Ein Körner kämpft für die Sterbehilfe
Widerstand gegen Palliativ-Gesetz
Helmut Feldmann ist ein durch und durch politischer Mensch. Er liebt das Leben, aber er leidet an einer unheilbaren Erkrankung. Seit der 69-Jährige die Abstimmung im Bundestag zum neuen Sterbehilfe-Gesetz verfolgt hat, regt sich Feldmann auf und kündigt an, vor das Bundesverfassungsgericht ziehen zu wollen.

Die Unterlagen von Helmut Feldmann, darunter Vollmachten, Verfügungen und Fragebögen des Sterbehilfe-Vereins, füllen einen dicken Aktenordner.
Helmut Feldmann aus Körne beruft sich auf Artikel 1 des Grundgesetzes: „die Würde des Menschen ist unantastbar“. Er will nicht hinnehmen, dass „ein paar Politiker in Berlin mir die Autonomie nehmen“, sagt er. Helmut Feldmann trat vor drei Jahren dem Verein Sterbehilfe Deutschland bei.
Er will nicht so aus dem Leben gehen müssen, wie es seine Schwester musste. Zwei Jahre lag sie im Bett, kraftlos, hilflos. Der Schleim aus ihrer Lunge, den sie nicht abhusten konnte, musste ihr immer und immer wieder abgepumpt werden. Mit nur 72 Jahren ist seine Schwester schließlich erstickt.
„Sie ist elendig krepiert“, sagt Helmut Feldmann. Und dann sagt er noch: „Entschuldigen Sie bitte, dass ich das so sage. Aber man kann das anders nicht beschreiben.“ Er selbst hielt es nicht mehr aus, seine Schwester so leiden zu sehen. Feldmann war nicht mehr in der Lage, sie am Ende der langen Hilflosigkeit zu besuchen.
Seine Schwester litt unter COPD. Auch bei ihm wurde die chronisch obstruktive Lungenerkrankung diagnostiziert mit einem Lungenemphysem (dabei sind Lungenbläschen überbläht und/oder zerstört). 19 Jahre ist das her. Da war er 50. Feldmanns Vater starb schon daran, nur wussten die Ärzte vor Jahrzehnten noch nicht, wo das Krankheitsbild genau herrührt. Die Mediziner damals nannten es Herzasthma.
Helmut Feldmann will vorbeugen
Rauchen begünstigt die Erkrankung. Sowohl Helmut Feldmann als auch seine Schwester hatten geraucht. Ein Fehler, sicher, aber sie hatten von Anfang an die tödliche Veranlagung im Blut. Auch ohne zu rauchen, wäre er sicher daran erkrankt, sagte ihm seine Lungenfachärztin.
In der Familie liegt ein Alpha 1-Antitrypsinmangel vor. Das heißt, den Lungenbläschen fehlt der Schutz. Sie platzen, der Patient kann schlecht ausatmen. Feldmann lässt nichts unversucht, damit es ihm besser geht. Der frühere Elektrotechniker besuchte Atemkurse, nimmt ein neues Medikament, das ihm hilft und will vorbeugen – für die Tage, an denen garantiert nichts mehr geht.
Eine Injektion kostet 1000 Euro
Vor drei Jahren trat er dem Verein Sterbehilfe bei. Da war seine Schwester schon sieben Jahre tot. Feldmann, ein engagierter Bürger, der unter anderem seit 25 Jahren in der SPD und seit 20 Jahren in der Arbeiterwohlfahrt wirkt, war beeindruckt, wie gründlich die Beratung des Hamburger Vereins von Roger Kusch ausfiel. Oberste Prämisse sei bei allen Gesprächen immer gewesen, solange es geht, dem Leben den Vorzug zu geben. Immer.
Für die einmalige Gebühr von 1000 Euro erwarb sich Feldmann aber die Möglichkeit, eine Injektion gelegt zu bekommen, für den Tag der Tage, an dem nichts mehr geht. Den Inhalt der Injektion müsste er sich dann selbst verabreichen. Dann würde er langsam einschlafen und nie wieder aufwachen. Aber der Gesetzgeber hat letzten Freitag diesem letzen Willen einen Riegel vorgeschoben.