Verluste von der Stadt ausgeglichen werden.
Neues Modell soll nach der Sommerpause kommen
Ohnehin scheint das „Papier Dortmund-Pass" bald ausgedient zu haben. Laut Stüdemann „wäre es attraktiver, ein anderes System zu nehmen.“ Zumal der Dortmund-Pass von höchstens rund zwölf Prozent der Berechtigten genutzt werde.
Dabei soll nicht nur der Name geändert werden, wie Stüdemann im Ausschuss andeutete. Es sollen auch weitere günstige Angebote dazukommen.
Gut möglich, dass künftig auch Familien, die keine Sozialleistungen beziehen, davon profitieren. Das wäre im Sinne von Grün-Schwarz.
„Wir überlegen nochmal scharf, wie eine solche Familienkarte aussehen könnte“, so Stüdemann. Die Verwaltung werde dazu „im dritten Quartal ein neues Konzept vorlegen“, kündigte der Kämmerer an.
Eines aber stellte Stüdemann auch klar: Die Angebote sollen sich auf städtische Einrichtungen beschränken. Untersuchungen der Verwaltung haben gezeigt, dass „Familienkarten“ in manchen Städten auch mit finanziellen Vergünstigungen in Handel, Wirtschaft und Gastronomie verknüpft sind.
„Solche Vorschläge werden aus dem City-Ring auch an uns immer wieder herangetragen“, sagt Stüdemann. Dennoch werde die Stadt dabei nicht mitspielen, bezog der Kämmerer Stellung. Rabatt- und Gutscheinsysteme mit der Privatwirtschaft seien für die Kommune zu riskant: „Es könnte sein, dass die Stadt dann am Ende plötzlich umsatzsteuerpflichtig wird“, so Stüdemann. Ab 2023 greift ein neues Gesetz, nach dem Kommunen in bestimmten Fällen Umsatzsteuer zahlen müssen. Erst recht, wenn sie mit privaten Unternehmen zusammenarbeiten.
Jahrgang 1961, Dortmunder. Nach dem Jura-Studium an der Bochumer Ruhr-Uni fliegender Wechsel in den Journalismus. Berichtet seit mehr als 20 Jahren über das Geschehen in Dortmunds Politik, Verwaltung und Kommunalwirtschaft.