Viele Statistiken, eine Aussage: Wohnen in Dortmund wird teurer. Wir erklären, warum Dortmund im Vergleich günstig ist, aber trotzdem Wohnungsnot herrscht und wie teuer es wirklich ist.
Der Wohnungsmarkt in Dortmund ist seit knapp fünf Jahren Gegenstand intensiver Diskussionen. Von zunehmender Konkurrenz um bezahlbaren Wohnraum ist die Rede, von fehlendem Wohnungsneubau. Und jedes Jahr aufs Neue von steigenden Mietpreisen.
Wir blicken auf aktuelle Erhebungen zu den Wohnkosten in Dortmund und ordnen sie ein.
Das sind die Zahlen zu Mietpreisen in Dortmund
Zwischen 2012 und 2019 ist der Durchschnittspreis pro Quadratmeter bei Neuvermietungen um 32 Prozent gewachsen, von 5,40 auf 7,14 Euro (Quelle: Empirica/Zeit online). Ein Zehn-Jahres-Vergleich des Portals Immowelt hat zuletzt eine Steigerung von 37 Prozent gegenüber 2009 ergeben (von 5,10 Euro auf 7 Euro).
Die Stadt Dortmund wird den Durchschnitt der Angebotsmieten 2019 erst im nächsten Wohnungsmarktbericht im Herbst 2020 veröffentlichen. 2018 lag der Schnitt bei 7 Euro in Bestandswohnungen. Bei Neubauten lag der Mittelwert bei 10,50 Euro.
Darum ist Dortmund im Vergleich noch günstig
Damit erreicht Dortmund nicht einmal annähernd die Werte von 11 bis über 17 Euro pro Quadratmeter in begehrten Metropolregionen wie München, Berlin, Hamburg, Köln, Frankfurt oder Stuttgart.
Dennoch: Die Steigerungsrate in Dortmund gehört zu den höchsten in ganz Deutschland und liegt über der von Städten wie Köln und Hamburg. Was ein Beleg dafür ist, dass die Nachfrage nach Wohnraum höher ist als das Angebot. Und dafür, wie schnell sich dieser Prozess vollzogen hat.
Die aktuelle Krise hat nach Einschätzung des Mietervereins Ende 2013 mit dem doppelten Abiturjahrgang und der dadurch steigenden Studentenzahl begonnen.
Der Wohnungsleerstand von damals 3,7 Prozent reduzierte sich binnen Kurzem.
2015 kamen Geflüchtete in großer Zahl hinzu – und die Quote ist seitdem nicht mehr signifikant geschrumpft. Aktuell hat Dortmund einen Leerstand von offiziell 1,9 Prozent.
Ausgehend von einem relativ niedrigen Niveau steigen die Kosten für das Wohnen in Dortmund also seit Jahren kontinuierlich. Wenn auch zuletzt langsamer als in den Jahren zuvor. Von 2017 auf 2018 waren es 3 Prozent, im Vorjahr noch 6 Prozent. Es gibt mittlerweile keinen Stadtteil mehr, bei dem die Durchschnittsmiete unter 5 Euro liegt.
7 Euro pro Quadratmeter sind nur der statistische Mittelwert - es geht noch viel höher
Mit den 7 Euro ist nur das statistische Mittel ausgedrückt. In einigen Teilen Dortmunds wie Kreuzviertel, Phoenix-See oder Kaiserstraßenviertel geht der Preis bei Vermietungen im Bestand auf bis zu 9,40 Euro in die Höhe. In der südwestlichen Innenstadt (Kreuzviertel) beispielsweise kostet der Quadratmeter Wohnen zwei Euro mehr als noch 2015.
Für Dortmund ist zu bedenken, dass es mit 18.000 Wohnungen von Genossenschaften und 16.000 Wohnungen der Stadttochter Dogewo21 einen beträchtlichen Teil von Flächen gibt, die unter dem Marktniveau vermietet werden.
In Dortmund gibt es rund 317.000 Wohnungen. Davon sind rund 245.000 Mietwohnungen. Der Bestand wächst leicht, allerdings noch nicht in dem Tempo, das nötig wäre.
Wie viel zahlt der durchschnittliche Dortmunder fürs Wohnen?
Menschen in Dortmund zahlen unter allen Großstädten den bundesweit geringsten Anteil für Miete und Wohnen. Hier sind es rund 12 Prozent, in anderen Städten wie Hamburg fließt fast ein Viertel des Einkommens ins Wohnen.
Allerdings gibt es in NRW nur 30 Städte, in denen die Menschen weniger verdienen als in Dortmund. Die aktuellsten Zahlen des Landesbetriebs IT-NRW stammen aus dem Jahr 2017.
