Kein in Dortmund registrierter Flüchtling muss Angst haben, kein Geld zu bekommen, sagt die Dortmunder Jobcenter-Chefin Dr. Regine Schmalhorst.

Kein in Dortmund registrierter Flüchtling muss Angst haben, kein Geld zu bekommen, sagt die Dortmunder Jobcenter-Chefin Dr. Regine Schmalhorst. © dpa/Seidel (Montage)

Mehr Geld für Ukraine-Geflüchtete: „Stehen vor großer Herausforderung“

rnUkrainer in Dortmund

Seit Putins Angriff auf die Ukraine kommen Flüchtlinge auch nach Dortmund. Bisher war das Sozialamt für sie zuständig, ab 1. Juni das Jobcenter. Es drohen vom Bund verursachte bürokratische Engpässe.

Dortmund

, 01.06.2022, 07:37 Uhr / Lesedauer: 3 min

In Dortmund haben seit Kriegsbeginn in der Ukraine 6472 Flüchtlinge wegen Hilfeleistungen beim Sozialamt vorgesprochen. Derzeit werden sie nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz mit Asylbewerberleistungen finanziell unterstützt. Täglich kommen im Schnitt acht bis zehn neue Flüchtlinge hinzu. Bislang habe die Stadt 3,2 Millionen Euro an Hilfeleistungen ausgezahlt, berichtete am Dienstag (31.5.) Sozialdezernentin Birgit Zoerner.

Doch ab Mittwoch (1. Juni) ist nicht mehr das Sozialamt für die Geflüchteten zuständig. Hilfebedürftige geflüchtete Menschen aus der Ukraine, die erwerbsfähig sind, haben dann Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II). Und darum kümmert sich das Jobcenter.

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„Rechtskreiswechsel“ heißt das im Behördensprech, und dieser gilt bundesweit. Die Stadt Dortmund und das Jobcenter haben sich darauf vorbereitet.

Große Herausforderung für das Jobcenter

Alle Geflüchteten, die ab dem 1. Juni nach Dortmund kommen, würden direkt vom Jobcenter betreut, alle anderen, die bereits Leistungen bezogen haben, würden nach und nach ins Jobcenter überführt, teilte Birgit Zoerner mit.

„Das ist eine große Herausforderung, vor der wir stehen“, erklärte die Leiterin des Dortmunder Jobcenters, Dr. Regine Schmalhorst. Um den Übergang möglichst reibungslos zu gestalten, sind bereits seit Anfang Mai 15 Beschäftigte des Jobcenters beim Sozialamt am Entenpoth in Hörde tätig und vier weitere bei der Registrierungsstelle in der Berswordthalle des Stadthauses. Schmalhorst: „Die Prozesse sind verzahnt.“

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Voraussetzungen für die Hartz-IV-Leistungen sind eine Identitätsfeststellung der Ausländerbehörde und die Vorlage einer sogenannten Fiktionsbescheinigung oder eines Aufenthaltstitels. Mehr als die Hälfte der in Dortmund gestrandeten Flüchtlinge, die bereits Leistungen erhalten haben, erfüllen bereits diese Voraussetzungen. Die übrigen, die noch vom Sozialamt betreut werden, würden nach und nach zum Jobcenter überführt, so die Behördenleiterin.

Komplette Bearbeitung an einem Tag

870 Geflüchtete erhalten bereits ab Juni Hartz-IV-Leistungen als staatliche Grundsicherung, für die anderen soll das spätestens zum 1. September erfolgen. Auch während des Übergangs sind die Geldleistungen gesichert. „Kein Geflüchteter, der sich in Dortmund meldet, muss Angst haben, kein Geld zu bekommen“, versichert Regine Schmalhorst.

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Neue Flüchtlinge werden zunächst in der Berswordthalle registriert und erhalten dort einen Aufenthaltstitel, um dann Leistungen ausgezahlt zu bekommen. Ziel sei es, so Schmalhorst, Neuankömmlinge an einem Tag vom Antrag bis zur Leistungsauszahlung durchgeschleust zu bekommen.

Ins Stottern geraten könnte das Ganze, wenn die erkennungsdienstliche Registrierung nicht genug Kapazitäten hat. Für eine Registrierung benötigt man in der Ausländerbehörde sogenannte PIK-Stationen (Personalisierungsinfrastrukturkomponente), von denen eine in Dortmund aufgrund eines Software-Fehlers nicht funktioniert.

Mehr PIK-Stationen zur Registrierung

Die Ausländerbehörde habe aber am Montag (30.5.) vom Land fünf zusätzliche PIK-Stationen zur Verfügung gestellt bekommen, berichtet Rechtsdezernent Norbert Dahmen. Man habe so am Montag 155 Flüchtlinge registrieren können. Dahmen: „Unser Ziel ist, in dieser Woche so viele Flüchtlinge wie möglich zu registrieren.“ Außerdem habe die Stadt zwei weitere PIK-Stationen beantragt. „Wir hoffen, dass wir bald mit der Auslieferung dran sind.“

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Der Wechsel in die Zuständigkeit des Jobcenters bedeutet für die Betroffenen mehr Geld, darunter auch Kindergeld und Bafög. Nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhält zum Beispiel eine alleinstehende Person 364 Euro im Monat, bei der staatlichen Grundsicherung sind es 449 Euro. Wer erst im August zum Jobcenter überführt wird, hat finanziell keine Nachteile. „Die Differenz wird rückwirkend ausgezahlt“, erläutert Regine Schmalhorst.

Unterschiede gibt es auch bei der Krankenversicherung. Für Flüchtlinge nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind nicht alle Leistungen, sondern nur „akute Krankheitszustände“ versichert, so Sozialdezernentin Zoerner. Im Einzelfall übernehme die Stadt Behandlungskosten bis zu 30.000 Euro, darüber hinaus springe das Land ein. Bei Hartz-IV seien die Menschen normal gesetzlich krankenversichert.

Arbeitsvermittlung folgt erst im nächsten Schritt

Mit dem Wechsel in die Verwaltung des Jobcenters erhalten die Flüchtlinge nicht nur mehr Geld, sondern sie sollen über das Jobcenter schneller eine Arbeit vermittelt bekommen. Der Vorteil für die Stadt: Der Bund übernimmt die Kosten bei der Integration.

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Die längerfristige Begleitung zur Arbeitsvermittlung durch das Jobcenter sei erst der nächste Schritt, mit Sprach- und Integrationskursen sowie dem Abgleich beruflicher Abschlüsse, sagt die Leiterin. Um die zusätzliche Arbeit durch die Flüchtlinge zu bewältigen, muss das Jobcenter Personal umschichten; denn zusätzliche Mitarbeiter gibt es nicht.