Geierabend-Premiere: Der Obel überzeugt auch als „Stimmungskanone Ost“

„Zechen und Wunder“

Neue Regie, neuer Darsteller, voller Erfolg: Der Geierabend hat am Donnerstagabend mit „Zechen und Wunder“ eine umjubelte Premiere gefeiert. Trotz zweifelhafter Strohhalm-Protestnummer.

Dortmund

, 11.01.2019, 11:06 Uhr / Lesedauer: 2 min
Sandra Schmitz spielt im überdimensionalen Baumkostüm die „Bäumin des Jahres“ und witzelt über den Hambacher Forst als „Straßenbegleitgrün“

Sandra Schmitz spielt im überdimensionalen Baumkostüm die „Bäumin des Jahres“ und witzelt über den Hambacher Forst als „Straßenbegleitgrün“ © Stephan Schütze

Letztes Jahr verabschiedeten sich Regisseur Günter Rückert und Darsteller Hans Martin Eickmann. Letzten Donnerstag sind sie nur Besucher und finden es gut. „Als Zuschauer ist es auch sehr schön“, sagt Eickmann. Wehmut hat er keine. „Ich hab´ mir das ja selbst ausgesucht.“

Vom neuen Darsteller Andreas „Obel“ Obeling und der Regie von Heinz-Peter Lengkeit, der erstmals mit Till Beckmann zusammen arbeitet, sind die „Geier a. D.“ ebenso begeistert wie das Premieren-Publikum im vollen Saal, das die „Geier“ nach dreieinhalb Stunden minutenlang mit Applaus belohnt.

Zweifelhafter Protest gegen die EU

Der Obel wird für seine Soli als „Stimmungskanone Ost“ und „Kölsche Jeck“ per dreistufigen Geier-Applaus-Raketen gefeiert. Zudem fügt er sich gut ins Ensemble ein. Besonders als Inder bei „Bollywood West“, der starken Parodie auf den Verkauf von Thyssen-Krupp an Tata, ruft er laute Lacher hervor.

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Das war die Premiere des Geierabends 2019

Geierabend 2019
11.01.2019
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Bollywood West: Tata steigt bei Thyssenkrupp ein. Das ändert die Unternehmenskultur. Zu sehen ist ein Metallical in Zusammenarbeit mit den Ruhrfestspielen.© Stephan Schütze
Coco und Sahara: Zwei Diven treffen sich backstage vor ihrem großen Auftritt, ihrem alleinigen großen Auftritt.© Stephan Schütze
Coco und Sahara: Zwei Diven treffen sich backstage vor ihrem großen Auftritt, ihrem alleinigen großen Auftritt.© Stephan Schütze
Coco und Sahara: Zwei Diven treffen sich backstage vor ihrem großen Auftritt, ihrem alleinigen großen Auftritt.© Stephan Schütze
Endlich über Tage: Wenn Du 40 Jahre unter Tage warst, dauerhaft, sieht die Welt oben anders aus. Das ist ein Problem, für die Welt.© Stephan Schütze
Der Schnoettentroper und Sauerlaender kommt dieses Jahr sportlich daher. Fehlt nur noch das Gelbe Trikot.© Stephan Schütze
Der Preis des Baum des Jahres geht nicht mehr an eine abstrakte Gattung, die gemeine Fichte etwa, sondern an einen einzigen, ganz konkreten Baum. Der bedankt sich für die Auszeichnung.© Stephan Schütze
Kaum ist Uwe aus dem Haus, erwachen seine smarten Küchengeräte zum Leben. Sie wollen für ihren Boss nur das Beste. Nur: Was ist das Beste?© Stephan Schütze
Das Publikum konnte bei der Geierabend-Premiere am Donnerstag mitmachen.© Stephan Schütze
Tata steigt bei Thyssenkrupp ein. Das ändert die Unternehmenskultur. Zu sehen ist ein Metallical in Zusammenarbeit mit den Ruhrfestspielen.© Stephan Schütze
Steiger Martin Kaysh bekam die Ehrenpreis-Plakette Pannekopp des Jahres.© Stephan Schütze
Steiger Martin Kaysh bekam die Ehrenpreis-Plakette Pannekopp des Jahres.© Stephan Schütze
Steiger Martin Kaysh zum Kirchentag.© Stephan Schütze
Wer geht schon zum Kirchentag? Die Frage stellt sich nicht nur in den Gemeinden. Auch in der Chefetage, bei Gotts, diskutiert man, wer denn wohl dieses Jahr nach Dortmund muss.© Stephan Schütze
Wer geht schon zum Kirchentag? Die Frage stellt sich nicht nur in den Gemeinden. Auch in der Chefetage, bei Gotts, diskutiert man, wer denn wohl dieses Jahr nach Dortmund muss.© Stephan Schütze

Als „Bäumin des Jahres“ sieht Sandra Schmitz im überdimensionalen Baumkostüm den Hambacher Forst am Braunkohletagebau satirisch als „Straßenbegleitgrün für Schaufelradbagger“, während „der Steiger“ alias Martin Kaysch zu einem zweifelhaften Protest aufruft. Er verteilt Plastikstrohhalme, „einzeln in Plastik verpackt“, wie er betont, an alle Zuschauer. Damit sollen diese am Strand ein Selfie machen und mit dem Vermerk „EU ich blas´ Dir einen“ posten.

Abba liefert den Soundtrack für das Dieselproblem

Zweifellos treffend pointieren Schmitz und Franziska Mense-Moritz das Dieselproblem. Zur Melodie des Abba-Hits „Waterloo“ singen und tanzen sie zur Choreografie von Claudia Lau „Fahrverbot“, das zum Wirtschafts-Waterloo werden könnte. Im Bergbau geht schon jetzt nichts mehr. Die „Geier“ berichten, wie hart es oben nach 40 Jahren „unter Tage“ sein kann. „Seit dem“, sagt Roman Henri Marczewski als Kumpel, „atmet man nur noch Feinstaub ein.“

„Nee, wat is dat schön im Ruhrgebiet“, singen Mense-Moritz, Marczewski, Murat Kayi und Andreas Ruhnke. Letzterer ist Schlagzeuger der Geierabend-Band mit Oleg Bordo (E-Piano), Matthias Dornhege (Tuba, Posaune), Bettina Hagemann (Bass, Geige, Gitarre) und Gilda Razani (Saxophon, Theremin - elektronisches Instrument, das ohne Berührung mit den Händen in einem elektromagnetischen Feld gespielt wird) und glänzt zudem als singender Bass. Das Quartett intoniert den musikalischen Höhepunkt bei „Zechen und Wunder“, wird dafür mit viel Beifall bedacht.

Inhaltsleere Plattitüden und starke Emotionen

Wie auch Hans-Peter Krüger und Martin F. Risse bei der „Nachspielzeit“, dem Interview mit einem Orchestermusiker im Stil von Befragungen der Profikicker am Spielfeldrand. Ein Festival von inhaltsleeren Plattitüden und starken Emotionen, diesmal satirisch konzertant zelebriert.

Statt die „Zwei vonne Südtribüne“ gibt es nun „Frauenrausch: Ein Schal für zwei“. Franziska Mense-Moritz zieht ab jetzt mit Sandra Schmitz, statt früher mit Hans Martin Eickmann, zu „Heja BVB“ ein und aus Frauensicht über den Fußball her. Beide sorgen für einen neuen Blickwinkel, der dem vorherigen in punkto Komik in nichts nachsteht.

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