
DSW21-Chef Guntram Pehlke zeichnet ein düsteres Bild des kommenden Winters. In der Dortmunder Politik wird nun die Idee eines Nothilfe-Fonds für Dortmunder diskutiert, die ihre Energierechung nicht mehr zahlen können. © dpa/Archiv; Montage: RN
Nach Pehlkes dunkler Prognose: Kommt die Energie-Nothilfe für Dortmunder Haushalte?
Energiepreis-Schock
Die Energiekosten steigen und steigen. Etliche Haushalte werden Strom- und Gasrechnungen bald nicht mehr bezahlen können. Jetzt gibt es Vorschläge, in Dortmund einen Nothilfefonds einzurichten.
„Wir werden erleben, dass Menschen in ihrer Wohnung nur noch einen Raum heizen. Und dass sie trotzdem ihre Rechnnung nicht bezahlen können“, fürchtet Guntram Pehlke, Vorstandsvorsitzender der Dortmunder Stadtwerke (DSW21).
Heike Heim, Chefin des Energieversorgers Dortmunder Energie und Wasser (DEW21), fürchtet, dass im Falle weiterer ungebremster Preissteigerungen „jeder vierte bis dritte Haushalt in Dortmund“ in ernste Zahlungsschwierigkeiten geraten oder am Ende gar nicht mehr zahlen könnte.
Gleichzeitig türmen sich bei Sozialverbänden und Mietervereinen die Anfragen verzweifelter Menschen. „Uns sitzen mitunter Menschen gegenüber, die weinen, weil sie nicht mehr wissen, wie sie künftig ihre Rechnung bezahlen sollen“, sagt Energieberaterin Kerstin Ramsauer von der Dortmunder Verbraucherzentrale.
Diese Situation vor Augen, gibt es nun Vorschläge, in Dortmund einen Nothilfefonds aufzulegen. Ein Vorstoß dazu kommt von der Ratsfraktion „Die Partei“: Sie fordert OB Westphal auf, in Zusammenarbeit mit der Sparkasse und DSW21 einen Fonds für Haushalte einzurichten, die mit den Energiekosten überfordert sind.
Vorschlag sieht einen Nothilfe-Topf mit 200.000 Euro vor
Der Nothilfetopf soll mit 200.000 Euro gefüllt werden, die nach Vorstellungen der Fraktion „Die Partei“ hälftig von der Stadt und von DSW21 bereitgestellt werden sollen. Das Geld könne entweder als einmaliger Zuschuss oder als zinsloses Darlehen ausgezahlt werden.
Zur Gewährung zinsfreier Kredite seien Vereinbarungen mit der Dortmunder Sparkasse zu treffen. Wer genau und in welcher Höhe profitiert? Die Kriterien dafür sollen zusammen mit den Wohlfahrtsverbänden entwickelt werden. Als mögliches Vorbild verweist „Die Partei“ auf den Mannheimer Energieversorger MVV Energie.
Dort gibt es seit Jahren einen Nothilfefonds für in Zahlungsschwierigkeiten geratene Kunden. Wer den in Anspruch nehmen will, muss sich an die Verbände der freien Wohlfahrtspflege wenden. Sie beurteilen die jeweils persönliche Lage und sprechen eine Empfehlung aus, an der sich die Höhe der Hilfe bemisst.
DEW-Aufsichtsräte sollen sich gegen Stromsperren stellen
Der Ratsfraktion „Die Partei“ schwebt aber noch mehr vor: Zusätzlich zum Hilfsfonds sollen die Aufsichtsräte von DEW21 dafür sorgen, dass der Energieversorger bis Ende 2023 auf Strom- und Gassperren verzichtet.
Auch die Linke+ schlägt einen Nothilfefonds vor. Sie möchte aber zunächst ein Stimmungsbild haben und regt an, die Lage mit Vertretern von DEW21, Sozialverbänden und Wohnungswirtschaft in den politischen Ausschüssen zu beraten.
Ob der Fonds aber tatsächlich kommt? Die SPD hält sich vorerst bedeckt. „Natürlich sehen wir die Not der Menschen“, sagt Fraktionsgeschäftsführer Jan Pogadl auf Anfrage. Die SPD werde das bei ihrer Fraktionssitzung am Montag (19.9.) intensiv diskutieren.
Eher skeptisch zeigt sich Grünen-Sprecher Ulrich Langhorst. „Für uns stellt sich bereits die Frage nach der Umsetzung“, so Langhorst. „Ich bin nicht sicher, ob sich das rechtlich mit der Sparkasse machen lässt.“
Grüne und CDU sehen den Bund in der Pflicht
Des Weiteren habe er ernsthafte Zweifel, ob ein Betrag von 200.000 Euro überhaupt reiche. Das, so Langhorst, dürfte eher zu knapp bemessen sein. „Als Kommune werden wir die Probleme nicht gelöst bekommen“, sagt der Grünen-Sprecher. „Da steht jetzt der Bund in der Pflicht.“ Seine Fraktion werde ein eigenes Papier in den Rat einbringen, kündigt Langhorst an.
Kernpunkt: Die Grünen wollen alle mit der Energiekrise befassten Akteure an einen „Runden Tisch“ bitten, dort eine Übersicht aller bereits vorhandenen Hilfsangebote erstellen und weitere Maßnahmen auf den Weg bringen. Und das möglichst bald: „Es muss verhindert werden, dass Menschen in kalten Wohnungen sitzen“, formuliert Langhorst.
Die CDU kann sich am vorgeschlagenen Nothilfefonds nicht erwärmen. „Als Kommune können wir nicht noch eigene Entlastungspakete stemmen“, sagt CDU-Fraktionschef Jendrik Suck mit Blick auf die ohnehin angespannte Haushaltslage. Die Energiekrise und ihre Folgen für Industrie, Mittelstand und Bürger sei nur bundesweit zu lösen - und bleibe folglich auch die Aufgabe des Bundes.
Stadt Dortmund gibt sich noch geheimnisvoll
Die Stadt Dortmund selbst gibt sich geheimnisvoll. Sie habe „deutlich im Blick, dass man mit vielen anderen Einrichtungen tätig sein muss“, teilt Verwaltungssprecher Michael Meinders verklausuliert mit. „Aktuell werden Gespräche geführt und Termine vereinbart.“ Welche Einrichtungen beteiligt seien und welches Ergebnis die Gespräche haben sollen, könne man zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.
Bei DEW21 hieß es auf Anfrage, „es werden weiterhin Stromsperren angekündigt und durchgeführt, sofern über eine längere Zeit Zahlungsrückstände bestehen“.
Eine Sperrung sei aber immer nur die letzte Möglichkeit.
„Wir sind uns bewusst, dass die enorm steigenden Energiepreise zu vermehrten Zahlungsschwierigkeiten führen werden“, sagt Sprecherin Jana-Larissa Marx. Aktuell verzeichne DEW aber noch keinen Anstieg der angekündigten Sperrungen.
Jahrgang 1961, Dortmunder. Nach dem Jura-Studium an der Bochumer Ruhr-Uni fliegender Wechsel in den Journalismus. Berichtet seit mehr als 20 Jahren über das Geschehen in Dortmunds Politik, Verwaltung und Kommunalwirtschaft.