Demnach haben Dortmunder ein Primäreinkommen (Einkommen aus Erwerbstätigkeit und Vermögen) von 23.260 Euro. Davon bleiben laut IT-NRW 19.358 Euro für Konsum und Sparzwecke („verfügbares Einkommen“). Der Wert steigt seit Jahren, in Dortmund allerdings weniger schnell als in anderen Großstädten.
Für wen ist die Preisentwicklung ein Problem?
Es gibt Menschen, die kommen lange Zeit nie mit einer Mieterhöhung in Berührung - und stehen dann plötzlich vor einer schwierigen Entscheidung. Denn problematisch ist die Entwicklung im Grunde für jeden, der aus einer Drucksituation (Familie, Jobwechsel, Gesundheit) heraus schnell eine Wohnung benötigt.
Und vor allem für jeden, der ein begrenztes Budget hat. Die Zahl dieser Menschen ist in Dortmund hoch, wo der Anteil an Transferleistungsempfängern in manchen Stadtteilen bei fast 50 Prozent liegt.
Es gibt eine größere Konkurrenz in bestimmten Segmenten: Bezahlbare kleine Wohnungen sind ebenso Mangelware wie Wohnungen ab 90 Quadratmeter für Familien mit mehr als zwei Kindern. Es gibt zudem nur ein begrenztes Angebot an barrierefreien Wohnungen im Markt.
Zuletzt gab es rund 2000 Dortmunder, die auf der Warteliste für öffentlich geförderten Wohnraum mit Mieten von maximal 5,70 Euro standen.
Welche Rolle spielen die Vermieter?
Rund 60 Prozent der Wohnungen in Dortmund gehören Privatleuten. Vielen von ihnen geht es nicht um den letzten Cent. Andere machen das, was ihnen die Marktwirtschaft erlaubt: Sie passen ihre Forderungen an.
Die Debatte wird zum überwiegenden Teil von börsennotierten Unternehmen bestimmt. Privatvermieter müssen, so berichten es viele, oft die Folgen des Fehlverhaltens der Großen ausbaden.
Das Verhalten von Vermietern in Zeiten angespannter Märkte sei unterschiedlich, sagt Reiner Stücker vom Mieterverein. „Manche nutzen es aus, dass sie mehr Geld verlangen können. Anderen geht es um die Leute.“
Das Verkleinern funktioniert nicht mehr
Nach Beobachtung des Mietervereins Dortmund werden bisher funktionierende Mechanismen des Wohnungsmarkts nach und nach außer Kraft gesetzt. Immer seltener funktioniert laut Geschäftsführer Reiner Stücker beispielsweise das „Verkleinern“. Also die Situation, in der nach Auszug der Kinder oder dem Tod eines Partners der Wohnraum zu groß wird.
Immer häufiger stellen Mieter allerdings fest, dass die 60-Quadratmeter-Wohnung mittlerweile so viel kosten würde wie die 90-Quadratmeter-Wohnung mit dem alten Vertrag. Sie bleiben dann wohnen – und der Platz wird eben nicht für die fünfköpfige Familie frei, die ihn möglicherweise gebrauchen könnte.
Vermietungen in Neubauten sind nur eine Seite des Wohnungsmarktes. Der weitaus größere Teil der Dortmunder gilt als Bestandsmieter. Stücker: „Man muss beide Welten getrennt betrachten.“
So werden Mieter geschützt
Für Bestandsmieter markiert der qualifizierte Mietspiegel, zuletzt Anfang 2019 für zwei Jahre festgeschrieben, die Grenze, bis zu der Vermieter die Preise erhöhen können. Der alle zwei Jahre aktualisierte Mietspiegel betrachtet Neuvermietungen und den Bestand und leitet daraus Von-bis-Werte ab.
Je nach Baujahr des Hauses variiert der Betrag, den Mieter verlangen dürfen zwischen 5,18 Euro (vor 1929) und 8,10 Euro (2013-2015). Gegenüber dem vorherigen Mietspiegel 2017 ist der Durchschnittspreis um rund 10 Prozent gestiegen.
Zuletzt hat der Rat der Stadt Dortmund eine Kappungsgrenze für Bestandsmieter beschlossen - ihre Miete darf nicht um mehr als 15 Prozent erhöht werden. Davon ausgenommen sind Neuvermietungen und Erhöhungen nach Modernisierungen.
Dennoch sagt Tobias Scholz vom Mieterverein Dortmund: „Die Kappungsgrenze funktioniert. Im Bestand gibt es viel Mieterschutz. Aber bei Neuvermietungen ist man dem Markt ausgeliefert.“
Seit 2010 Redakteur in Dortmund, davor im Sport- und Nachrichtengeschäft im gesamten Ruhrgebiet aktiv, Studienabschluss an der Ruhr-Universität Bochum. Ohne Ressortgrenzen immer auf der Suche nach den großen und kleinen Dingen, die Dortmund zu der Stadt machen, die sie ist.
