Polizei setzte 600 Schalker im Kreuzviertel fest
Vor Derby in Dortmund
Das Dortmunder Kreuzviertel ist an Heimspiel-Tagen wegen seiner vielen Kneipen und der Nähe zum Stadion einer der großen Treffpunkte für BVB-Fans. Beim Derby kamen auch 600 Schalker ins Quartier. Mit Sturmhauben, Zahnschutz und Knüppeln im Gepäck. Was wollten die da?

Auf dem Schulhof des Leibniz-Gymnasiums wurden die festgesetzten Schalke-Fans fotografiert. © Peter Bandermann
Es war 12.45 Uhr, als Anwohner der Metzer Straße im Kreuzviertel einen auch für Heimspiel-Tage in der Nachbarschaft ungewöhnlich regen PKW-Verkehr beobachteten: Etwa 50 PKW stoppten kurz, die Insassen stiegen aus und die Fahrer fuhren wieder davon. Auf mehreren Straßen des Quartiers war das zu beobachten – dann liefen überwiegend dunkel gekleidete Männer vor dem Derby auch durch die Innenhöfe der Siedlungshäuser in Richtung Kuithanstraße. „Die hatten Holzknüppel dabei“, sagte einer der Zeugen eine Stunde später und zeigte mit ausgestreckten Händen, wie lang die Latten waren.
Polizei lag beim Derby auf der Lauer
Doch die konspirative Anreise aus Gelsenkirchen war auch der Polizei nicht entgangen: Etwa 150 zivil gekleidete Späher hatten schon am Morgen in der Innenstadt auf der Lauer gelegen, um - als normale Bürger getarnt - genau das rechtzeitig erkennen zu können, was sich da gerade im Kreuzviertel abspielte: Wie bereits bei vergangenen Derbys hatten Schalker Fans erneut versucht, auf zwischen Polizei und eigenem Verein nicht verabredeten Wegen in Dortmund einzusickern. Dass für sie Sonderzüge und Busse eingesetzt wurden, interessierte sie nicht
Die Späher der Polizei informierten ihre Einsatzleitung, dann schnappte die Falle zu: Binnen kürzester Zeit zingelten Hundertschaften die Schalker ein. Von da an war kein Durchkommen mehr: Die Schalker durften nicht ins Stadion, sondern mussten fast sechs Stunden lang in der Kälte ausharren. Sie verpassten das grandiose Unentschieden im Stadion. Autofahrer und Anwohner mussten wegen Straßensperren im Stau stehen und Umwege akzeptieren. Ähnliche Szenen spielten sich auf der Rheinischen Straße ab: Dort setzte die Polizei 50 Schalker fest, kassierte deren Eintrittskarten ein und erteilte Platzverweise.
Schalker mit Zahnschutz und Sturmhauben zum Derby
Die auf der Kuithanstraße festgesetzten 600 Schalker mussten ihre Personalien nennen und wurden fotografiert. Als sie von den mit Helmen geschützten Bereitschaftspolizisten für Identitätsfeststellungen und Durchsuchungen auf den Schulhof des Leibniz-Gymnasiums geführt wurden, lagen die Hinweise auf die Absicht der konspirativen Anreise auf der Straße: Sturmhauben, Quarzhandschuhe und Zahnschutz gaben ein bizarres Bild ab. Die Polizei stellte hunderte „Passivbewaffnungen“ sicher – Gegenstände, die kein Fußballfan für einen friedlichen Stadionbesuch benötigt. So reist nur an, wer im Kreuzviertel – das ist einer der großen Dortmunder Fantreffpunkte – wie in den Vorjahren Jagd auf BVB-Fans machen oder dem Marsch mit 1000 Dortmunder Fans in die Quere kommen möchte.
„Das ist bedauerlich und nicht akzeptabel“, kommentierte NRW-Innenminister Herbert Reul das Verhalten der Schalker. Er begleitete den Derby-Einsatz mit den rund 1500 Polizisten und sprach auf der Kuithanstraße mit Kräften der Hundertschaften. Die Absicht der Schalker Fans sorgte für zusätzliche Thermik im Polizeieinsatz: An der Kreuzstraße versuchten Teilnehmer des BVB-Fanmarschs vergeblich eine Sperre zu durchbrechen, um zu den 1500 Meter entfernten Schalkern vordringen zu können. Die Polizei berichtete, dass durch den BVB-Fanmarsch von der Hohen Straße zum Stadion der Verkehr „erheblich“ gestört wurde. Die Teilnehmer hätten viel Müll und zerschlagene Flaschen hinterlassen.
Angriffe auf Bundespolizisten
Der größte Teil der Derby-Fans verhielt sich friedlich. Im Hauptbahnhof zeichnete sich kurz nach 12 Uhr ab, dass auch Chaoten unterwegs waren: Auf Krawall gebürstete Schalker griffen nach der Ankunft mit dem zweiten Sonderzug sofort die Bundespolizei an. Dabei zielten sie mit Wurfgeschossen auf Köpfe. Die auf Festnahmen spezialisierten Einheiten reagierten blitzschnell und robust. Ein Polizist wurde durch einen Tritt in den Unterleib verletzt. Erstmals setzte die Bundespolizei im Bahnhof blickdichte Trennzäune ein, um Provokationen rivalisierender Fans zu vermeiden. Kunden der Bahn mussten Umwege und Wartezeiten einplanen, konnten sich aber sicher bewegen.